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0956 - Die Todeszone

0956 - Die Todeszone

Titel: 0956 - Die Todeszone Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Balzer
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kühl war. Der Wissenschaftler rückte die Brille zurecht und deutete mit einem Laserpointer auf die Projektion, die einen großen Teil der Wand hinter ihm einnahm. Sie zeigte eine Karte der betroffenen Region. Das rot markierte Krisengebiet war umrahmt von einer breiten schwarzen Linie, an der Espinosa jetzt mit dem Laserpointer entlangfuhr.
    »In Ermangelung eines besseren Namens haben wir diesen äußeren Bereich der Anomalie als Todeszone bezeichnet. Das mag Ihnen vielleicht etwas dramatisch erscheinen, aber tatsächlich gibt es in diesem Gebiet offenbar kein animalisches Leben mehr. Anscheinend haben alle Tiere diesen Bereich des Urwalds verlassen.«
    Ungläubiges Gemurmel war die Folge. Schließlich gehörte der südamerikanische Regenwald zu den komplexesten Ökosystemen der Welt. Dass hier überhaupt kein Leben mehr anzutreffen sein sollte, war schlicht unvorstellbar. Und doch war es so.
    »Unsere Biologen sind auf massive Fluchtbewegungen gestoßen, und das selbst bei Tierpopulationen, die ihr angestammtes Revier eigentlich nie verlassen«, fuhr der Biophysiker fort. »Um ein populäres Bild zu gebrauchen: Die Ratten verlassen das sinkende Schiff. Und nicht nur die Ratten, sondern auch Affen, Raubkatzen, Schlangen und Spinnen.«
    »Und was, bitte schön, ist die Ursache dafür, Doktor?«, fragte der Luftwaffen-General mit einem finsteren Gesichtsausdruck, als habe Daniel Espinosa ganz persönlich die Krise im Süden des Landes verschuldet.
    »Wir haben leider nicht die geringste Ahnung«, sagte der Wissenschaftler betreten. »Wir können Ihnen nur sagen, was es nicht ist. Unsere Messungen haben keine Strahlenbelastung irgendwelcher Art ergeben. Auch die Untersuchungen auf chemische und biologische Kampfstoffe fielen negativ aus. Das einzige, was sich subjektiv wahrnehmen lässt, sind ein unangenehmer, stechender Geruch und eine leichte Veränderung des Lichts, das von Beobachtern als ›fahl‹ und ›unwirklich‹ beschrieben wird. Irritierenderweise schlagen sich auch diese Beobachtungen nicht in den Messwerten nieder.«
    »Was meinen Sie mit Beobachtern?«, hakte der General nach. Seine Stimme triefte vor Spott. »Ich dachte, es sei eine Todeszone .«
    Ein paar Zuhörer lachten. Espinosa ignorierte sie.
    »Diese Zone ist keine feste Barriere, wir können sie durchaus betreten«, sagte er ernst. »Aber wer sich zu tief hineinwagt, verschwindet spurlos. Wir haben bislang zwei militärische und eine wissenschaftliche Expedition verloren. Der Funkkontakt brach einfach ab, und dann haben wir nie wieder etwas von ihnen gehört.«
    »Was ist mit den Menschen, die dort leben, Doktor Espinosa?«, wollte ein junger Referent aus dem Innenministerium wissen.
    »Wir haben Glück, dass das betroffene Gebiet so gut wie unbewohnt ist. Es streift ein paar Zuckerplantagen, die jedoch zum größten Teil außerhalb der Todeszone liegen. Zurzeit werden neun Landarbeiter vermisst, außerdem haben wir die Leichen von drei weiteren gefunden. Sie waren so schrecklich verstümmelt, dass sie kaum noch als menschlich zu erkennen waren. Unsere Pathologen konnten noch nicht herausfinden, wer oder was diese Menschen getötet hat.«
    Espinosa stockte einen Moment, bevor er mit belegter Stimme weitersprach. »Die Körper sind regelrecht zerfetzt worden. Darüber hinaus gibt es in diesem Bereich mehrere indianische Ansiedlungen und das Camp eines Forschungsteams der Universität Bogotá, das seltene Schmetterlingsarten untersucht. Seit Beginn der Krise haben wir jeden Kontakt verloren. Offenbar gibt es etwas, was jede Funkverbindung stört.«
    »Was ist mit Satelliten?«, fragte ein Admiral der Armada Nacional(Kolumbianische Marine).
    »Das macht die Sache wirklich sonderbar«, sagte Espinosa. »Dankenswerterweise durften wir auf die Kapazitäten der CIA zurückgreifen.« Unwillkürlich zuckte sein Blick zu einem hageren Zivilisten, der sich dezent im Hintergrund platziert hatte und scheinbar desinteressiert in seiner Kaffeetasse rührte. »Doch sobald sich ein Satellit dem Kernbereich der Anomalie nähert, produziert er nur noch audiovisuelles Rauschen - Schnee.«
    Wieder folgte aufgeregtes Gemurmel. Nur der hagere Zivilist starrte in seinen Kaffee, als ginge ihn das Ganze nichts an. Sein Name war Richard Devaine, und er war der einzige US-Amerikaner im Raum. Die militärische und nachrichtendienstliche Zusammenarbeit mit den USA war seit dem von den Vereinigten Staaten unterstützten Drogenbekämpfungsprogramm »Plan Colombia« nichts

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