0957 - Der schwarze See
besser sein«, erwiderte sie mit schwacher Stimme. Doch zugleich schickte sie ihm telepathisch eine ganz andere Botschaft.
Wenn ich den Typ in die Finger kriege, drehe ich ihm den Hals um.
Unwillkürlich musste Zamorra grinsen. Wenn seine Gefährtin ihrer Wut schon wieder freien Lauf ließ, war sie definitiv auf dem Weg der Besserung.
»Hast du Schmerzen?«
Vorsichtig schüttelte Nicole den Kopf.
»Sie haben mich mit Medikamenten vollgepumpt. Das gute Zeug. Ich fühle mich, als würde ich fliegen.«
Das Sprechen strengte Nicole sichtlich an, und sie hielt einen Moment inne, um ihm telepathisch eine viel wichtigere Information zukommen zu lassen.
Es hat mich ziemlich erwischt, aber nicht ganz so schlimm, wie sie denken. Zum Glück hat dieser Devaine keine Ahnung von der Quelle des Lebens. Trotzdem wird es eine Weile dauern, bis ich wieder fröhlich durch die Gegend hüpfen kann. Sorry, Chéri, aber ich fürchte, diesmal bist du auf dich allein gestellt.
Seit Zamorra und Nicole Wasser aus der Quelle des Lebens getrunken hatten, waren sie nicht nur relativ unsterblich, sie verfügten auch über außergewöhnliche Selbstheilungskräfte. Aber bei so einer schweren Verletzung würde es selbst bei Nicole eine Weile dauern, bis sie wieder auf die Beine kam. Doch vielleicht gab es eine Möglichkeit, den Prozess zu beschleunigen.
Zamorra teilte Nicole seine Idee telepathisch mit, doch sie schüttelte energisch den Kopf.
Das ist viel zu gefährlich. Nachher liegst du genauso flach wie ich.
Das müssen wir riskieren , erwiderte Zamorra. Gegen das, was hier vor sich geht, kann ich nicht alleine kämpfen. Falls ich scheitere, musst du bereit sein!
Ein dezentes Hüsteln riss sie aus der intimen Situation.
»Ich möchte Ihre innige Zweisamkeit nicht stören, Professor, aber wir sollten uns langsam auf den Weg machen.«
Nicole schloss die Augen und überlegte einen Moment. Dann nickte sie.
Also gut…
»Professor…«
Zamorra unterbrach Devaine mit einer unwirschen Handbewegung.
»Eine Minute!«
»Aber nicht länger!«
Mehr würde Zamorra auch nicht brauchen. Hoffte er. Die Idee war einfach: Seit Asmodis Merlins Stern repariert hatte, griff das Amulett bei jedem Einsatz auf die Kraft seines Trägers zurück. Doch vielleicht war es auch möglich, dem magischen Kleinod Energie zu geben, die es gar nicht benötigte. Um sie dann an jemand anderen weiterzuleiten. So wurde die handtellergroße Silberscheibe zu einer Art Zwischenspeicher, der Nicole mit Zamorras Lebenskraft versorgte.
Der Dämonenjäger war sich fast sicher, dass es funktionieren würde. Er musste nur aufpassen, dass er nicht übers Ziel hinausschoss und sich so sehr schwächte, dass er selbst in Gefahr geriet.
Zamorra öffnete die oberen Hemdknöpfe und berührte mit der linken Hand Merlins Stern , die andere legte er nach auf Nicoles kaltschweißige Stirn. Devaine würde von seiner Position aus gar nicht bemerken, was er da tat. Der Dämonenjäger schloss die Augen, konzentrierte sich gleichzeitig auf das Amulett und Nicole. Dann gab er einen Gedankenbefehl und stellte die Verbindung her.
Nicole erzitterte, als Zamorras Lebensenergie durch das Amulett in ihren Körper floss. Merlins Stern hatte sich deutlich erwärmt, Zamorras Lippen bewegten sich unaufhörlich, als er lautlos magische Formeln sprach, um den Prozess zu unterstützen.
»Professor!«
Der CIA-Agent hatte sich erhoben. Zamorra ignorierte ihn.
»Wir werden jetzt gehen. Sofort!«
Immer schneller kamen die magischen Formeln über Zamorras Lippen, während er spürte, wie Merlins Stern die Lebensenergie aus ihm heraussaugte und an Nicole weitergab. Er wusste, dass der kritische Punkt bald erreicht war, doch ein bisschen Kraft konnte er ihr noch geben.
»Zamorra!«
Devaine packte ihn hart an der Schulter. Nur noch einen winzigen Moment…
Jetzt!
Mit einem Gedankenbefehl löste Zamorra die Verbindung, als Devaine ihn zu sich herumriss. Der sonst so beherrschte Amerikaner funkelte ihn zornig an.
»Verzeihen Sie, Dick«, sagte Zamorra ungerührt. »Aber ich bin mit dieser Frau seit über 30 Jahren zusammen, und dank Ihnen weiß ich nicht, ob einer von uns diesen Tag überlebt. Sie werden verstehen, dass mir da der Abschied nicht leicht fällt.«
»Schon gut«, murmelte Devaine. »Aber jetzt sollten wir wirklich los. Und bitte nennen Sie mich Richard. Dick Devaine klingt nach einem drittklassigen Pornostar, finden Sie nicht?«
Der CIA-Mann drehte sich um und verließ eilig den Raum.
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