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0939 - Das Gesetz der Dynastie

0939 - Das Gesetz der Dynastie

Titel: 0939 - Das Gesetz der Dynastie Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Volker Krämer
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Tan Morano. Erst nach hartem Kampf war es gelungen, diese Angreifer zu besiegen. Und diese Schutztruppe sollte Sinje-Li also nun zur Untätigkeit verdammen. Was hatte Morano vor? Was kalkulierte er ein, wie war sein Plan?
    Die Fragen schluckte Sinje-Li mit einem bitteren Beigeschmack herunter. Sie nickte erneut stumm und verließ ihren Herrn. Mit jeder Stunde fiel es ihr schwerer noch an den Mann zu glauben, mit dem sie ihre eigene Zukunft so sehr verknüpft hatte.
    Morano blieb alleine zurück.
    Er schloss die Augen, die er nur mit Mühe die ganze Zeit über weit offen gehalten hatte. Er war am Ende seines Weges angekommen, da gab es keine Frage mehr. Er hatte jetzt nur noch die eine Wahl:
    Aufgeben oder das Letzte wagen.
    Aufgeben bedeutete, er würde den Machtkristall los werden müssen. Wie auch immer das durchzuführen war, denn er spürte deutlich in sich, wie sehr der Stein sich bereits mit ihm verbunden hatte; so weit, dass es dem Dhyarra problemlos gelang, Morano auszulutschen, seine Lebensenergie zu plündern, bis schließlich nicht mehr als die Hülle des Vampirs übrig bleiben konnte. Vielleicht war es bereits zu spät, sich von dem Kristall zu trennen.
    Also blieb die zweite Variante, die mit einiger Sicherheit ebenfalls mit Moranos Vernichtung enden würde, doch auch wenn die Chancen auf Erfolg gering waren, so war die Aussicht darauf mehr als verführerisch.
    Tan Morano sammelte all seine Kräfte. Er hatte nur verschwommene Erinnerung an den Moment, in dem er gemeinsam mit Ted Ewigk den Machtkristall erneut aktiviert hatte, doch seit diesem Augenblick waren seine körperlichen Kräfte noch mehr geschwunden. Er konnte diesen Prozess einfach nicht stoppen. Er musste es versuchen! Aber das passierte sicher nicht dadurch, dass er hier untätig auf seinem Lager ruhte und auf sein Ende wartete!
    Tan Morano kam nur langsam in eine aufrechte Sitzhaltung, doch nun war er endlich entschlossen, diesem Zustand hier ein Ende zu bereiten. Das Blut seines jungen Opfers half ihm; es weckte zumindest kurzfristig ein Stück seines alten Willens.
    Er realisierte erstaunt, dass ihn seine Beine relativ sicher trugen, als er das Herrenhaus durch den Hinterausgang verließ. Der Sonnenaufgang war noch in weiter Ferne, doch das Mondlicht reichte voll und ganz aus, um die altrömische Villa deutlich von ihrer Umgebung abzuheben.
    Sie stellte einen absoluten Anachronismus dar, hier, mitten in Korsikas Bergwelt. Tan Morano hatte die Villa in den Katakomben Roms entdeckt und sie in seinem beginnenden Größenwahn zu seinem Herrscherpalast ernannt. Mittels Machtkristall war es ihm möglich gewesen, das gesamte Bauwerk hierher zu versetzen. Die Villa war in einem ungewöhnlich guten Zustand, als hätten all die Jahrhunderte einfach einen Bogen um sie herum gemacht.
    Morano betrat das Gebäude über die ausladende Treppe, die zur Eingangstür führte. Zielsicher durchquerte er die Räume, denn es gab nur ein einziges Zimmer, das ihn jetzt interessierte. Als er besagten Raum erreicht hatte, verlangsamte er seine Schritte. An der hinteren Wand hing der mannshohe Spiegel - sein Spiegel, den er mit der Kraft des Dhyarra-Kristalls zu etwas Einzigartigem gemacht hatte: In der silbrig schimmernden Spiegelfläche konnte der Vampir sein Abbild sehen.
    Er konnte einen Schrei nicht unterdrücken, als er sein Gesicht sah. Es war das Antlitz eines Toten! Seine Haut glänzte wächsern, wies tiefe und runzlige Falten auf; die Augen saßen tief in ihren Höhlen und blickten ihm stumpf und ohne Leben entgegen. Tan Morano war entsetzt. So weit war es also schon!
    Er blickte sein Spiegelbild von oben bis unten an - wieder trug er diese römische Toga, die beinahe bis zum Boden reichte. Wie konnte er sich nur so kleiden? Er, der stets in das teuerste Tuch gehüllt gewesen war, in die feinsten Maßanzüge der größten Modezaren - und nun erinnerte seine Kleidung an die eines Marktweibes, das Hochzeit halten wollte. Morano wandte kurz den Blick ab, denn auf Dauer konnte er das so nicht ertragen. Doch dann zwang er sich zum Hinsehen - und spürte, wie die kalte Wut in ihm aufstieg. Früher hatte Morano jede Verantwortung abgelehnt und gescheut. Sein Leben war vom Luxus bestimmt gewesen, denn die Querelen und Machtkämpfe, die sich zwischen den einzelnen Vampir-Clans abspielten, interessierten ihn nicht. Doch dann hatte er seine Hände nach der dunklen Krone ausgestreckt, der magischen Insignie der Asanbosam-Vampire aus dem tiefsten Afrika. Nur für

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