0980 - Die Rächerin
hatte. Ich kam sicher auf. Unter meinen Füßen spürte ich das Holz der Bahn, das den Unterbau dieser Attraktion bildete.
Es war nicht völlig finster. Die Notbeleuchtung brannte. Sie kam mir so fern vor wie rötlichgelbe Sterne.
Ich fand eine Wand, gegen die ich mich drückte. Allmählich kam ich wieder zu Atem. Für mich war wichtig, Shao zu befreien. Dass es nicht so einfach sein würde, stand für mich fest, sonst hätte ich Suko schon hinter der Wand gesehen.
Ruhig war es nicht. Als vor mir die nächste Nebelwolke aus einer Bodendüse quoll, erschien wieder ein Wagen. Ein junges Paar saß darin. Das Mädchen hatte sich fest an ihren Begleiter geklammert, der aufrecht saß und keine Furcht zeigte.
Bis zu dem Augenblick, als er mich entdeckte. Ich musste ihm wie eine Gestalt aus dem Reich der Finsternis vorgekommen sein. Er merkte sofort, dass ich echt war, und auf einmal fing er an zu bibbern und bekam schrecklich Angst.
Ich drehte mich um. Mein Weg führte mich in Richtung Notbeleuchtung. Irgendwo musste es einen Eingang geben, durch den ich in diesen verdammten Harem gelangte. Jede Sekunde, die verging, brachte Shao neue Qualen. Aber ich würde auch vorsichtig sein.
Der Weg in die Falle?
Ich tastete mich vorsichtig durch diese diffuse Öffnung. Die Beretta hatte ich bereits in den Hosenbund gesteckt, um sie im Notfall schneller ziehen zu können.
Der war noch nicht eingetreten, aber die Gefahr lauerte sicherlich in meiner unmittelbaren Nähe.
Ich holte die kleine Lampe hervor. Auch wenn ich ein Ziel abgab, das war mir jetzt egal. Ich wollte und musste einfach mehr sehen und nicht wie ein Narr durch die Finsternis tappen Ich leuchtete nach links. Dort sah ich einen Widerstand. Eine Wand ragte dort in die Höhe. Sie war aus Holz gebaut, und sie musste zu diesem Harem gehören.
Wo steckte Suko?
Dieser Gedanke ließ mich einfach nicht los, während ich die Wand ableuchtete, um endlich eine Tür oder einen anderen Durchschlupf zu finden.
Sie war auch da. In die Wand integriert und kaum zu erkennen.
Nur an den Rändern zeigte sich ein schwaches Licht. Ich leuchtete tiefer. Eine Klinke hatte die Tür nicht, sondern einen Knauf.
Ich drehte ihn. Die Tür ließ sich öffnen.
Noch einmal schaute ich zurück in das Dunkel. Aus ihm löste sich kein Feind oder keine Feindin. War ich wirklich allein?
Egal, ich musste etwas tun, zog die Tür auf und betrat den Harem des Schreckens…
***
Suko hatte seine Partnerin natürlich gesehen, und er war wie vor den Kopf geschlagen gewesen. Er wünschte sich, einer Täuschung erlegen zu sein, wusste aber im selben Moment, dass dies nicht der Fall war. Er hatte sich nicht geirrt. Die Frau, die dort mit dem Kopf nach unten hing, war seine Shao gewesen. Daran gab es nicht den geringsten Zweifel. Und sie war für ihn und auch für John aufgehängt worden, damit die beiden sahen, wie gut die andere Seite war.
Die Fahrt war für Suko ein Fluch. Er brauchte Zeit, er wollte nachdenken, aber er wusste auch, dass er beides so schnell nicht bekommen würde. Keine Zeit, kein Nachdenken, der Wagen transportierte ihn weiter, und auch der künstliche Nebel konnte seine Erinnerungen nicht verdrängen.
Die Tür war offen. Der Harem lag hinter ihm. Der Nebel bildete Wolken, und bewegte sich dabei sehr schnell. Zu schnell für träge Wolken.
Genau das machte Suko misstrauisch. Er schnellte hoch, obwohl der Wagen noch immer fuhr. Suko wusste, dass er ihn so rasch wie möglich verlassen musste.
Das Ding war eng. Er konnte sich nicht so bewegen, wie er wollte.
Zudem nahm ihm noch der Nebelstoß einen großen Teil seiner Sicht. Aus ihm hervor glitt der Schatten mit dem Schwert.
Suko wurde in dem für ihn ungünstigsten Augenblick erwischt, als er stand und so gut wie wehrlos war.
Der Schatten schlug zu. Suko sah den Stahl noch blitzen, dann erging es ihm wie Shao. Die Schwertklinge hämmerte wuchtig gegen seinen Kopf. Sie löschte sämtliche Gedanken bei ihm aus. Sein Wille schwamm plötzlich davon. Er merkte noch, wie er nach vorn kippte, aber da rutschte er schon in die schwarzen Wogen hinein oder in die auffangbereiten Arme einer gewissen Ornella, auf deren Gesicht der blanke Triumph leuchtete…
***
Ich stand im Harem.
Noch immer hielt ich mich nahe der Tür auf. Von den Fahrgästen in den draußen vorbeirollenden Wagen würde ich wahrscheinlich nicht gesehen werden, aber ich sah sie ebenfalls nicht, denn die Wand war keine normale Scheibe, sie war auch kein Spiegel, sie war
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