0981 - Der Fluch des alten Kriegers
Menschen in sein Sichtfeld gerieten. Das klappte im Sommer gut, wo die Vorgärten dicht bewachsen waren.
Unsichtbar hätte er sich gern gemacht. Das aber hatte er damals Yakup überlassen müssen, denn er war der Besitzer der Ninja-Krone. Camacho stellte sich zwangsläufig die Frage, wer die Krone wohl jetzt in seinem Besitz hatte.
Ideal wäre es gewesen, wenn er sie hätte nehmen können, ebenso die heilenden Handschuhe. Vielleicht würde ihm das noch gelingen. Zuerst aber mußte er von Yakup Abschied nehmen. Das war er seinem Freund einfach schuldig.
Sie hatten sich nicht zu lange gekannt, doch ihre Freundschaft war sehr intensiv gewesen. Da hatte der eine dem anderen vertrauen können.
Später hatten sich ihre Wege dann getrennt, die Verbindung aber war noch geblieben. Als Yakup eine Frau kennen und lieben gelernt hatte, da war auch von jenseits des Atlantiks eine Gratulation gekommen.
Camacho wußte auch, daß es nicht unbedingt gut war, wenn der Mensch zu lange allein blieb. Irgendwann mußte auch ein Mann wie Yakup einmal zur Ruhe kommen.
Jetzt war er zur Ruhe gekommen. Aber zur ewigen, und dem Apachen stand ein Abschied bevor.
Die Conollys waren sein Ziel, und das hatte er beinahe erreicht. Er hielt sich bereits in der unmittelbaren Nähe ihres Hauses auf, stand aber nicht direkt vor dem Grundstück. Er hatte sich für die andere Straßenseite entschieden, von der er aus schräg über die Fahrbahn auf das Haus schaute. Er sah auch, daß es elektronisch bewacht wurde, denn die Conollys hatten eine Videokamera installiert. Vielleicht auch eine zweite oder dritte an anderen Stellen versteckt.
Camacho wurde von einer Hecke gut geschützt. Er nahm den feinen Geruch der weißen Rosen auf, die zur Zeit blühten. Die am Himmel stehende Sonne blendete, aber die Blätter der Hecke filterten auch einen Teil dieses Lichts.
Er mußte ins Haus und mit jemandem reden. Auf seine spezielle Art und Weise würde er es versuchen. Dabei kam ihm zugute, daß er sich selbst fast wie ein Schatten bewegen konnte. Das hatte er in der Wildnis gelernt, die für ihn ein perfekter Lehrmeister gewesen war.
Manchmal hat der Mensch Glück. Auch der Apache konnte sich zu den Glücklichen zählen, denn er sah die beiden Radfahrer auf der Straßenmitte. Jungen, dem Kindesalter entwachsen, aber noch nicht erwachsen. Der Krieger dachte daran, daß die Conollys einen Sohn in dem Alter hatten. Er vermutete, daß einer der beiden Jungen dieser Johnny Conolly war.
Die beiden fuhren langsamer, als sie sich dem Haus der Conollys näherten. Sie sprachen, sie lachten, sie schlugen sich auch gegenseitig auf die Schultern. Der Junge mit den etwas helleren Haaren bremste und stemmte seine Beine in den Boden.
»Kommst du denn heute gegen abend, Johnny?« rief der andere, der noch einige Meter weiter gefahren war und erst dann anhielt.
»Ja. Um sieben.«
»Genau.«
»Bis dann.«
Der andere radelte weiter. Johnny blieb zurück. Er stieg nicht mehr in den Sattel, er schaute sich aber um -und sah in diesem Augenblick, daß Camacho den schattigen Schutz der Rosenhecke verließ und ihn vom Gehsteig her anschaute.
Johnny war irritiert.
Camacho merkte dies. Er hatte sich schon Sekunden zuvor auf den Jungen konzentriert. Jetzt hoffte er, daß ihn seine Gabe nicht im Stich ließ, denn er wollte Johnny hypnotisieren.
Der Kontakt war da.
Und Johnny wurde überrascht. Er hatte den Mann zwar gesehen, der auf ihn zukam. Er war auch über sein Aussehen etwas verwundert, aber als gefährlich hatte er ihn nicht eingestuft. Plötzlich aber veränderte sich etwas im Gesicht des Mannes. Johnny spürte den bösen Blick auf sich gerichtet. Anders konnte er sich die Veränderung nicht erklären, die mit dem Fremden vorging. Die Augen waren nicht mehr die gleichen. Für Johnny waren sie sehr groß geworden, und sie glitzerten wie kaltes Feuer.
»Komm her!« Der Fremde hatte nur leise gesprochen, doch in Johnnys Kopf hatten die Worte nachgehallt.
Und er gehorchte. Camacho lächelte, als er sah, wie einfach es für ihn gewesen war, den Jungen unter seine Kontrolle zu bekommen. Er hatte ihn auch auf dem falschen Fuß erwischt, denn Johnny hätte mit einer derartigen Begegnung nie und nimmer rechnen können, und er war deshalb auch nicht auf sie vorbereitet gewesen.
Er ging auf den Fremden zu und blieb so nahe vor ihm stehen, daß er ihn genau verstehen konnte, auch wenn der andere flüsterte.
»Du bist Johnny Conolly?«
»Ja.«
»Ich bin ein Freund.«
»Das
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