0966 - Der Weg des Jägers
Zusammenarbeit entschieden und das fellbedeckte Geschöpf vernichtet. Dennoch schmeckte der Sieg schal und kam ihm mehr wie eine ›Beinahe-Niederlage‹ vor.
Zudem wurmte es ihn, dass er zwar eine mächtige Waffe besaß, um die ihn jeder Dämonenjäger beneidet hätte, dass er aber zu dämlich war, diese verlässlich einzusetzen.
Von Zamorra wusste er, dass auch dessen Amulett zu schwerwiegenden Funktionsstörungen geneigt hatte. Diese waren bisweilen ebenfalls lebensgefährlich gewesen.
So weit wollte es Dylan mit dem Armband nicht kommen lassen.
Er war fest entschlossen, mehr über den Tattooreif zu erfahren und dessen Geheimnisse zu ergründen. Doch Entschlossenheit alleine reichte nicht aus, um Antworten auf seine Fragen zu erhalten. Und deren gab es viele! Das Einzige, was er von der Waffe bislang wusste, war der Name des Voreigentümers. Jo Steigner.
Selbst Recherchen im sonst allwissenden World Wide Web hatten nur nichtssagenden Unfug ergeben.
Und so war dem Nachwuchsdämonenjäger letztlich nur eine Möglichkeit geblieben. Er hatte seinen Freund und Mentor Zamorra um Hilfe gebeten.
Nach annähernd vier Jahrzehnten der Dämonenjagd und Erforschung des Okkulten besaß der französische Parapsychologe erstens eine der umfangreichsten Sammlungen magischer Schriften und zweitens ein weitreichendes Netzwerk von Informanten.
Trotzdem war es dem Schotten nicht leichtgefallen, im Château Montagne anzurufen. Immer wieder war ihm sein Vorsatz, sich ohne fremde Hilfe als Dämonenjäger zu bewähren, durch den Kopf gegangen.
Letztlich überwand er aber seinen inneren Schweinehund und kontaktierte den Freund in Frankreich.
Zamorra ließ sich nicht lange bitten. Er versprach, Pascal Lafitte einzuschalten und im eigenen Archiv zu stöbern. Spätestens am nächsten Abend wollte er sich bei Dylan melden.
Der junge Schotte hatte sich nach dieser Zusage im Arbeitszimmer eingeigelt und in einem Buch über einfache Zaubersprüche geschmökert, das er sich auf Empfehlung des Professors zugelegt hatte. Umgeben von meterhohen Regalen, in denen sich Horrorliteratur aus aller Welt türmte, versenkte er sich für Stunden in das Werk. Ergebnislos.
Zwischenzeitlich gingen ihm düstere Gedanken durch den Kopf. An die Unsterblichkeit, die er an der Quelle des Lebens erhalten, die er aber nur kurz darauf wieder verloren hatte.
Ein Kloß bildete sich in seinem Hals, wenn er daran dachte, was er aufgegeben hatte. Obwohl er immer noch glaubte, das Richtige getan zu haben, fiel es ihm bisweilen schwer, an den Meister des Übersinnlichen zu denken oder sich mit ihm zu unterhalten.
Kein Wunder, denn immerhin war Zamorra der Grund dafür, dass Dylan seine zweite Chance auf die Gabe der Quelle des Lebens abgelehnt und dem Professor den Vortritt gelassen hatte.
Der Schotte blickte durch das Panoramafenster, hinter dem er ein dicht bewachsenes Stück Wald sah. Teile dieses kleinen Forsts gehörten zu seinem Grundstück. Die untergehende Sonne tauchte es in Gold schimmerndes Licht und erzeugte mit dem Wiegen der weiten Äste ein einlullendes Farbenspiel.
Gedankenverloren betastete er den Hinterkopf. Als ein kurzer Schmerz aufflammte, kniff er die Augen zusammen. Seine Finger erfühlten eine verschorfte Beule - mit der schmerzenden Schulter ein Überbleibsel seines Sturzes während der Auseinandersetzung mit dem Höllenwolf.
Ein melodisches Trillern riss ihn aus den Gedanken.
Er drückte eine Taste an der Basisstation des Telefons und startete ein Programm auf dem PC, das eine Videoverbindung zum Château Montagne herstellte und ein klares Bild des Parapsychologen auf den Monitor projizierte.
Zamorra saß an seinem Schreibtisch und lächelte in die Webcam.
»Hallo, Dylan. Ich hoffe, du sitzt nicht wie auf glühenden Kohlen.« In den grauen Augen des Franzosen blitzte es schalkhaft auf.
Der Schotte wusste, dass dieser außergewöhnliche Mann einen ganz eigenen Sinn von Humor besaß. Er hätte jede Summe darauf gewettet, dass es dem Parapsychologen Spaß machte, ihn zappeln zu lassen und nicht gleich mit den Ergebnissen seiner Suche rauszurücken.
Andererseits mochte dies bedeuten, dass der Professor zumindest eine positive Meldung zu überbringen hatte.
»Doch, das tue ich« antwortete Dylan. »Ich habe meine Fingernägel abgeknabbert, obwohl meine Mutter mir das vor vielen Jahren verboten hat. Ich werde höchstwahrscheinlich im Knabber-Fegefeuer rösten.«
Das Grinsen des Parapsychologen wurde ein Stückchen breiter. Dann wich
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