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0957 - Der schwarze See

0957 - Der schwarze See

Titel: 0957 - Der schwarze See Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Balzer
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Gabun, westliches Küstentiefland, 1996
    Nichts hatte ihn darauf vorbereitet.
    Richard Devaine stand mitten im schwarzen, öligen Rauch, der von den brennenden Hütten zu ihm herüberwehte. Der Geruch von verkohltem Holz und verbranntem Menschenfleisch ließ ihn würgen. Doch viel schlimmer waren die Bilder, die er nicht aus seinem Kopf verbannen konnte. Vor seinem inneren Auge sah er schrecklich entstellte Leiber von Männern, Frauen und Kindern, noch nicht alle von ihnen tot. Sah, wie die Flammenwerfer unermüdlich ihre Arbeit taten. Er wollte sich eine Zigarette anzünden, doch seine Finger zitterten so sehr, dass er das Feuerzeug nicht anbekam.
    Devaine war der beste seines Jahrgangs in Langley gewesen, hatte danach als brillanter Agent im Außeneinsatz die Aufmerksamkeit seiner Vorgesetzten geweckt und war in der Hierarchie schnell aufgestiegen. Bis er schließlich in eine selbst für CIA-Verhältnisse geheime Abteilung abkommandiert worden war, die ihm gezeigt hatte, wie naiv und eingeschränkt sein Verständnis der Welt bisher gewesen war. Er hatte Geheimnisse erfahren, die sogar hochrangigen Regierungsvertretern verborgen blieben, und hatte Beweise für Dinge gesehen, die er bislang für unmöglich gehalten hatte.
    Jenseits der vermeintlichen Realität gab es eine Welt, die von ganz anderen Gesetzen beherrscht wurde. Hier tobte ein unerbittlicher Kampf der Kräfte des Guten gegen die Mächte der Finsternis. Es war für Richard Devaine schwer genug gewesen, dass Dämonen, Vampire, Werwölfe und Monster tatsächlich existierten. Doch nichts, absolut nichts hatte ihn darauf vorbereitet, wie es sein würde, diesen Kreaturen wirklich zu begegnen. Und zum ersten Mal fragte sich der an Selbstbewusstsein nicht gerade arme CIA-Agent, ob er dieser Aufgabe tatsächlich gewachsen war. Wie konnte man sich daran gewöhnen? An diesen Wahnsinn? Dieses Leid? Und danach einfach weiterleben?
    »Hey Mann, bist du verrückt geworden?«, rief ihm Bernie zu, während er mit seinem Flammenwerfer eine der letzten Holzhütten einäscherte. Der hünenhafte Schwarze war einer der Veteranen des Sondereinsatzkommandos, dem Devaine seit drei Monaten zugeteilt war. »Komm aus dem Rauch raus. Sonst hast du tagelang Kopfschmerzen.«
    Devaine musste an das denken, was sie in den Hütten gefunden hatten. Und an das, was sie selbst getan hatten. Dann übergab er sich.
    »Siehst du, ich hab's dir doch gesagt«, feixte Bernie. »Wer hätte gedacht, dass ›Iron Will‹ so ein Weichei ins Team holt?«
    »Halt die Klappe, Bernie. Sonst erzähle ich Dick von deinen ersten Einsätzen. Im Vergleich dazu hält sich unser Rookie doch ganz gut.«
    Seltsam distanziert registrierte Devaine, wie ihn William Cummings, von seinen Untergebenen auch respektvoll »Iron Will« genannt, aus dem Rauch zog und ihm seine Wasserflasche reichte. Der junge Agent ergriff sie und trank mechanisch.
    »Keine Sorge, Junge. Das geht am Anfang allen so. Man gewöhnt sich schneller an diesen Scheiß, als man sollte.«
    Das konnte sich Richard Devaine kaum vorstellen. Aber wenn er sah, wie unbefangen Cummings und Bernie auf das Grauen reagierten, das sie gesehen hatten, war er geneigt, ihm zu glauben. Doch er wusste nicht, ob er selbst so werden konnte. Oder wollte.
    Richard Devaine konnte sich noch genau an den Moment erinnern, in dem er zum ersten Mal in Cummings' Büro gestanden hatte. Einem mit Akten übersäten Raum, der mehr einem Archiv glich als einer Operationsbasis. Und tatsächlich war Cummings nur selten in der CIA-Zentrale in Langley anzutreffen. Seine Einsätze führten meist in die entlegensten Winkel der Welt. Nur um was es dabei ging, hatte Devaine bisher noch nicht herausgefunden. Und als Cummings es ihm sagte, hatte er es nicht glauben wollen.
    »Dämonen?«, fragte der junge Agent ungläubig. »Sie meinen, Sie sind so etwas wie die Ghostbusters?«
    »So in etwa«, bestätigte Cummings. »Nur in globalem Maßstab - und ohne die bescheuerten Klamotten.«
    »Aha«, sagte Devaine und überlegte, ob er auf der Stelle kehrtmachen und seine Versetzung beantragen sollte. »Das ist ein Witz, oder?«
    Und jetzt stand er hier, in den Überresten eines gabunischen Dorfes und wünschte sich, er hätte seinen Instinkten vertraut und nicht zugelassen, dass Cummings ihm eine Welt zeigte, aus der niemand, der sie einmal betreten hatte, zurückkehren konnte.
    Offiziell waren sie auf Einladung der einheimischen Regierung hier, um medizinische Hilfe bei einem unerwartet heftigen

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