0986 - In den Fängen der Nacht
hatte sich deshalb mit uns in Verbindung gesetzt, und nun suchten wir sie gemeinsam auf der Insel Guernsey, denn hier sollte die Redaktion der Zeitschrift ihren Sitz haben. Noch hatten wir sie nicht gefunden, aber wir waren entschlossen, ihr noch an diesem Tag einen Besuch abzustatten.
»Und du bist wieder völlig okay?« wollte Suko von unserem Freund wissen. »Es hängt dir nichts mehr nach?«
»Momentan nicht«, gab Barry F. leise zurück. »Wirklich nicht. Ich komme selbst kaum damit zurecht, aber es ist so geschehen. Mir hängt tatsächlich nichts nach, und ich bin auch der Ansicht, daß man mich nicht hat verbrennen wollen.«
»Was dann?«
Er hob die Schultern. »Eine Warnung, Suko.« Der Blick seiner Augen wurde Nachdenklich. »Oder ein Versuch, mich auf die andere Seite zu ziehen und mich dort zu integrieren.«
»Meinst du wirklich?«
»Ich weise es nicht von der Hand. Vielleicht könnte ich ihr sogar behilflich sein.« Er lächelte plötzlich, aber es sah kantig aus. »Nicht jeder ist schließlich in der Lage, einen Zweitkörper zu produzieren und ihn noch in eine andere Gestalt hineinwachsen zu lassen. Ich bin dann nicht mehr Barry F. Bracht, sondern Zebulon, jemand, der durchaus etwas bewegen kann auf einer Ebene, die den meisten Menschen fremd ist. So und nicht anders sehe ich die Dinge.«
Da konnte er recht haben. Bracht war zwar nicht einmalig, was die Produktion des Astralleibs anging. Vor kurzem erst hatte ich schreckliche Dinge durchlitten, was dieses Thema anging, als die Conollys in die Klauen eines von einer Schamanin produzierten Astralleibs gerieten, aber Barry war anders. Er durchwanderte die Traumwelten, und er war auch in der Lage, dort etwas zu verändern.
Er konnte mit Feinden kämpfen und sie zerstören. Das allein zählte.
»Fest steht«, sagte Suko, »daß die andere Seite genau weiß, wo wir uns aufhalten. Sie hat schon etwas unternommen, und es wirft natürlich die Frage auf, ob wir es auf diesem Eiland nur mit einer oder mit mehreren Personen zu tun haben, die sich zum Kreis der Kreaturen der Finsternis zählen. Was meint ihr?«
»Diese Frau ist nicht allein!« erklärte ich. »Nein, daran kann ich nicht glauben. Wenn wir davon ausgehen, daß wir die Redaktion der Zeitschrift Hades suchen, glaube ich fest daran, daß sie Mitstreiter hat, die für sie arbeiten.«
»Die Artikel schreiben«, konkretisierte Barry.
»Genau das.«
»Und weiter?« fragte Suko.
Ich hob die Schultern. »Es ist nichts weiter zu sagen. Wir brauchen mehr Informationen. Das setzt Hilfe voraus, da wir ja fremd auf der Insel sind.«
»Wer sollte uns denn helfen können? Die Polizei? Unsere Kollegen hier?«
»Nein, Suko, das glaube ich nicht. Ich denke da eher an den Hotelier.«
»Falaise?«
»Er kennt sich aus. Typen wie dieser Mann stecken ihre Nasen überall hinein. Er wird die Insel kennen wie seine Westentasche. Bevor wir uns auf den Weg machen, werde ich ihm auf den Zahn fühlen. Wartet hier im Zimmer auf mich.«
»Es ist zumindest eine Chance«, gab Suko zu. In seiner Stimme schwang keine Begeisterung mit.
»Gut, wir warten dann auf dich«, sagte Barry F. Bracht.
»Was willst du ihn denn fragen, John?«
»Bestimmt nichts über die Kreaturen der Finsternis. Zumindest erwähne ich das Thema nicht offen. Ich werde versuchen, mehr über die Zeitschrift und deren Redaktion herauszufinden. Er wird sie kennen, das glaube ich, und ich bin gespannt, wie er zu ihr steht.«
Suko nickte. »Dann drücken wir dir die Daumen.«
Ich lächelte und ging zur Tür. Es war besser, wenn jemand bei Barry F. Bracht blieb. Schon einmal hatte es ihn urplötzlich getroffen. Wenn diese rätselhafte Feuerfrau wieder angriff, würde Suko sicherlich seine Dämonenpeitsche ansetzen, um das Feuer zu stoppen. Diesmal zumindest war er schlauer.
Ich stellte mir alles so simpel vor. Was tatsächlich dahintersteckte, konnte ich nicht mal ahnen…
***
Es gibt laute Hotels, auch ruhige, aber was ich in diesem Haus erlebte, das war schon eine Ruhe, die mir mehr als ungewöhnlich vorkam. Es mochte auch daran liegen, daß wohl niemand das Restaurant besuchte oder ein Bier trinken ging in der Gaststube, denn Stimmen oder das Öffnen sowie das Zufallen irgendwelcher Türen hörte ich nicht. Ich hatte das Zimmer verlassen, war auf den Flur hinausgetreten und schritt durch die dichte Stille, die nur von meinen eigenen Geräuschen unterbrochen wurde.
Die Treppe war eng. Es roch auch muffig im Treppenhaus. Ich überlegte, ob
Weitere Kostenlose Bücher