0977 - Gefahr für die Blaue Stadt
zusammenhing.
»Vielleicht keine Äpfel«, überlegte Zamorra laut und knetete gedankenverloren sein Kinn. Er schüttelte den Kopf, die Idee, die ihm gerade kam, erschien ihm im höchsten Maße absurd.
»Sondern?«
»Möglicherweise Tränen ?« Der Parapsychologe wusste genau, wie seine Vermutung auf seinen Freund wirken musste. Und wirklich, Robert Tendyke blickte ihn an, als hätte er den Verstand verloren.
»Tränen?«, echote der Firmeneigentümer, dabei zog er das Wort ungewöhnlich lang. »Wie kommst du von Äpfel auf Tränen?«
»Tränen«, bestätigte Zamorra.
»Du spinnst!«, entfuhr es Tendyke. »Wer sollte die wohl geweint haben?«
»KAISER LUZIFER«, erklärte Nicole Duval. Sie und Monica Peters hatten den Pool verlassen, waren unbemerkt hinter die beiden Männer getreten und hatten ihrem Gespräch zugehört.
Tendyke kniff die Augen leicht zusammen und blickte Duval an, als wollte er sie erdolchen. Seine Finger vollführten einen leichten Trommelwirbel auf der Armlehne des Liegestuhls.
»Wir befanden uns vor ein paar Wochen auf einen Notruf von der Reporterin Paula Vâsquez hin in Kolumbien«, erklärte Nicole. »Dort trafen wir erneut auf Richard Devaine und den verstorbenen kolumbianischen Soldaten Velasco und wurden von den Kriegern der letzten Morgenröte über einige Ereignisse der Vergangenheit aufgeklärt.«
»Krieger der letzten Morgenröte…«, überlegte Tendyke laut und schüttelte den Kopf. »Von denen habe ich noch nie gehört.«
Aber die anderen drei Personen waren ihm ein Begriff.
»Vielleicht kennst du sie unter der Bezeichnung das verfluchte Volk«, hoffte Zamorra. Er wurde nicht enttäuscht. Tendyke hob die Augenbrauen an und nickte.
»So wurden sie noch im 17. Jahrhundert genannt, als ich unter dem Namen Robert deDigue in Haiti und Louisiana lebte«, erklärte der Unternehmer. »Davor war ich einige Monate in Südamerika unterwegs.«
Zamorra nickte, er kannte den größten Teil von Tendykes Lebensgeschichte. Roberto wurde 1495 in Tours als Kind der Zigeunerin Elena und des Erzdämons Asmodis geboren. Danach trieb er sich unter den Namen Robert deNoir, de Blanc, deDigue oder van Dyke zumeist in Mittelamerika herum. Damals legte er den Grundstein für sein inzwischen weltweit umspannendes Firmenimperium.
»Als wir auf die Krieger der letzten Morgenröte trafen, erzählte uns deren Hohepriester Jim die Geschichte von den vergossenen Tränen LUZIFERS«, führte Duval den Faden weiter. »Allerdings kenne ich die Story schon, seit dem Tag an dem die Hölle unterging.«
»Jim?« Deutlich war Tendykes Unglauben zu bemerken. »Ein sehr kolumbianischer Name!«
Nicole lächelte und nickte. »Es ist eine Abkürzung, so haben ihn seine Kommilitonen in Harvard genannt. Seinen indianischen Namen fanden sie wohl etwas zu exotisch und zu schwer auszusprechen.«
»Ein Hohepriester in Harvard«, murmelte Robert und schüttelte wieder den Kopf. »Das muss ich jetzt aber nicht verstehen.«
»Unterbrich Nicole doch nicht immer«, tadelte Monica Peters. »Sie könnte mit ihrem Bericht schon fertig sein.«
Erneut sah Tendyke aus, als hätte er in eine Zitrone gebissen. Er sagte nichts, stattdessen machte er eine Bewegung, dass Nicole weiterreden sollte.
»Die Legende der Krieger besagt, dass der Teufel weinte, als er aus dieser Welt vertrieben wurde, und diese Tränen wurden im gesamten Kosmos verteilt, wobei sie die unterschiedlichsten Erscheinungsformen annahmen. Manche von ihnen glichen den Dingen aus der Menschenwelt. Es passierte eine Art kosmische Katastrophe - die Überlieferungen sind da sehr vage -und eine Träne wurde zerstört. Ein Teil von ihr landete mitten im Dschungel, der andere ungefähr hundert Kilometer davon entfernt«, sagte Duval.
»Im Zentrum der heutigen Sphäre«, vermutete Tendyke.
»Je mehr das Böse jenen Ort infizierte, desto mehr wuchs auch das magische Potenzial der Menschen des verfluchten Volkes«, fuhr die Französin fort. »Doch es war eine andere, weiße Magie. Und irgendwann lernte das verfluchte Volk, diese Kräfte zu beherrschen und das Böse in Schach zu halten.«
»Vor knapp 210 Jahren, Ende des Jahres 1801, kam der deutsche Forscher Friedrich Dörfler während einer Art Grabräuber-Expedition in dieses Gebiet«, setzte Zamorra den Bericht fort. »Dörfler und seine Leute drangen einfach in den Lebensbereich des verfluchten Volkes ein und benahmen sich, als gehörte ihnen alles. Nachdem Dörfler und seine Begleiter sogar einen von ihren eigenen
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