Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
0974 - Monsterzeit

0974 - Monsterzeit

Titel: 0974 - Monsterzeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jason Dark
Vom Netzwerk:
tatsächlich aussahen wie die, die man auf Gräber stellte, um die Toten zu ehren.
    Wer sollte hier geehrt werden?
    Die alten Götter?
    Der Killer war Realist. Er konnte sich so etwas überhaupt nicht vorstellen, aber die junge Frau vor ihm dachte anders darüber. Er schob sie auf die Steine zu.
    Der Boden war mit einer dichten Humusschicht bedeckt. Sie hatte der Killer in der vergangenen Nacht als Würmer empfunden. Irgendwelche Baumwurzeln sah er nicht. Er spürte sie, wenn er drüberfuhr. Die Gelähmte wurde dann regelrecht durchgeschüttelt.
    Er stoppte den Rollstuhl vor den Steinen und stand so, daß er beide anschauen konnte. Dann trat er neben Greta, die ihren Kopf drehte und ihn leicht anhob.
    Der Killer wischte sich den Schweiß aus dem Gesicht. Er ärgerte sich darüber, daß Greta locker wirkte und kaum schwitzte. Sie war regelrecht aufgeblüht.
    »Du sagst nichts?«
    »Ich genieße es.«
    Cameron steckte sein Tuch wieder weg. »Das kann ich mir vorstellen, aber ich frage mich, wie man eine derartige Umgebung überhaupt noch genießen kann.«
    »Warum sollte ich es nicht?« Ich liebe diesen Wald, denn ich gehöre dazu.
    »Auch zu den Göttern?«
    »Ja!« erwiderte sie voller Inbrunst. »Auch zu den Göttern, ob du es glaubst oder nicht.«
    »Du bist doch ein Mensch.«
    »Richtig. Nur haben sie meine Liebe zu ihnen gespürt, wenn du es begreifst.«
    »Nein, unmöglich. Das begreife ich nicht. Das ist für mich ein gewaltiges Rätsel. Oder müssen die Götter verrückt sein?« zitierte er einen Filmtitel.
    »Sie leben hier.«
    »Und wo?«
    »In der Erde.«
    »Dann sind sie tot.«
    Greta lächelte. »Nicht ganz, Perry. Sie sind nicht ganz tot. Sie warten, sie lauern, und sie wissen genau, wann und wo ihre Zeit gekommen ist.«
    »Sehr schön«, sagte er und nickte. »Ich werde mich trotzdem einmal umschauen.«
    »Ja, tu das.«
    Greta hatte bei dieser Antwort gelächelt, was dem Killer gar nicht gefiel.
    Ihn störte die Sicherheit der Gelähmten, aber er ließ sich von seiner Tour nicht abbringen. Cameron zog den Revolver hervor und fing damit an, seine Runde zu drehen.
    Greta Kinny blieb allein zurück.
    Und darüber war sie mehr als froh…
    ***
    Kaum hatte ihr Cameron den Rücken zugedreht, da atmete sie tief durch, als wollte sie die feuchte Luft trinken, von der sie umgeben wurde.
    Sie tat ihr gut. Sie war Balsam, und sie war zugleich so etwas wie das letzte Tüpfelchen auf dem I, das ihr noch gefehlt hatte.
    Wenn sich jemals ein Mensch überschätzt hatte, dann war es Perry Cameron. Sie in den Wald zu führen - Himmel, einen größeren Gefallen hätte er ihr nicht erweisen können. Hier befand sie sich nicht nur bei Freunden, sondern auch unter Helfern, und die, das wußte Greta genau, würden sie nicht im Stich lassen.
    Sie genoß die Stille, denn von Cameron war nichts mehr zu hören. Der Geschmack in ihrem Mund war noch intensiver geworden und auch bitterer. Er erinnerte an Gras und Rinde und an die Säfte, die Äste, Blätter und Zweige durchströmten.
    Greta befand sich im Wald. Der Wald war sie. Und der Wald war zugleich ein Erbe der alten Götter, die damals, in grauer Vorzeit, von den Kelten angebetet worden waren.
    Ihr Blick blieb auf den beiden Grabsteinen haften. Bisher war ihr Gesicht sehr ernst gewesen, aber dieser Ausdruck wechselte in dem Moment, als Greta das Rieseln spürte, das zuerst ihre Beine und später auch ihre Hände sowie die Arme erfaßte.
    »Jetzt bin ich Rosenrot«, flüsterte sie sich selbst zu. »Greta ist vergessen. Es gibt sie nicht mehr. Nur noch Rosenrot. Ich bin die Gestalt aus dem Märchen, und der Wald gehört mir ebenso wie den Göttern.«
    Sie genoß das neue Leben, das sich immer weiter in ihrem gelähmten Körper ausbreitete, und sie wußte auch, was in wenigen Sekunden geschehen würde. Nein, der Killer brauchte nicht bis zur Nacht zu warten, um sie laufen zu sehen. Das würde gleich geschehen und er würde staunen.
    Sie bewegte ihr Füße. Es klappte.
    Dann hob sie das linke Bein an. Alles klar.
    Mit dem rechten ebenfalls.
    Rosenrot nickte sich selbst zu, als hätte sie einen großen Erfolg errungen. Bisher hatte sie ihre Bewegungen nur als einen Test angesehen. Die Wahrheit würde sich in Kürze zeigen.
    Noch einmal umklammerte sie die Lehnen des Rollstuhls mit aller Härte, dann stemmte sie sich hoch - und lachte glucksend auf, als sie es schaffte.
    Sie machte einen Schritt über das Fußbrett hinweg und stand vor ihrem Rollstuhl. Am liebsten hätte sie ihm

Weitere Kostenlose Bücher