0949 - Die geronnene Zeit
waren.
Er ging in den Sinkflug.
***
Der Vampir beugte sich tief zu Zamorra herunter. Aus seinem aufgerissenen Maul drangen ein bestialisches Fauchen und ein nicht minder bestialischer Gestank. Für einen Augenblick hatte der Professor das Gefühl, ihm wäre vor Wochen etwas in die Nase gekrochen und dort gestorben.
Jeden Moment mussten die Kiefer zusammenklappen und sich die Zähne in seinen Hals bohren.
Da erklang ein überraschtes Keuchen. Die Stelle, an der Rhett kämpfte.
Ein Schatten sauste heran und riss den völlig verdutzten Blutsauger mit sich.
Einige Augenblicke vergingen, ehe Zamorra begriff, was geschehen war. Eine bizarre Gestalt hatte Rhett und ihn gerettet.
Ein bräunlicher Flaum überzog die dürren Beine des Wesens. Der Rest des Körpers wies ein struppiges, verfilztes Fell undefinierbarer Farbe auf. Lediglich der Kopf kam völlig ohne Bewuchs aus. Kein Haupthaar, keine Augenbrauen, keine Gesichtsbehaarung. Stattdessen eine vollkommene, unnatürliche, bleiche Glätte, in der zwei kohleschwarze regungslose Augen funkelten. Aus den Schultern ragten statt Arme zwei zerzaust wirkende Flügel mit grauen und bräunlichen Federn.
Mit den Krallen seiner Beine hatte die Kreatur die beiden Vampire von Rhett und Zamorra gerissen und trug sie nun quer über den Friedhof.
»Was…?«, brachte Rhett hervor.
Auch die Blondine und der Junge sahen dem Geflügelten nach, anstatt ihren Angriff fortzusetzen. In ihren Blicken lag eine Mischung aus Verwirrung, Entsetzen und Erwachen.
Hatten der dämonische Einfluss sie verlassen? Zamorra wollte kein Risiko eingehen.
»Zu Dylan!«, rief er Rhett zu. »Los, schnell.«
Der Geflügelte schoss auf einen Baum zu, ließ einen der Vampire los und drehte nach oben ab. Der Blutsauger jedoch behielt die Bahn bei und krachte gegen einen stämmigen Ast, der ihn aufspießte. Da begann der zweite Vampir, in den Krallen des Geflügelten zu strampeln. Doch der ließ nicht los, drehte eine Runde und verfuhr mit dem Langzahn wie mit seinem Kollegen.
»Voll cool«, murmelte Rhett. »Vampirschaschlik.«
Noch immer konnte Zamorra es nicht fassen. Ein Dämon hatte sie gerettet.
Plötzlich glaubte er, von irgendwoher Matlock McCains Wutschrei zu hören. Hatten die Vampire zu ihm gehört? Nur Augenblicke später verklang der Schrei und machte einem hämischen Lachen Platz. »Egal«, wehte ihm die Stimme durch die Ewigkeit hinweg zu. »Es ist ohnehin zu spät, das Ende zu verhindern.«
So schnell sie konnten, rannten sie Dylan entgegen. In Zamorras Fall war das leider nicht allzu schnell. Bei jedem Schritt schien seine Hand aufs Neue zu explodieren. Außerdem schmerzten die Knie. Ein Stechen malträtierte seine Lunge, als hätte er täglich fünf Schachteln Gauloise gequalmt.
Als sie den Schotten erreicht hatten, drehten sie sich um und sahen der Frau und dem Jungen entgegen. Der Dämon landete zwischen den beiden. Die Flügel verpufften zu Qualm, der sich nur Sekundenbruchteile später zu Armen formte.
»Da seid ihr ja wieder.« Die Worte erklangen ohne Betonung oder Gefühl.
Der ehemals Geflügelte legte seine neue Arme um die Schultern der Frau und des Jungen. »Nun gehört ihr wieder mir. Wo ist er?«
Zamorra hatte keine Ahnung, wovon der Dämon sprach. Im Gegensatz zu der Frau, denn die antwortete in ähnlich monotonem Singsang: »Er ist mit dem Vampir durch den Stein gegangen.«
»Durch den Stein?«, hauchte Dylan. »Meint die ein Tor zur Quelle des Lebens ?«
»McCain!«, ergänzte Rhett. »Der Vampir muss McCain sein. Irgendwie hat er es nun doch geschafft, zur Quelle zu kommen.«
»Aber dazu hätte er einen Auserwählten gebraucht!«
»Vielleicht hatte er einen. Wie hieß der Typ aus deiner Vision? Der, den die Stimme als Mörder der Quelle bezeichnet hatte?«
»Jo Steigner«, sagte Dylan.
»Können wir das später besprechen?«, warf Zamorra ein. »Jetzt sollten wir uns überlegen, was wir unternehmen.« Vor Schmerz presste er jedes Wort zwischen den Zähnen hervor. »Bloß weil er uns gerettet hat, ist er sicher nicht unser Freund!«
Da kamen der Dämon und seine neue Leibgarde auch schon auf sie zu. »Du kennst Steigner.«
Wieder klangen die Worte so unbetont, dass man nicht sagen konnte, ob es sich um eine Feststellung oder eine Frage handelte.
»Sag mir, wo er ist«, verlangte der Dämon von Dylan. »Oder ich töte euch alle.«
»Sieht aus, als hättest du recht«, sagte Dylan. »Er ist wirklich nicht unser Freund.«
»Njhugjr«, stieß Zamorra
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