0977 - Gefahr für die Blaue Stadt
riesengroße Privatgrundstück anschloss. Mit einer Schnelligkeit, die ihm niemand zugetraut hätte, rannte er auf einen Mann zu, der, in einen schwarzen Anzug gekleidet und mit weißen Handschuhen bestückt, unschwer als Butler zu erkennen war.
Einige Meter vor dem glatzköpfigen Butler blieb der Alligator stehen, riss sein mit rasiermesserscharfen Zähnen versehenes Maul auf und fauchte laut.
Zamorra kannte sowohl den Butler als auch die Echse. Aus Erfahrung wusste er, was gleich folgen würde.
Butler Scarth ließ sich nicht groß bei seiner Arbeit stören. Er blickte den Alligator an und schüttelte den Kopf, während der Alligator ein zweites Mal fauchte. Die großen dunklen Augen stachen aus dem Gesicht des Mannes hervor, das an einen Totenkopf erinnerte.
»Ich möchte einmal erleben, dass wir dich satt bekommen, du Untier«, sagte Scarth. Seine Stimme hörte sich dabei sowohl steif-vornehm als auch tadelnd an; eine ebenso seltene wie außergewöhnliche Mischung. Zamorra schmunzelte, Scarth benahm sich als wäre er der Zwillingsbruder von William, Zamorras eigenem Butler.
Dann bewegte Scarth sich zwar rasch, aber ohne seine vornehme Steifheit und Würde abzulegen, zum Haus. Schon nach wenigen Sekunden kehrte er zurück und hielt eine Schüssel in den Händen.
Den Inhalt der Schüssel, blutverschmierte Fleischbrocken, leerte er am Ufer des Sees aus, ohne dass auch nur ein Tropfen auf die weißen Handschuhe kam. Die Panzerechse, Old Sam genannt, machte sich sofort über die »Beute« her und verschlang sie innerhalb kurzer Zeit. Danach drehte er sich um, begab sich wieder in den See und schwamm davon, ohne auch nur Notiz von den Menschen zu nehmen.
Zamorra lächelte, er hatte dieses Ritual schon oft gesehen, dennoch faszinierte es ihn jedes Mal aufs Neue.
Old Sam war ein alter Alligator und alles andere als gefährlich, obwohl er wild und hungrig aussah, wenn er sein Maul aufriss. Er genoss es, wenn er die Swimmingpools unsicher machte und danach Fleischstücke bekam, die man ihm zuwarf und die er dann genüsslich verschlang. Danach zog er wieder seiner Wege und wurde für Tage oder Wochen nicht mehr gesehen.
Würdevoll bewegte sich Scarth mit der nun leeren Schüssel auf einer Hand zurück in die Küche. Chang, der Koch des Firmeneigentümers der Tendyke Industries, wartete schon ungeduldig darauf, dass er sein Kücheninstrument zurück erhielt.
Professor Zamorra lehnte sich entspannt in seinem Liegestuhl zurück, er genoss den Sonnenschein und die leichte Brise, die von Süden her kam und die Schwüle vertrieb. Er nippte an seinem Rebensaft und blickte von seiner Gefährtin Nicole Duval zu Robert Tendyke und dessen Freundin Monica Peters, die sich im Swimmingpool erfrischten.
Als er das Glas mit dem kalifornischen Wein wieder auf das Beistelltischchen stellte, erinnerte er sich an die Ereignisse der letzten Tage. Er schaute gleich nach, ob auf der Flasche nicht Château Soufre 1966 stand.
Andre Goadec, Zamorras größter Weinbergpächter, hatte vor zwei Wochen Besuch von einer Dame erhalten, die ihm einen ganz erlesenen Tropfen für das Fest schenkte. Damit hatte er den Abschluss der Bauarbeiten feiern wollen, die im kleinen Dorf zu Füßen des Château stattgefunden hatten. Es hatte vor einiger Zeit ein großes Feuer im Ort gegeben, bei dem mehrere Häuser zerstört wurden. Goadec war völlig begeistert von dem Wein, er konnte ja nicht ahnen, dass der gute Tropfen dämonisch behandelt war. Denn bei der Dame hatte es sich um Stygia gehandelt, die ehemalige Herrscherin der Hölle. Sie hatte die Gestalt eines Engels angenommen und die Dorfbewohner aufgestachelt, die Bewohner des Châteaus anzugreifen.
Die besessenen Bewohner des Dörfchens unterhalb von Zamorras Schloss, Château Montagne, hatten sich also auf den Weg gemacht, was nicht lange unbemerkt blieb. Hier zeigte sich natürlich die Schwachstelle von Stygias Plan. Nicole und William hatten die Dorfbewohner mittels der Betäubungsfunktion der E-Blaster ausgeschaltet, während Stygia und ihr Helfer Sergol angriffen. Nach Abwehr des Angriffs hatte Zamorra ein wirksames Heilmittel gegen die Besessenheit entwickelt.
Danach nahmen sie die Einladung von Robert Tendyke an, wieder einmal einige Tage Urlaub auf seinem Grund und Boden zu machen.
Sie befanden sich seit gestern in Ten-dyke’s Home, einem eineinhalbstöckigen Haus in Bungalowbauweise auf einem sehr großen Privatgrundstück im Dade County an der Südostspitze Floridas. Hinter dem
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