0974 - Monsterzeit
schnell bewegen konnte.
Ich wollte noch zurückweichen, als sie vorsprang, aber ihre Arme waren länger als gewöhnlich.
Und die Krallen hatte ich auch unterschätzt. Sie hakten sich in meiner Kleidung fest, ich kam so schnell nicht von ihnen los, dann griffen sie noch einmal nach, und ich wurde gegen diese unheimliche Gestalt gezerrt.
»Jetzt bist du bei mir!« rief sie und ließ sich einfach fallen.
Mich zog sie mit.
Beide landeten wir im dunklen Wässer!
***
Es hatte sich alles grundlegend geändert. Sie preßte mich gegen ihren weichen, stinkenden und irgendwie schmierigen Körper, und ihre ebenfalls weichen Arme hielten mich so umklammert, daß sich ihre Hände auf meinem Rücken berührten.
Das Wasser war kalt. Es stank. Es war nicht klar. In ihm schwammen die zahlreichen Algen und sonstigen Reste, die Stürme von den Bäumen abgerissen und in diesen Tümpel hineingeweht hatten.
Es war mir gelungen, die Luft anzuhalten. So drang das Wasser nicht in meinen Mund. Aber durch die Umklammerung war ich schon in eine gefährliche Lage hineingeraten, denn unter Wasser drehte sich das Monstrum, so daß es auf mir lag und ich unter ihm.
Greta hatte die Kraft, die nötig war, um mich zu ertränken. Ich wußte das.
Ich steckte in der Klemme und konnte mich nicht freimachen. Der Druck war einfach zu stark. Die Arme waren mir durch den Griff an den Körper gepreßt worden, und nach einigen Sekunden schoß das Gefühl der Panik in mir hoch.
Zu ertrinken und lebendig begraben zu werden waren Todesarten, vor denen ich mich wahnsinnig fürchtete.
Vielleicht wußte das das Monstrum, denn es wollte mich zu Boden drücken. Dabei mußte es mit dem Auftrieb zurechtkommen, was gar nicht so einfach war. Und auch die Pflanzen im Teich sorgten zusätzlich noch für einen gewissen Widerstand.
Wir schwammen und schaukelten im Wasser. Ich brauchte unbedingt Luft. In meinen Ohren und in meinem Kopf dröhnte es, als sollte er im nächsten Moment gesprengt werden.
Aber ich war noch so klar, daß ich mitbekam, was in meiner nächsten Umgebung passierte.
Das Wasser drückte uns höher. Ich hielt die Augen offen. Über mir klärte sich das »Glas«. Und der Körper des Monstrums zuckte. Zweimal, dreimal, dann merkte ich, wie der Druck der verdammten Arme schwächer wurde und schließlich nicht mehr da war.
Sofort bewegte ich die Arme und die Beine. Ich schwamm wie ein Frosch an die Oberfläche. Alles in mir schrie nach Luft. Ich konnte den Mund nicht mehr geschlossen halten. Es war mir jetzt auch egal, ob Wasser in meinen Mund drang oder nicht. Ich brauchte Luft, und so riß ich den Mund auf.
Kein Wasser.
Waldluft.
Nicht die beste, aber in diesem Fall war sie für mich so etwas wie Medizin. Über meinen Ohren lag dichter Nebel, durch den ich eine mir bekannte Stimme hörte.
Suko schrie mir etwas zu. Dann spürte ich, wie zwei Hände meine Handgelenke umklammerten. Die Klauen eines Monstrums. Es war Suko, der mich ans Ufer zog.
Irgendwie krabbelte ich aufs Trockene, hustete, spuckte aber kein Wasser.
Ich wischte über mein Gesicht, und so klärte sich auch der Blick. Neben mir stand Suko, und er hielt seine Dämonenpeitsche fest, mit der er das Monster getroffen hatte.
Ich fing sein Lächeln auf.
Dann nickte ich.
»Schau nach vorn, John!«
Noch einmal putzte ich mein Gesicht frei und strich die nassen, verklebten Haare zurück, bevor ich dem Rat meines Freundes folgte. Ich sah, was geschehen war.
Greta Kinny schwamm auf dem Wasser.
Nicht mehr als Monster, sondern die echte Greta, denn durch die Treffer mit der Peitsche hatte sie sich wieder zurückverwandelt. Wir sahen ihren normalen Körper, aber wir sahen auch, daß er von zwei Kugellöchern an verschiedenen Stellen zerrissen war. Die eine Kugel hatte dicht unter dem Hals ein gewaltiges Loch gerissen, die andere unter ihrem Bauchnabel.
»Das muß Cameron gewesen sein«, sagte Suko.
Ich gab ihm durch mein Schweigen recht.
Der Körper war von uns weggetrieben worden. Er schwamm jetzt in der Teichmitte und wirkte schon wie aufgebläht, als hätten sich Gase gebildet.
Einmal sah ich ihr Gesicht. Grünlich und bleich. Mit toten, leeren Augen.
Und in der Tiefe unter ihr bewegten sich lange Schatten, die zitternd und schwankend gegen die Oberfläche stießen.
Nein, das waren keine Schatten.
Das waren dünne, geschmeidige und trotzdem kräftige Arme, die sich holten, was ihnen zustand.
Sie umklammerten den Körper, zerrten ihn in die Tiefe, und er verschwand vor
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