Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
094 - Der Teufel von Tidal Basin

094 - Der Teufel von Tidal Basin

Titel: 094 - Der Teufel von Tidal Basin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Edgar Wallace
Vom Netzwerk:
holte eine Whiskyflasche, einen Siphon und Gläser aus einem Schrank und stellte sie auf den Tisch.
    »Mehr kann ich Ihnen leider nicht anbieten. Ich halte die Getränke nur für meine Gäste im Haus. Persönlich trinke ich nach zehn nichts mehr.«
    Über den Verbleib Rudds wußte er auch nichts.
    »Er kommt bestimmt wieder zum Vorschein«, meinte er. »Und ich prophezeie Ihnen, daß er dann Kopfschmerzen hat und ein paar Tage Urlaub nimmt.«
    »Was hat er denn Ihrer Meinung nach gemacht?«
    »Das will ich lieber nicht sagen.«
    »Sie scheinen überhaupt sehr verschwiegen zu sein, Doktor.« Mason schenkte sich einen Whisky-Soda ein. »Soviel ich gehört habe, könnten Sie die Hälfte der Bewohner von Gallows Alley an den Galgen und die andere Hälfte lebenslänglich ins Zuchthaus bringen!«
    »Wenn ich das könnte, würde ich es tun. Sie dürfen mir glauben, daß ich mich nicht zu diesen entsetzlichen Menschen hingezogen fühle.«
    »Aber Gregory Wicks haben Sie doch gern?«
    Ein Schatten glitt über das Gesicht des Arztes.
    »Ja, den habe ich gern«, sagte er bedächtig.
    »Er ist einer der anständigsten Leute, die in dieser Gegend wohnen«, begann Bray.
    »Was ist eigentlich mit ihm los? Sie behandeln ihn doch?« fragte Mason.
    Dr. Marford lächelte schwach.
    »Ich behandle viele Leute, aber ich sage niemals etwas über sie, selbst wenn mich Polizeibeamte ausfragen.«
    »Aber es ist doch etwas Besonderes mit ihm?« bestand Mason.
    Der Doktor nickte.
    »Man kann nicht sechsundsiebzig Jahre alt werden, ohne daß sich gewisse körperliche Beschwerden einstellen. Es treten Schwächen ein, für die es keine Medizin gibt. Das sind eben Alterserscheinungen. Ich bin immer erstaunt, wenn ich höre, was er bei seinen Jahren noch alles leistet. Und niemals habe ich ihn wirklich krank oder traurig gesehen. Er hat die lauteste Stimme im ganzen Bezirk, und ich kann bezeugen, daß er noch ein gefährlicher Gegner beim Boxen ist, denn ich habe den Mann behandelt, den er neulich knockout geschlagen hat. Aber warum interessieren Sie sich eigentlich so sehr für ihn?« Er warf Mason einen forschenden Blick zu. »Ich glaube fast, Sie sind gar nicht hergekommen, um mit mir über Dr. Rudd zu sprechen, sondern um etwas über Gregory Wicks zu erfahren. Es lebt hier ein Halbverrückter - seinen Namen habe ich vergessen, aber er war früher Schuhputzer. Er hat eine fixe Idee über Gregory. Sooft ich durch Gallows Alley gehe, hängt sich der Mensch an mich und erzählt mir, daß mit Gregory Wicks etwas nicht in Ordnung sei - vielleicht hat er Sie auch belästigt?«
    Mason war verlegen. Es behagte ihm nicht, daß er durchschaut wurde.
    »Gewiß - er hat auch mit mir darüber gesprochen. Aber Sie halten mich doch hoffentlich nicht für so wenig intelligent, daß ich Sie mitten in der Nacht störe, um Sie deshalb auszufragen? Nein, ich interessiere mich nun mal für den alten Gregory.«
    Dr. Marford saß hinter seinem Schreibtisch. Er hatte die Arme verschränkt und sah sehr müde aus.
    »Dann fragen Sie ihn am besten selbst. Es tut mir leid, aber ich möchte nichts über ihn sagen. Es ist nicht nur eine Frage des Berufsgeheimnisses. Wenn ein höherer Polizeibeamter ein schweres Verbrechen aufzuklären hat, nehme ich darauf keine Rücksicht. Aber ich kann mir wirklich nicht denken, daß der arme alte Gregory etwas Unrechtes getan haben könnte. Außerdem bin ich ihm auch persönlich verpflichtet.«
    »Ist mit seinem Gesicht etwas nicht in Ordnung?« Marford zögerte.
    »Ja, so könnte man es vielleicht ausdrücken.« Er hob den Blick langsam zu Mason. »Sie wollen doch nicht etwa sagen« - seine Lippen zuckten -, »daß der alte Mann mit Weißgesicht identisch ist?«
    »Nein, das behaupte ich keineswegs«, entgegnete Mason schnell und vorwurfsvoll. »Ich bin nur neugierig. Dieser verrückte Mensch ist mir auf die Nerven gefallen - ich gebe es zu. Ich werde Gregory am Morgen selbst fragen. Ich hätte es schon heute nacht getan, wenn ich nicht diesen Betrunkenen hätte stören müssen, der seit Mitternacht auf seiner Treppe schläft.«
    »Ist es ein Mann mit einer roten Nase?« fragte Bray interessiert. »Den habe ich schon öfters dort beobachtet. Ich gehe oft allein durch Gallows Alley - das heißt, mehr oder weniger allein. Es ist ein betrunkener Mann mit einer roten Nase . . .«
    »Ich habe mir seine Nase nicht angesehen«, erwiderte Mason eisig. »Wahrscheinlich ist sie davon rot geworden, daß er sich um Dinge kümmerte, die ihn nichts

Weitere Kostenlose Bücher