0974 - What happens in Las Vegas...
Wirklichkeit hinter seiner Stirn. Als müsse die Wucht dieses entsetzlichen Schlages seinen Kopf so weit zur Seite treiben, dass die Wirbelsäule knackte und sein Lebenslicht erlosch.
Stattdessen verging die größte Pein nach wenigen Sekunden. Zurück blieben ein warmes, feuchtes Gefühl auf der rechten Wange - fraglos austretendem Blut verschuldet -, ein stechender, sich nun offenbar für länger einnistender Kopfschmerz und das Gefühl völliger, tiefster Erschöpfung.
Wieder flackerte die Schutzkuppel. Dann verschwand sie ganz.
Der Kopf des gespenstischen Kojoten war nun ganz dicht an Zamorras. Der Professor konnte den heißen Atem des Monstrums auf der Haut spüren, roch seinen Geruch.
Jetzt oder nie!
Reflexartig griff Zamorra in die Tasche seines Jacketts. Seine Finger langten ins Leere.
Der Dhyarra! Der Sternenstein-Kristall, Zamorras vielleicht letzte Hoffnung, war fort.
Blitzschnell kamen die Bilder zurück, Erinnerungen an den vorhergegangenen Kampf in dieser Wüste. Der, in dem er gestorben war, irgendwie.
Damals hatte er den Sternenstein ebenfalls anwenden wollen - und sein Gegner hatte ihn ihm aus der Hand geschlagen!
Es war alles so schnell gegangen. Der Kampf, die Beinahe-Niederlage, die Rettung durch den mysteriösen Indianer, die er noch immer nicht ganz verstand. Vor lauter Hektik und Dramatik musste er vergessen haben, dass er den Dhyarra nicht länger bei sich trug.
Aber das war eine Vision gewesen, eine Mentalreise. Nicht real. Ich habe das Amulett auch mitgenommen und dann in der realen Welt bei mir gehabt. Warum nicht auch den Dhyarra?
Der gespenstische Kojote strich mit der Schnauze über sein Gesicht. Gierig und lauernd. Zamorra spürte das Fell des unwirklichen und doch so entsetzlich realen Wesens auf seiner geschundenen Haut. Dann wanderte das Maul weiter, erreichte sein Ohr…
... und flüsterte!
»Du bist gerade von den Toten auferstanden, verdammt! Verstehst du was ich sage? Du warst klinisch tot!«
Nicoles Stimme, voller Protest und Sorge. Dieses Vieh sprach mit Nicoles Stimme! Wie war das möglich? War es das überhaupt?
Vorhin, nach seinem Erwachen im Casino, hatte sie dies gesagt. Sie hatte ihm Vorwürfe gemacht, weil er nicht warten und heilen wollte, es nicht konnte, sondern sogleich auf gebrochen war - hierher, zum Burning Man. Und nun, dort, kamen dieselben Worte zurück zu ihm, als Replik auf seinen eigenen Protest. Welche Ironie!
»Mister? Bleiben Sie hier, ich hole Hilfe, okay?«
Zamorra ignorierte den Jungen, er konnte nicht anders. Mit einem Mal schien ihn selbst die geringste Bewegung mehr Kraft zu kosten, als er noch aufzubringen imstande war. Es gab keinen Jungen mehr, kein Las Vegas, keine Welt. Es gab nur noch diesen einen Moment. Den Wüstenteufel und ihn. Das Ende.
Der Kojote knurrte. Geifer tropfte Zamorra aufs Gesicht. Haut und Haare gaben der Berührung nach, als sei die heiße Flüssigkeit ätzende Säure. Der damit einhergehende, qualvolle Schmerz raubte dem Dämonenjäger fast den Verstand.
»Worauf… wartest… du?«, stieß er zwischen zusammengebissenen Zähnen hervor, die Stimme kaum noch mehr als ein Krächzen im Wüstenwind. »Bring… es… zu Ende!«
Plötzlich flutete ein Strom aus Bildern und Erinnerungen seinen Geist. Er sah…
... Nicole vor der Tür des Arbeitszimmers im Château. (»Und ich dachte, du wärst ein Schnellschalter.«)
... die Hüterin an der Quelle des Lebens (»Trink, Auserwählter. Trink und werde eins mit deiner Bestimmung.«)
... Clay Taima, letzter Chief der Watumi und indianischer Para-Krieger aus New York (»Sieht aus, als hätten Sie sich in die Enge treiben lassen, Dämonenjäger.«)
... Stygia, atemberaubend schön und abstoßend teuflisch zugleich. (»Wir sehen uns wieder, Dämonenjäger. Bis dahin bleiben Sie mir aus den Augen!«)
... Asmodis, Fu Long, Merlin, Tendyke, die Peters-Zwillinge, Gryf und Teri, Madame Claire und William, die Blauen Städte, das Tal der Loire, die Schwefelklüfte ...
Immer schneller wurde der Sturm aus Bildern, Gefühlen, erinnerten Gerüchen und Geschmäckern. Zamorra war, als spüre er Nicoles warmen, nackten Körper unter dem seinen, nur um im nächsten Sekundenbruchteil Lucifuge Rofocales ledrige Hand an seiner Kehle zu wissen, die genauso schnell und folgenlos verschwand. Eben stand er vor dem Spiegel des Eskil, dann in seinem heimischen Fitnessraum. Sein ganzes Leben, so schien es, lief im Zeitraffer vor seinem geistigen Auge ab, und es gab nichts, was er dieser
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