0983 - Schwingen des Verderbens
würde die Hölle mitsamt seiner Sippe verlassen.
An einem anderen Ort, in einer anderen Dimension würden sie sicher sein.
Hoffte er.
***
Das Aufwachen wurde von kaum zu ertragenden Schmerzen begleitet. Statt schwarzem Blut schien glühende Lava durch ihre Adern zu rinnen und sich einen alles zerstörenden Weg zu bahnen. Die Kopfschmerzen waren dermaßen unerträglich, dass sie weder etwas zu sehen vermochte, noch zu einem klaren Gedanken fähig war.
Als sie instinktiv versuchte, mit den Händen ein neues magisches Netz zu weben, schoss erneut rasender Schmerz durch ihre Nervenbahnen. Sie hörte lautes Stöhnen und Heulen, war sich aber nicht bewusst, dass es aus ihrem Mund stammte.
Sie wälzte sich auf dem Boden, Arme und Beine wurden von Krämpfen geschüttelt.
Nach einer ihr endlos lang erscheinenden Zeit hatte das Martyrium ein Ende. Sie fühlte sich so schwach, dass sie zu keiner Bewegung fähig war.
Sie wusste noch nicht einmal mehr ihren Namen.
Stimmen drangen an ihr Ohr. Zuerst konnte sie nicht verstehen, was gesagt wurde, doch schon nach kurzer Zeit war sie wieder soweit, dass sie das Gesagte verarbeiten konnte.
»Die Kleine war vielleicht ein harter Brocken«, zischte die erste Stimme. »Selbst nachdem der Magiekokon entfernt war, hat sie sich noch bis zuletzt gewehrt.«
»Ist das nicht die Tochter von Vassago?«, brummte jemand anderes. »Diese… Ich-darf-das?«
»Heißt die nicht Kassandra?«, sagte ein Dritter, dessen Aussprache von einem steten Grunzen begleitet wurde.
»Ich-darf-das klingt aber besser«, beharrte der Zweite auf seiner Meinung.
»Wenn du meinst, aber Kassandra gefällt mir besser.«
Genau, Kassandra lautete ihr Name. Ich-darf-das wurde sie oft genannt, weil sie Verbote immer nur auf die anderen bezog und nicht auf sich selbst. Wenn ihr vorgehalten wurde, dass auch sie sich an gewisse Vorschriften zu halten hatte, antwortete sie stets mit: »Ich darf das!« Das gefiel selbstverständlich nicht jedem ihrer Mitdämonen, aber ihr war es bisher egal gewesen solange sie das bekam, was sie wollte.
Kassandra fühlte sich hochgehoben und gegen die Felswand gedrückt. Trotz ihrer wackeligen Beine blieb sie dort stehen, fixiert von der Kraft ihrer Peiniger, der sie nichts entgegenzusetzen hatte.
Langsam nur gelang es ihr, die Augen einen Schlitz weit zu öffnen. Anhand der Stimmen hatte sie schon einen Verdacht gehabt, wer sie angegriffen hatte, aber jetzt wusste sie es genau.
Das sind doch Corr!
Nun wusste sie auch, weshalb ihre Abwehr nicht richtig funktioniert hatte. Kassandra hatte in den Magiekokon einen Bannzauber gelegt, der ihren Angreifern jede Menge Kraft raubte. Vampire, Werwölfe oder Ghouls hätte der Bannzauber verbrannt, aber Corr waren extrem widerstandsfähig.
Die Corr waren eine Dämonensippe von eingeschlechtlichen Wesen, die die Schwerkraft manipulieren konnten. Sie hatten einst in der Höllenhierarchie mit an höchster Stelle gestanden, sowohl von den Fähigkeiten her, als auch in Sachen Höllenpolitik waren sie trotz ihrer geringen Anzahl sehr mächtig gewesen.
Corr der neuen Generation sahen Menschen ähnlich und hatten bis vor Kurzem der Urgestalt ihrer Art abgeschworen, doch seit Zarkahr das Oberhaupt der Sippe war, sorgte er dafür, dass immer mehr von seinen Leuten diese Urform mit Schweif und Hörnern, ledriger brauner Haut sowie ebensolchen Schwingen wieder annahmen.
Als Kassandra klarer denken konnte, erkannte sie, dass die Corr das Zeichen der Verbannten trugen, was bedeutete, dass Zarkahr die drei aufgrund gewisser Vorkommnisse aus seiner Sippe ausgeschlossen hatte.
Bei diesen Verfehlungen konnte es sich nur um Vergehen gegen die Corr im Allgemeinen oder Zarkahr im Besonderen handeln. Die meisten anderen Übertretungen wurden ansonsten stillschweigend geduldet. Und dabei konnten die drei von Glück reden, dass Zarkahr sie nicht vernichtet hatte. DER CORR, wie er sich selbst nannte, war seinen Feinden gegenüber kompromisslos bis zur Selbstzerstörung. Eher hätte er sich töten lassen, als einem Feind nachlässig gegenüberzutreten.
»Sieh an, unser Schätzchen ist schon wach«, höhnte der zweite, der auf dem Namen Ich-darf-das beharrte. »Wie geht es dir, mein Liebes? Haben wir dir wehgetan?«
Er lachte keckernd, gerade so, als hätte er einen guten Witz erzählt. Seine Kameraden fielen in das Grölen ein und bedachten Kassandra mit wenig schmeichelhaften Bezeichnungen. Die Dämonengöre schwankte zwischen Angst vor den Corr und Zorn
Weitere Kostenlose Bücher