0952 - Dr. Sensenmann
erwartete sie mit einem Lächeln auf den Lippen, und sie kam rasch die letzten Stufen herab.
»Guten Tag«, sagte ich.
Die Frau nickte mir zu. Erst jetzt war zu erkennen, daß sie eine Brille trug. Es fiel in ihrem Gesicht kaum auf. Hinter den Gläsern musterten mich die blauen Augen skeptisch.
»Sie werden sich zwar nicht verlaufen haben, Mister, denn wer dieses Haus betritt, der weiß genau, was er will, aber wir haben leider geschlossen.«
»Die Tür war offen.«
»Ja, durch meine Nachlässigkeit. Wir haben die Schließung außen auch nicht angekündigt, aber es lohnt sich einfach nicht. Die Besucherzahlen sind zu gering.«
»Das kommt mir entgegen.«
»Bitte?«
»Bevor Sie einen falschen Eindruck von mir gewinnen, darf ich mich vorstellen. Mein Name ist John Sinclair. Ich komme aus London und arbeite für Scotland Yard.« Um die Lady zu überzeugen, zeigte ich ihr meinen Ausweis.
Sie schaute ihn sich genau an. Als sie ihn mir zurückgab, entspannte sich ihre Haltung. »Gut, mein Name ist Margot Fillmore.«
»Sie leiten das Museum?«
»Ja.«
»Und arbeiten, obwohl es geschlossen ist?«
»Das auch. Außerdem habe ich so mehr Ruhe. - Die Polizei war dienstlich noch nie hier.«
»Es geht auch nicht um Sie oder Ihr Museum, obwohl ich es gern besichtigen möchte.«
Sie lächelte mich an. Dieses Lächeln machte ihr Gesicht weicher. »Eine Privatführung?«
»Nein, nicht direkt. Es geht um den Menschen, der vor Ihrer Zeit hier gearbeitet hat. Sie wissen, welchem Zweck das Haus diente?«
»Ja, ich weiß. Das habe ich gehört. Es ging um einen gewissen Dr. Peter Sloane. Soviel ich weiß, wurde er ermordet, aber das war alles vor meiner Zeit hier.«
»Ja, man erwürgte ihn, und sein Mörder saß seine Strafe ab.«
»Alles gut und schön, Mr. Sinclair, aber was habe ich damit zu tun? Wir haben, bevor wir die Räume hier einrichteten und ausstaffierten, einiges verändert und für unsere Zwecke umgebaut.« Sie hob die Arme und deutete zur Decke. »Wir brauchten Platz für unsere Ausstellungsstücke, von der ehemaligen Innenarchitektur ist wirklich nicht viel übriggeblieben.«
»Das kann ich mir vorstellen.«
»Aber Ihnen geht es um die Vergangenheit, um Dr. Sloane?«
»Ja.«
»Da sind Sie hier vielleicht falsch.«
»Möglich«, gab ich zu. »Könnte ich mir die ehemaligen Räume des Arztes trotzdem einmal anschauen?«
Damit kam Dr. Fillmore nicht zurecht. »Tja, ich weiß nicht.« Sie schaute auf ihre Uhr. »Haben Sie ein berufliches oder privates Interesse?«
»Ein berufliches.«
»Hängt es noch immer mit dieser alten Tat zusammen?«
»Wenn Sie so wollen, ja.«
Margot Fillmore überlegte einen Moment. »Okay«, sagte sie dann, »ich könnte eine Stunde opfern.«
»Das wäre nett.«
»Wo fangen wir an, Mr. Sinclair?«
»Ich möchte mal anders fragen. Wo befinden sich die eigentlichen Arbeitsräume des Mannes?«
»Soviel ich weiß, überall.«
»Es war doch eine Klinik.«
»Ja, eine private.«
»Und wie ich hörte, hat Dr. Sloane auch Forschungen betrieben. Dazu benötigt man ein Labor. Können Sie mir sagen, wo es früher einmal gewesen ist?«
»In der oberen Etage, das weiß ich.«
»Gut, dann lassen Sie uns hochgehen.«
Sie lachte mich an. »Da werden Sie aber nichts mehr finden, was auf Sloane hindeutet.«
»Damit ist zu rechnen. Ich suche auch nach bestimmten Dingen, die man so einfach nicht erklären kann.«
Sie konnte es, denn sie fragte: »Nach Geistern?«
»Richtig.«
Dr. Fillmore mußte lachen und kam sich von mir auf den Arm genommen vor. Natürlich konnte ich mich irren. Es war durchaus möglich, daß ich einem Trugbild hinterherlief, aber auch Mickey Ferrano hatte in das Museum gewollt. Als Mensch ebenso wie als Geist, da hatte es beide wieder an den Ort der Tat zurückgetrieben.
Es war durchaus möglich, daß ich nicht nur auf Sloanes Geist traf, sondern auch auf Dr. Sensenmann, denn er wußte inzwischen, daß ich ihm auf der Spur war. Ich jagte ihn, er würde das auf keinen Fall zulassen und zurückschlagen, was er ja schon im Waschraum versucht hatte. Da aber war er nicht an mich herangekommen, weil ihn irgend etwas gestört haben mußte.
Mein Kreuz vielleicht? Durchaus möglich, daß er seine Aura nicht mochte.
Wir hatten die erste Etage erreicht, und Margot Fillmore fragte mich, weshalb ich so nachdenklich war. Ich hob die Schultern. »So genau kann ich Ihnen das nicht sagen. Es ist eine fremde Umgebung für mich, mit der ich erst zurechtkommen
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