Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
0974 - What happens in Las Vegas...

0974 - What happens in Las Vegas...

Titel: 0974 - What happens in Las Vegas... Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anika Klüver und Simon Borner
Vom Netzwerk:
auch immer das heißen mochte. Eine Brille, die für das schmale Gesicht viel zu breit schien. Das Konzept Unsicherheit schien dem schlaksigen Knaben regelrecht ins Antlitz gemeißelt zu sein, doch hinter den Glasbausteingläsern in seinem Nasenfahrrad sah Zamorra zwei hellwache, intelligente Augen.
    Ein Nerd. Einer von denen, die in Schultagen vermöbelt werden, weil sie sich statt für Sport und Alkohol für Science Fiction und Mathe interessieren. Er schmunzelte. Aber sowie sie das College hinter sich haben, gehört ihnen die Welt. Weil sie den Grips und die Visionen mitbringen, die all den Muskelmännern, die ihnen das ganze Teenageralter hindurch die Mädchen ausgespannt haben, fehlen.
    Was sonst sollte er sein? Wer sonst setzte sich bei einem Fest wie diesem absichtlich fern von der feiernden Meute in die Einsamkeit und…
    »Was machst du da eigentlich?«, fragte Zamorra.
    Der Junge hob das iPad, das auf seinem Schoß lag, und drehte den Monitor in Zamorras Richtung. »Falling Skies gucken. Kennen Sie die?«
    Der Professor sah auf ein Standbild eines Filmes oder einer Serie und schüttelte den Kopf.
    »Ist ’ne neue SF-Serie«, erklärte sein jugendlicher Gesprächspartner, als hätte er nichts anderes erwartet. »Kann aber nichts, wenn Sie mich fragen. Spielberg bringt’s nicht im Fernsehen.«
    Zamorra nickte ohne zu verstehen. »Du hast die Besucher als Spinner bezeichnet«, lenkte er das Gespräch in Bahnen, die ihn weit mehr interessierten. »Daraus folgere ich, dass es dir hier nicht gefällt. Richtig?«
    Ein Schnauben. »So kann man das auch sagen.«
    »Weshalb bist du dann gekommen?«
    Der Junge zögerte. Dann hob er den Blick und deutete in Richtung Campinggelände. »Wissen Sie, weshalb die alle hier sind? Worum es hier geht?«
    »Ehrlich gesagt nur grob. Mit diesem Festival habe ich mich bislang nie beschäftigt. Irgendwas mit Freiheit?« Das war untertrieben, aber es schadete sicher nicht, den Knaben am Reden zu halten. Zamorra war gekommen, um Hintergründe zu recherchieren. Da mochte jeder eine Quelle sein.
    »Der Burning Man ist so ’ne Mischung aus Party und innerer Heilung«, begann der Junge. »Klar, inzwischen kommen die meisten zum Trinken und Ausflippen her, wie überall, aber in seinem Kern dient dieses Festival höheren Zwecken. Wenn am letzten Abend der Burning Man verbrannt wird, sollen die Feiernden ihre Sorgen, Ängste und Probleme in seinem Feuer vergehen lassen und gestärkt nach Hause zurückkehren. Ihren Seelenballast loswerden.«
    Irgendwie gefiel Zamorra dieses Konzept: Menschen, die sich für einige Tage im Jahr eine Auszeit von ihrem Leben gönnten, ins absolute Nirgendwo fernab von jeglicher Zivilisation reisten und dort zu sich selbst zu finden hofften. Er fragte sich, ob der junge Nerd dort vor ihm auch Probleme mit sich herumtrug. Höchstwahrscheinlich, sofern seine vorhin unternommene Einschätzung seines Lebens zutraf.
    »Und du?«, fragte er ihn leise. »Hast du auch Seelenballast, den du hierlassen möchtest?«
    Der Junge schwieg, sah stur geradeaus.
    In der Ferne zeichneten sich die ersten Ausläufer der Black Rock Range ab, einer Gebirgskette, die die Wüste in nördlicher Richtung begrenzte. Die Luft flirrte vor Hitze, wie in seiner Todesvision. Zamorra sah Geier am blauen Himmel kreisen, Kondensstreifen von Flugzeugen, Sand und Steine. Und er sah…
    Auf der ebenen Fläche zwischen dem Burning Man und den Bergen am Horizont bewegte sich plötzlich etwas. Etwas Helles. Zamorra kniff die Lider enger zusammen und konnte tatsächlich Details ausmachen. »Ein Mann. Glaube ich. Er… Er scheint aus den Bergen zu kommen.«
    »Allein?« Der Kleine klang ungläubig. »Mitten in der Wüste? Ich seh nichts.«
    »Gut möglich, dass er Hilfe braucht.«
    Zamorra wollte gerade vorschlagen, die Sanitäter zu informieren, als etwas ihn stutzen ließ. Er hatte kurz zu dem Jungen geblickt, doch nun, da er wieder in die Ferne schaute, war ihm, als sei der Mann binnen dieses kurzen Augenblicks mehrere Hundert Meter näher gekommen.
    Unmöglich.
    Merlins Stern wurde warm.
    »Kleiner?«, sagte Zamorra leise und ballte die Hand zur Faust. »Nichts für ungut, aber wenn ich du wäre, würde ich von hier verschwinden. Sofort!«
    ***
    Der Angriff stand unmittelbar bevor. Er spürte es mit jeder Faser seines Körpers - und mit seinen übersinnlichen Sinnen. Merlins Stern auf seiner Brust, dem er längst freie Fahrt gewährt hatte, reagierte entsprechend.
    Professor Zamorra sah sich um,

Weitere Kostenlose Bücher