0957 - Der schwarze See
schließlich vernichtet, doch vor ihrem Ende hatten die Überlebenden des Untergangs der Hölle eine düstere Prophezeiung ausgestoßen.
»Vielleicht können wir euch tatsächlich nicht vernichten, Zamorra«, hatte eines der Tentakelwesen hasserfüllt gesagt. »Aber wir werden jeden einzelnen töten, der euch irgendetwas bedeutet, bis ihr den Tag verflucht, an dem ihr es gewagt habt, euch mit den Mächten der Finsternis zu messen.«
Natürlich konnten die Dämonenjäger ihre Freunde und Nachbarn nicht auf ewig zu deren Schutz im Schloss unterbringen. Aber bis zu ihrer Rückkehr aus Kolumbien hatten sie ihre Gastfreundschaft angeboten und das Dorf vorübergehend evakuiert. Eine übertriebene Vorsichtsmaßnahme, wie viele der knorrigen Dörfler gemurrt hatten. Bis Madame Claire, die bereits vor Sonnenaufgang aufgestanden war, um das Frühstück vorzubereiten, den Feuerschein entdeckt hatte.
»Was geschieht da draußen?«, fragte die beleibte Köchin. Die sonst so resolute Frau war aschfahl. In ihren wurstigen Finger hielt sie ein Geschirrtuch, das sie unaufhörlich faltete und glattstrich, während sie hilflos mit ansah, wie die gierigen Flammen ihre Heimat verzehrten.
»Wenn ihr mich fragt, sollten wir rausgehen und es rausfinden«, knurrte Gerard Fronton. Der von seinen Freunden nur »Malteser-Joe« genannte ehemalige Fremdenlegionär hatte die Attacke der beiden Shi-Rin nur knapp überlebt und war trotzdem schon wieder voller Tatendrang. »Lasst uns Zamorras Waffenschrank plündern und den Höllenbrüdern da draußen zeigen, dass sie sich mit den Falschen angelegt haben.«
»Das wäre nicht ratsam«, sagte William. Der distinguierte schottische Butler war wie immer ein Musterbeispiel an Haltung und steifer Würde. »Wir wissen nicht, wie viele dieser schwarzblütigen Gentlemen sich da draußen verlustieren. Und niemand von uns hat Erfahrungen im Kampf gegen diese Wesen. Selbst, Sie mögen mir diesen Einwand verzeihen, Sie nicht, Monsieur Fronton.«
»Wir können doch nicht hier drinnen auf unseren Ärschen sitzen, während die unser Hab und Gut niederbrennen.«
»Vermutlich warten sie genau darauf«, wandte Pater Ralph, der Dorfgeistliche, ein. »Sie locken uns mit diesem Feuer nach draußen, und sobald wir die schützenden Mauern des Châteaus verlassen haben, schlagen sie zu.«
»Im Château sind wir wenigstens sicher - inklusive unserer geschätzten Hinterteile«, sagte William bestimmt. »Die weißmagische Abschirmung verhindert jeden Angriff dieser Kreaturen, so mächtig sie auch sein mögen. Denken Sie an die Kinder!«
»Was ist mit Zamorra? Weiß er überhaupt, was hier los ist?«, fragte Pascal Lafitte. Doch der Butler schüttelte betrübt den Kopf. »Ich habe es mehrfach versucht. Weder der Herr Professor noch Mademoiselle Duval sind im Moment zu erreichen.«
Pascal starrte den Schotten ungläubig an. »Ich dachte, für die TI-Alphas gibt es keine Funklöcher. Diese Handys sind doch wahre Alleskönner.«
William nickte betreten. »Das sind sie in der Tat. Aber nicht nur der Herr Professor ist nicht zu erreichen. Ich habe es auch bei Monsieur Tendyke versucht und bei Chefinspektor Pierre Robin in Lyon. Die Leitungen sind tot.«
Das Entsetzen, das sich jetzt im Raum ausbreitete, war fast körperlich greifbar. »Sie haben die Leitungen gekappt?«, fragte Mostache, der Dorfwirt, fassungslos.
»Möglich«, erwiderte der Butler. »Obwohl ich persönlich eher eine magische Blockade vermute. Aber das Ergebnis ist zweifellos dasselbe: Wir sind von der Außenwelt abgeschnitten.«
***
Wie betäubt ließ sich Zamorra von den Wachen zu seinem Quartier eskortieren lassen. »Ruhen Sie sich eine Weile aus, Sie werden all Ihre Kraft brauchen«, sagte Devaine.
»Was ist mit Paula?«
»Miss Vásquez wird kein Haar gekrümmt. Ich gebe Ihnen mein Ehrenwort«, hatte der Amerikaner versichert. Zamorra schluckte seine Zweifel hinunter. Es war erst wenige Tage her, dass Devaine den Befehl gegeben hatte, die mutige Reporterin und ihren Fotografen Fernando Gonzales zu exekutieren. Wie durch ein Wunder war Paula entkommen, nur um kurz darauf wieder in Devaines Fänge zu geraten. Doch so skrupellos der hagere CIA-Mann war, wenn es um die Erfüllung seiner Mission ging. Zamorra hielt ihn nicht für einen Lügner. Wenn er sagte, dass er Paula nichts antun würde, stimmte das vermutlich.
Immerhin etwas.
Zamorra saß auf seiner Pritsche und starrte die Wand an, während die Beben die Anlage weiterhin in regelmäßigen
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