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0938 - Rabenherz

0938 - Rabenherz

Titel: 0938 - Rabenherz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Oliver Fröhlich
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Dicke in der Bewegung und sein Unterkiefer sank in anatomisch eigentlich unmögliche Tiefen. Dann hämmerte er hastig weiter auf die Tastatur.
    Davon musste McCain ihn abhalten. Er wollte die Hütte als Unterschlupf nutzen, da konnte er es nicht gebrauchen, wenn die Polizei oder sonst wer auftauchte. Noch im Liegen schleuderte er dem Fettwanst den Hundekadaver entgegen. Brutus knallte dem Dicken auf die Brust. Dieser wankte zwei Schritte zurück und stieß gegen die Motorhaube seines Fords. Das Handy entglitt seinen Fingern und purzelte ins Gras.
    Er quiekte wie ein Schwein. Mit Entsetzen im Blick bückte er sich und tastete nach dem Mobiltelefon. Da sprang McCain auf. Seine Kräfte waren so gut wie verbraucht und so taumelte er eher auf den Fettsack zu, als dass er rannte. Dennoch war er schnell genug. Er riss den Dicken - seine Mahlzeit! - zu Boden und versuchte, die Zähne in das feiste Fleisch zu schlagen.
    Der Blutspender schlug um sich und traf McCains Nase, die mit einem knirschenden Geräusch brach. Doch irgendwann erlahmte sein Widerstand. Zuerst konnte der Vampir mit den Hauern die Haut am Unterarm ritzen und schließlich gelang ihm ein Biss in den Hals. Sofort wurde der Dicke ruhig.
    Endlich!
    Mit gierigen Schlucken schlürfte McCain das sprudelnde Blut und tankte neue Energie.
    Er hätte sein Opfer ohne Weiteres austrinken und sich dann noch den Lebenssaft eines jungen Mädchens als Nachtisch genehmigen können. Trotzdem saugte er den Fetten nicht so weit aus, dass er an Blutmangel starb, denn er brauchte ihn noch ein paar Stunden lang als Diener.
    Als er ihn mit dem Vampirkeim hinreichend unter Kontrolle hatte, ließ er ihn seinen treuen Gefährten Brutus auf den Beifahrersitz laden. Dann veranlasste er Walter - seit er mit dem Dicken verbunden war, wusste er dessen Namen und dass sie sich in Deutschland befanden -, das Handy aufzuheben und mit seinem Ford auf die Autobahn zu fahren. Nach einer Stunde rief Walter seine Frau an, teilte ihr mit, dass er im Leben keinen Sinn mehr sehe und es täte ihm furchtbar leid. Dann lenkte er den Wagen auf einen Rastplatz, goss Benzin aus dem Reservekanister im Innenraum des Autos aus, setzte sich wieder hinein und zündete es an.
    McCain war wichtig, dass Walter an einem weit entfernten Ort starb und dass die Spuren der Vampirbisse so gut wie möglich verborgen blieben. Denn in den nächsten Tagen, vielleicht sogar Wochen, brauchte er Ruhe, um sich von dem Verlust der Llewellyn-Magie zu erholen. Der Angriff dieser ihm unerklärlichen Macht hatte ihn fast die Existenz gekostet.
    Während sich Walter unter den entsetzten Blicken zufälliger Zeugen in seinem Wagen zu einem verkohlten Etwas verwandelte, lehnte sich McCain auf einer Matratze in der Hütte zurück, schloss die Augen und atmete tief durch.
    Ja, er atmete.
    Wie so häufig spürte er, wie Druidenmagie und Vampirmagie in ihm kämpften, ohne den Kontrahenten besiegen zu können. Er war eine Art Zwitterwesen aus beiden Magiegattungen, das Blut brauchte wie Vampire, aber atmete wie Druiden.
    Die Nebel des Schlafes wallten um ihn herum auf und verschluckten ihn.
    Und er träumte von der Begegnung mit einem Mann, die seine weitere Existenz nachhaltig verändert hatte.
    ***
    Etwa 850 n. Chr.
    Eilearoch war kein Ort, an dem man sich nach Mitternacht noch alleine herumtreiben sollte, wenn man den Einwohnern des Dorfes glauben wollte. Die Siedlung gehörte dem Clan der McCains. Mit denen - und allen voran mit dem Clan-Chief Matlock - war nicht zu spaßen. Besonders auf Fremde waren sie nicht gut zu sprechen.
    All das wusste der Mann in Schwarz, den die, die ihn kannten, nur Rabenherz nannten. Dennoch stand er alleine zwischen den Flechtwandhäusern der Dörfler und versuchte in der mondhellen Nacht Eilearochs Geheimnis zu erlauschen. Er hatte sich noch nie um das geschert, was die Leute erzählten. Falls nötig, würde er sich zu wehren wissen. So, wie er es während all der Jahrtausende seiner Existenz getan hatte.
    Der Geschmack des letzten Schlucks Met lag noch immer auf seiner Zunge. Seine Mitarbeit im Mahlhaus hatte ihm der alte Ferguson lediglich mit einem kleinen Krug bezahlt - und der war nun leer. Alter Geizhals!
    An schlechten Tagen hätte Rabenherz ihn aus Wut von den Wölfen zerreißen lassen. Oder er hätte dafür gesorgt, dass ihn eine wehrhafte Baumwurzel aufspießte. Doch am Abend hatte er sich friedfertig gefühlt und ihm nur einen finsteren Blick zugeworfen, der schreckhaften Menschen einen Schauder

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