0933 - Der erste Erbfolger
Schwefelklüften
Schmerzen drohten Xuuhl aufzufressen. Er nahm seine Umgebung kaum noch war, konnte sich an den nadelspitzen Steindornen weder erfreuen, noch sie verabscheuen. Die Funken schwarzmagischer Energie schlugen in ihn ein, aber er spürte sie kaum.
Er sollte ein starker Dämon sein. Der mächtigste, den die Welt und die Hölle je gesehen hatten! Das wusste er. Das sagte ihm eine innere Stimme.
Doch von seiner Stärke, von seiner Macht spürte er nichts! Er fühlte sich leer und gleichzeitig so ausgefüllt, als steckten zwei Kreaturen in ihm.
Aktanur und Rhett.
Das durfte nicht sein! Das war so von Lucifuge Rofocale nicht vorgesehen.
Lucifuge Rofocale? War das sein Schöpfer?
Der Rhett-Teil bestätigte die Vermutung.
Bilder stiegen ihn ihm auf. Wie Gasblasen aus einem Sumpf. Erinnerungen. An frühere Leben. Vor langer, langer Zeit.
Die Unterwerfung Hysops, die Ausrottung des Götterglaubens, die Stärkung der Hölle. Als Zaer versklavte er 15.000 Jahre lang die Menschen, schlachtete sie ab, wie es ihm beliebte, ließ aber immer genug übrig, um ihre Angst zu schüren. Andere verführte er zum Bösen, gewann ihre Seelen für die Schwefelklüfte. Erst war es nur Hysop, dann die Nachbarstädte, schließlich ganz Lemuria.
Er entsann sich blutiger Gewalttaten, schreiender Frauen, brennender Männer - und er genoss jede einzelne Erinnerung. Zugleich schämte er sich seiner früheren Leben, wehrte sich gegen die Erkenntnis, dass er Millionen von Menschenleben auf dem Gewissen hatte.
Er war doch einer von den Guten!
Er war der stärkste aller Dämonen!
Der innere Widerstreit riss ihn fast auseinander.
Sein Gesicht pulsierte, bildete Beulen. Und andauernd dieser Schmerz!
Es fühlte sich an, als stoße sein einer Teil den anderen ab, konnte ihn aber nicht loswerden. Eine magische Immunreaktion. Gut gegen Böse in einem Körper.
Xuuhl ging auf die Knie und stieß ein qualvolles Heulen aus.
»Was geschieht mir dir?«, fragte eine heisere Stimme.
Von wem kam sie?
Sein Blick klarte auf. Vor ihm stand ein Dämon mit gespaltener Lippe. Statt einer Nase hatte er pumpende Schlitze. Gelbliche Haut überwucherte die Augenhöhlen.
Krynack!
Nein, der Name stimmte nicht ganz, aber Xuuhl kam nicht mehr auf den richtigen.
Eine erneute Schmerzwelle rollte wie eine Flammenwand über ihn hinweg. Das Gesicht des Dämons (Krychnak, ja, so hieß er!) verschwamm, zerfloss zu einem nebligen Fleck.
»Die Körper sollten sich längst vereint haben! Sie dürfen sich nicht abstoßen! Das dürfen sie einfach nicht!«
Krychnak klang nicht wie ein Dämon, sondern wie ein weinerliches Kind.
»Alles war so gut vorbereitet! Alle Voraussetzungen haben gestimmt! Wie konnte die Vereinigung nur fehlschlagen?«
Xuuhl hatte keine Ahnung, wovon der Dämon (Wie war noch gleich sein Name? Er hatte ihn schon wieder vergessen!) sprach. Es kümmerte ihn auch nicht.
Für ihn gab es nur noch die Schmerzen!
»Zamorra! Dieser verfluchte Weißmagier! Er muss etwas damit zu tun haben!«
Eine Hand (Klaue? Pranke?) legte sich auf Xuuhls Schulter. Die Berührung versank in dem Meer aus Pein.
»Komm mit!«
Wohin? Mit wem? Egal.
Das Geräusch zerreißenden Stoffs erklang. Dann zerrte ihn jemand hoch und stieß ihn vorwärts.
***
Gegenwart, Château Montagne
Dylan saß an Zamorras Schreibtisch. Die Finger auf der Tischplatte klopften einen nervösen Rhythmus.
Er sah hinüber zu den Peters-Zwillingen und Anka, die sich auf einem Sofa an der gegenüberliegenden Wand niedergelassen hatten. Von hier aus besaßen sie den besten Blick auf Zamorras lallenden Körper, sagten sie. Als ob das ein Anblick wäre, der sich lohnte! Was sollte er schon tun? Krabbelnd die Flucht ergreifen?
William hatte die Überreste der Deckenlampe weggeräumt und war in die Küche verschwunden, um dort einen richtig starken Kaffee für den Professor zu kochen. »Wenn er zurück ist, wird er danach bestimmt zuerst fragen.«
Die Minuten verstrichen im Tempo von Jahren, während sie auf Gryf und seinen Begleiter warteten.
Vor allem auf Letzteren war Dylan gespannt. Als er Monica (oder Uschi?) gefragt hatte, wen der Silbermonddruide ins Château bringen sollte, hatte sie geantwortet: »Unseren Schwiegererzeuger in spe.«
Was auch immer das bedeuten mochte. Auf seine Versuche, mehr Informationen zu erhalten, hatte er nur ein sphinxhaftes Lächeln geerntet. Und den Satz: »Lass dich von Sid einfach überraschen.«
Sid also. Aha.
Dylan hatte daraus geschlossen, dass
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