Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
0988 - Das Labyrinth von Eden

0988 - Das Labyrinth von Eden

Titel: 0988 - Das Labyrinth von Eden Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Adrian Doyle
Vom Netzwerk:
zwischen Schlaf und Tod ist simpel, befand Nele, als sie die Augen auf schlug. Schlaf endet. Der Tod hingegen…
    Sie wusste, dass es Ausnahmen von dieser Regel gab.
    Gerade sie wusste das, waren ihr im Laufe ihres langen Lebens doch Dinge untergekommen, die dem Durchschnitts-Sterblichen ewig verborgen bleiben würden.
    Sie hatte Begegnungen mit allerlei Gezücht gehabt: Menschen, die sich wie Ungeheuer benommen hatten, ebenso wie Ungeheuer - Dämonen! -, die sich darin gefallen hatten, harmlose Menschen zu imitieren, um bei passender Gelegenheit nur umso unmenschlicher zuzuschlagen.
    Streiflichtartig schossen Erinnerungen in ihr hoch, fielen aber ebenso schnell wieder ins Vergessen zurück.
    Gedämpftes Licht streichelte ihre Augen.
    Sie blinzelte und realisierte, dass sie auf dem Rücken lag, auf etwas Weichem. Vorsichtig richtete sie ihren Oberkörper auf, stützte sich auf die Ellenbogen.
    Fasziniert sah sie sich um.
    Sie lag auf einer kleinen Lichtung, die von dschungelartiger Wildnis gesäumt war. Zu allen Seiten erhoben sich hohe Bäume, deren ausladende Kronen ein grünes Dach formten, das weithin reichte, aber über ausreichend Lücken verfügte, um Licht bis zum Boden dringen zu lassen. Selbst über der Lichtung war der Blick zum Himmel verstellt, da sich die Äste der umstehenden Bäume hoch oben berührten. So entstand eine Art natürlicher Baldachin. Licht und Schatten schufen eine verwunschene Atmosphäre, die in Nele für keine Sekunde so etwas wie Angst oder auch nur Scheu aufkommen ließ.
    Nachdem sie sich an die Lichtverhältnisse sowie die Geräusche - etwa das Zwitschern von Vögeln - und Gerüche gewöhnt hatte, kam sie auf die Beine und ließ ihren Blick über ihre Umgebung, über Gras und Sträucher, schweifen.
    Erleichtert entdeckte sie nur ein paar Schritte entfernt Paul.
    Als sie bei ihm ankam, glaubte sie, er sei tot.
    Wieder einmal.
    In Kerak, nach der Berührung des entarteten Engels, hatte die endlose Sterbe- und Wiederauferstehungs-Schleife begonnen, in der Paul Hogarth seither gefangen war.
    Während Nele sich zu ihm hinunter bückte, sondierte ihr Blick auch die restliche Lichtung. Doch von den Salehs fand sie keine Spur.
    Ob sie den Übergang in diese Sphäre überhaupt mitgemacht hatten? Nele strapazierte ihr Gedächtnis, fand darauf aber keine Antwort. Als ihr eigenes Bewusstsein ausgesetzt hatte, waren Naru, Aun und Rami noch bei ihr gewesen. Dass sie jetzt nicht in Sichtweite waren, mochte alles Mögliche bedeuten. Nele hätte noch nicht einmal sagen können, wie lange die eigene Besinnungslosigkeit angedauert hatte. Ihrem Hunger- und Durstempfinden nach zu schließen konnte es noch nicht lange her sein. Aber wie verlässlich dieses Empfinden in ihrer gegenwärtigen Situation war, konnte sie nicht beurteilen.
    Ihre Fingerspitzen berührten erst Pauls Wange - warm! - und glitten dann weiter zu seinem Hals, tasteten nach der Schlagader - Puls!
    Tod als »zeitweilige Befindlichkeit« schied demnach aus.
    Nele rüttelte den ehemaligen Detective an den Schultern. Nach einer Weile fruchtete ihr Bemühen, Paul schlug die Augen auf.
    Er wirkte überrascht.
    »Hättest wohl lieber ein hübsches junges Mädchen gehabt, das dich wachküsst?«
    Paul verzog das Gesicht. »Du hast mich geküsst? Sag, dass das nicht…«
    »Beruhige dich. Es war nur eine Metapher.«
    »Pffff.« Theatralisch entwich die Luft aus seinen Lungen.
    »Idiot«, schnappte Nele.
    Paul stand lächelnd auf und klopfte sich unsichtbaren Schmutz von der Kleidung. Auf seinen sonst obligatorischen Trenchcoat verzichtete er schon seit ihrer Ankunft in Jordanien.
    »Hübsche Gegend«, sagte er. »Schön schattig. Wo sind die Kinder?«
    Es sprach für ihn, dass er ihre Abwesenheit auch sofort registriert hatte. Immerhin waren sie nicht aus rein egoistischen Gründen hier, sondern auch, um ihnen vielleicht eine Zukunft zu geben.
    Das aber hing von Faktoren ab, die sie bislang nicht ansatzweise überschauen konnten.
    Sie waren in einer Art tropischem Urwald gelandet. Nur Temperatur und Luftfeuchtigkeit schienen eher gemäßigt, sodass - bislang zumindest - keiner von ihnen beiden schwitzte.
    »Ich weiß es nicht. Als ich zu mir kam, waren wir beide allein.«
    »Das gefällt mir nicht. Wir wollten zusammenbleiben.« Seine Bemerkung war rhetorisch. Er drehte sich langsam um die eigene Achse. »Das ist Eden?«
    Nele zuckte mit den Achseln. »Zumindest scheint es der Ort zu sein, an den Nikolaus einst vorausging. Ob er wirklich das

Weitere Kostenlose Bücher