0949 - Die geronnene Zeit
Verschmelzung von Aktanur und Rhett den Dämon Xuuhl erschaffen hatten, waren seine Tage gezählt. Asmodis konnte es sich nicht leisten, ihn am Leben zu lassen.
Krychnak musste Vorsorge treffen! Deshalb wollte er zurück in die Schwefelklüfte.
»Nach Aktanur sehen«, wiederholte Asmodis. »Natürlich, gute Idee. Aber achte darauf, dass dich niemand sieht. Schließlich giltst du noch als tot.«
Krychnak seufzte innerlich auf. War das alles gewesen? War es wirklich so einfach, Asmodis zu hintergehen? »Ich komme so schnell wie möglich zurück.«
»Tu das.«
Er öffnete einen Zugang zum Felsnadelfeld, indem er ihn ins Gewebe des Seins riss. Etwas, was von Caermardhin aus unmöglich gewesen wäre, wenn Asmodis es durch seine Zustimmung nicht zugelassen hätte.
Nur einen Augenblick später empfingen ihn die schwarzen Blitze, deren Energie er so schätzte. Für einige Sekunden gab er sich ganz der stärkenden Magie hin, sog sie in sich auf wie ein Schwamm das Wasser.
Am Rande des Feldes sah er Aktanur. Die Entladungen der Felsdornen speisten einen Energieschirm, der den Dunkelzwilling des Erbfolgers umgab. Aktanur war zwar magisch entstanden, aber dennoch nur ein Mensch, den man künstlich am Altern hindern und so am Leben erhalten musste.
Krychnak schenkte ihm keine Beachtung. Um ihn würde er sich kümmern, wenn sie ihn für die Verschmelzung brauchten. Etwas anderes war wichtiger.
Das eigene Überleben!
Eine seiner Fähigkeiten bestand in einer speziellen Erneuerungsmagie. Ihr verdankte er es, dass er überhaupt noch existierte. Ein kleiner Körperrest reichte ihm aus, um nach seinem Tod daraus wieder aufzuerstehen.
Er zog den Nebeldolch aus seiner Kutte. Eine gläsern wirkende Waffe, in deren Innerem Nebelschwaden zirkulierten. Asmodis hatte sie ihm überlassen, um damit die Llewellyn-Magie aus McCains Körper zu holen. Ein Stich ins Herz des Druidenvampirs und die restlichen Erbfolgerkräfte flossen auf den Dolch über.
Im Augenblick sollte er jedoch einen anderen Zweck erfüllen.
Krychnak presste die flache linke Hand mit gespreizten Klauen gegen einen der Felsen - und hackte sich den kleinen Finger ab. Sicherlich hätte auch eine Kralle, ein Haar oder ein Zahn ausgereicht. Doch je größer der Rest, desto einfacher die Neuwerdung.
Ein kurzer flammender Schmerz durchzuckte Krychnaks Hand. Ein Schmerz, der ihm das Überleben garantierte.
Er hob den Finger auf und legte ihn in eine Aushöhlung eines abseitsstehenden Felsdorns.
Da ertönte hinter ihm eine wohlbekannte Stimme.
»Du versuchst nicht etwa, mich zu hintergehen, oder?«
***
Lemuria - fünfzehn Jahre nach der Reinigung
Assara wusste nicht, wie viel Zeit vergangen war, seit Merlin sie aus der Schwärze des Beinahe-Tods geholt und zur Hüterin dieses merkwürdigen Ortes gemacht hatte.
Sie wollte zurück nach Hause, zurück nach Hysop. Sie wollte sehen, wie diese sich nach dem Ende der Erbfolger-Herrschaft entwickelt hatte. Sie wollte ein Leben genießen, das der erfolgreiche Kampf gegen die Tyrannei erst ermöglicht hatte.
Doch sie wusste, dass nichts dergleichen geschehen würde.
Stattdessen stand sie hier in einem Tal, allein, umgeben von den Gipfeln des Shevnaron-Gebirges, am Ufer eines kristallklaren Teichs.
Sie war eine der Hohepriesterinnen im Bund der Sha'ktanar gewesen, ihr Mann Atrigor hatte als Krieger gedient. Bei der Reinigung hatte Merlin sie allerdings bei einem anderen Seelenhort stationiert als ihn. Kurz bevor der Erbfolger starb, entdeckten die Dämonen die Pläne der lichten Streiter und überfielen die sieben Standorte. Beim Kampf gegen die Höllenkreaturen ritzte eines der vergifteten Dämonenschwerter die Haut an ihrem linken Arm. Qualen wie nach einem Schlangenbiss flammten in ihr auf. Sofort zog sie sich aus dem Gefecht zurück, schnitt mit einem Dolch die kleine Wunde auf und saugte sie aus. Einen Teil des Giftes holte sie so aus ihrem Körper. Aber nicht genug. Von Schmerzen durchpeitscht sank sie in sich zusammen.
Ihr vorletzter Gedanke galt ihrer Dummheit. Hätte sie das Gift nicht ausgesaugt, wäre sie längst tot. So hatte sie ihr Sterben nur unnötig verlängert.
Ihr letzter Gedanke galt ihrem geliebten Mann Atrigor.
Dann versank sie in einem Meer aus Dunkelheit und Schmerz.
Die Pein ließ irgendwann nach und verstummte schließlich ganz. Assara glaubte, sie hätte es geschafft, sei gestorben, aber das war ein Irrtum. Die Finsternis blieb. Sie fühlte sich gefangen in einer sternenlosen Nacht, blind,
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