0988 - Die Magnetfrau
rauchte Grit nicht mehr. Dieser Vorsatz war nun gebrochen. Sie holte eine Packung Zigaretten aus dem Schrank, riß zitternd die durchsichtige Hülle ab und schleuderte ein Stäbchen heraus.
Sie steckte es zwischen die Lippen, gab sich Feuer und rauchte die ersten beiden Lungenzüge, was wegen der langen Entwöhnung in einem Hustenanfall endete.
Eines stand für die Frau fest.
In diesem Haus war nichts mehr so wie früher. Da ging einiges nicht mehr mit rechten Dingen zu. Sie fühlte sich wie in einer Falle. Belauert von unheimlichen Dingen, mit denen sie selbst nicht mehr zurechtkam.
Ein fliegender Topf. Bestecke, die in der Schublade tanzten. Das war absurd genug, aber es konnte auch erst der Anfang sein, denn sie wußte nicht, wie es weiterging.
Eine Person stand im Mittelpunkt.
Nicht sie, sondern Celia. Bisher hatte es wenig Probleme mit ihr gegeben. Das würde sich ändern, davon war Grit Wayne mehr denn je überzeugt.
***
Allein zu sein im eigenen Haus!
Davon träumten Menschen möglicherweise, aber Grit Wayne sah dies anders.
Sie wollte nicht allein sein, nur mußte sie es. Ihr Mann war nicht da, die Tochter würde erst in der Nacht kommen, wenn überhaupt, denn Grit hatte den Eindruck, als hätte sie ihre Tochter verloren, und zwar für immer.
Und nun die Einsamkeit!
Schrecklich. Denn sie wußte auch, daß sie so leicht keinen Schlaf finden würde. In ihrem Kopf erlebte sie ein gewaltiges Durcheinander. Da strömten Gedanken auf sie zu, die sie nicht einordnen konnte, weil sie so etwas von früher her nicht gekannt hatte.
Sie kam überhaupt nicht mehr damit zurecht. Auch die zwei Gläser Rotwein hatten ihr keine innere Ruhe gebracht.
Es gab eben Dinge im Leben, die mußte man hinnehmen, ohne sie erklären zu können.
Daß es aber ihr passierte, das wollte Grit nicht so leicht akzeptieren.
Immer die anderen, hieß es. Immer die anderen. Nie war man selbst an der Reihe, aber daß das Leben bestimmte Personen nicht ausschloß, hatte sie in den letzten Stunden durchlebt und erlitten.
Jetzt lag sie im Bett. Angezogen, den Blick zur Decke gerichtet. Es roch sogar nach Rauch im Schlafzimmer, denn sie hatte eine nach der anderen gequalmt.
Im Dunkeln wollte sie nicht liegen, weil sie sich dann fürchtete. Deshalb brannte die kleine Leuchte auf dem Nachttisch. Das leere Nachbarbett fiel dann aber erst recht auf.
Grit wünschte sich ihren Mann zurück. Nur würde der Wunsch nicht in Erfüllung gehen, denn Peter hatte in Frankreich zu tun. Sie hätte ihn anrufen können, aber sie wußte nicht mal, ob sie ihm dann auch von den unerklärlichen Vorgängen berichtet hätte. Peter hätte sie sicherlich ausgelacht. Das hätte sie nicht ertragen. Die Vorgänge hatte sie erlebt, auch gespürt. Auf ihrer Stirn klebte jetzt ein Pflaster, das die Schramme verdeckte. Die Kopfschmerzen waren zum Glück verschwunden, doch einschlafen konnte die Frau nicht. Wach und angezogen lag sie auf dem Bett, und die Furcht brannte in ihrem Körper.
Sie schluckte nervös, und das Atmen fiel ihr schwerer als sonst. Die Gedanken kreisten wieder um Celia, die von ihr und Peter aufgezogen worden war wie ein leibliches Kind. Celia war adoptiert worden als Zweijährige. Von diesem Zeitpunkt an war sie immer wie ein eigenes Kind behandelt worden. Das Ehepaar hatte keinen Unterschied gemacht.
Damals hatten sie auch nicht wissen wollen, wer die eigentlichen Eltern des kleinen Mädchens gewesen waren, nun aber kehrte dieses Nichtinteresse als Bumerang zurück. Sie mußte sich damit abfinden, daß in Celia gewisse Erbanlagen steckten, die auch durch eine gute Erziehung nicht unterdrückt werden konnten. Sie waren einfach vorhanden, und sie waren stark, sehr stark.
Keine normalen Kräfte, sondern welche, die in den Bereich des Übersinnlichen und Unerklärlichen hineinglitten.
Grit Wayne fror, als sie daran dachte. Vielleicht wäre es doch besser gewesen, wenn sie und ihr Mann sich um die Herkunft der kleinen Celia gekümmert hätten. Statt dessen hatten sie nicht nachgefragt und sie aus dem Heim geholt, vor dessen Tür das kleine Kind damals einfach abgelegt worden war.
»Wir haben etwas falsch gemacht«, flüsterte Grit vor sich hin, »und erhalten dafür jetzt die Quittung.«
Logisch war das nicht. Eigentlich hätten sie belohnt werden müssen, denn es gab nicht viele Ehepaare, die sich bereit erklärten, Kinder zu adoptieren. Auf der anderen Seite mußte man es nehmen, wie es kam.
Über die Risiken waren sie sich schon im klaren
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