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0949 - Die geronnene Zeit

0949 - Die geronnene Zeit

Titel: 0949 - Die geronnene Zeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Oliver Fröhlich
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Quelle«, sagte sie. »Bitte folgt mir.«
    Während sie die Auserwählten zum Teich führte, ging sie noch einmal Schritt für Schritt Merlins Anweisungen durch.
    Als sie das Ufer erreichte, streifte sie ihre Robe ab und watete bis zu den Knöcheln ins Wasser.
    »Ihr seid hier, dass einer von euch die Unsterblichkeit erlangt. Leider darf ich euch nicht beide von der Quelle trinken lassen, obwohl ich es sehr gerne tun würde. Nur der Stärkere ist würdig genug, das Geschenk des ewigen Lebens zu empfangen. Deshalb müsst ihr gegeneinander kämpfen.«
    »Das ist nicht dein Ernst!«, entfuhr es der jungen Auserwählten.
    Assara lächelte. »Mein voller Ernst.«
    »Aber… aber seine Waffen!«
    »Bitte legt alles ab, was ihr am Körper tragt. Auch eure Kleidung. Und dann beginnt!« Was tat sie nur? Konnte sie es verantworten, der Frau ein Kräftemessen gegen Atrigor abzuverlangen - einen erfahrenen Krieger, gegen den sie keinerlei Chance besaß? »Der Kampf ist beendet, wenn einer von euch am Boden liegt. Möge der Stärkere gewinnen. Und möge sich der Unterlegene mit den Jahren zufriedengeben, die ihm danach noch bleiben.« Wenigstens musste der Sieger den Besiegten nicht töten. Das hätte sie ihrem Mann niemals aufbürden wollen.
    Der Zweikampf begann. Und er entwickelte sich anders, als Assara es erwartet hatte.
    Zunächst war Atrigor überlegen und wollte seine Kontrahentin besiegen, ohne ihr dabei wehzutun. Doch mit einem Mal schien die Auserwählte jede von Atrigors Bewegungen vorauszuahnen. Sie wich aus, duckte sich weg, huschte zur Seite.
    Assara kannte ihren Mann gut genug, um zu wissen, was passieren würde: Er wurde ungeduldig und wütend. Doch je verbissener er sich bemühte, einen wirkungsvollen Angriff zu setzen, desto vergeblicher waren seine Anstrengungen.
    Mit ungläubiger Miene beobachtete die Hüterin den Kampf. Sie konnte, sie durfte nicht eingreifen, doch innerlich feuerte sie Atrigor an.
    Vergeblich!
    Seine Augen leuchteten vor Zorn. Nun verlegte er sich auf brachiale Gewalt. Mit gesenktem Kopf und nach vorne geneigter Schulter rannte er auf seine Kontrahentin zu. Dabei geriet er für einen Augenblick in eine Pfütze neben dem Teich.
    Als die Auserwählte neuerlich mühelos auswich, versuchte er seine Bewegung zu korrigieren - und rutschte mit den nassen Füßen aus. Noch im Fallen drehte er sich und knallte mit dem Hinterkopf gegen einen Felsen.
    Plötzlich schien die Welt um Assara zu gefrieren. Zeitlosigkeit! Zum ersten Mal verspürte sie eine Ahnung, was dieser Begriff bedeutete.
    Das Geräusch des berstenden Schädelknochens drang ihr durch Mark und Bein.
    Sie konnte nicht länger an sich halten. Ein entsetzter Schrei stieg aus ihrer Kehle auf, in dem aller Schmerz dieser Welt lag.
    Nein! Nein! Nein!
    Sie vermochte den Blick nicht von ihrem Mann zu lösen. Unter seinem Kopf breitete sich eine rasch größer werdende Blutlache aus. Auf seinem Gesicht lag bereits der Schatten des Todes. Tränen schossen ihr in die Augen.
    Nein! Bitte stirb nicht. Der Kampf sollte doch gar nicht auf Leben und Tod gehen.
    In ihrem Geist übertönte Merlins mahnende Stimme ihre eigene: Vergiss deine Aufgabe nicht!
    »Du hast gewonnen!« Sicherlich hörte die Auserwählte das Zittern in Assaras Worten, doch das war ihr egal. Sie hielt der Siegerin den Kelch entgegen.
    »Was?«, erwiderte diese. »Er stirbt, wenn wir nichts unternehmen!«
    »Du hast gewonnen!« Verlass endlich diesen Ort und lass mich mit meiner Trauer alleine. »Koste von der Quelle. Und dann geh!«
    Mit sichtlichem Widerwillen nahm die Auserwählte den Kelch in Empfang, schöpfte von dem Lebenswasser und trank.
    In diesem Augenblick rann ein eisiger Schauer über Assaras Leib. Zuerst hielt sie es für ein weiteres Zeichen ihrer Verzweiflung angesichts ihres sterbenden Mannes. Doch dann erkannte sie, dass die Kälte eine andere Ursache besaß: Die Quelle des Lebens verlor an Stärke - nämlich die, die auf die Auserwählte überging.
    Und dann kehrte die neue Unsterbliche nach Lemuria zurück.
    Assara war alleine. Alleine mit ihrem sterbenden Geliebten.
    Jegliche Beherrschung fiel von ihr ab. Sie eilte zu Atrigor und sank neben ihm auf die Knie. Schluchzend bettete sie seinen Kopf in ihren Schoß. Nur Sekunden später waren die Stoffstreifen um ihren Körper so rot wie ihre Robe. Tränen tropften aus ihren Augen auf sein Gesicht, doch er schien nichts davon zu spüren.
    »Bitte stirb nicht!«
    Sein flacher Atem und der verschleierte Blick verrieten

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