0997 - Blut für den Götzen
wirklich nicht zurecht. Das ist zuviel.«
»Ich weiß es. Aber ich bin auch sicher, daß wir die Dinge wieder ins Lot bringen können.«
Sie drückte sich von mir weg und schaute mich an. »Hoffentlich, John, hoffentlich.«
Ich öffnete die Tür und ging. Sehr nachdenklich saß ich wenig später in meinem Rover. Daß Bill plötzlich Spaß daran gefunden hatte, ein Bordell zu besuchen, daran glaubte ich nicht. Vor allem nicht daran, daß er es mehrmals hintereinander tat. Nein, das mußte einen anderen Grund haben, und den würde ich herausfinden.
Sheilas Winken fiel etwas matt aus, als ich schräg an ihr vorbeirollte und auf den Weg einbog, der den Vorgarten durchschnitt. Weihnachtlicher Lichterglanz lag über dem Gelände, aber mir war nach allem anderen zumute, nur nicht nach Weihnachten…
***
»Hi!«
Bill lächelte, als ihm die Tür geöffnet wurde, und das Mädchen mit der kaffeebraunen Haut lächelte zurück. »Schön, dich wiederzusehen. Dir scheint es ja hier zu gefallen.«
»Und ob. Wäre ich sonst gekommen?«
»Bestimmt nicht. Aber du bist früh dran.«
Der Reporter hob die Schultern. »Es hat sich so ergeben. Ist Laura trotzdem schon da?«
Die Kaffeebraune mit dem roten Glitzerkleid, das nur bis zu den Oberschenkeln reichte, überlegte.
»Gesehen habe ich sie. Ob sie allerdings schon bereit ist, weiß ich nicht.«
»Ich kann ja an der Bar warten.«
»Das wollte ich dir gerade vorschlagen.«
Bill ging über den dicken Teppich auf die Bar zu, die als Treffpunkt und zur Kontaktaufnahme diente. Hier unten gab es nur diesen einen großen Raum. Dort stand nicht nur die Bar, es waren auch Tische und Stühle aufgestellt, an denen die Gäste saßen, etwas tranken, Snacks zu sich nehmen konnten und mit den Mädchen plauderten, mit denen sie später in den Zimmern verschwanden.
Man konnte die Einrichtung als prunkvoll bezeichnen. Die Belle Epoque hatte Pate gestanden. Alles wirkte überladen. Das fing bei dem Lüster an, der von der Decke herabhing. In dessen zahlreichen Glasfacetten fing sich das Licht und sorgte für einen aufregenden Glanz. Die Farben Rot und Blau herrschten vor. Rote Barhocker, blauer Teppich. An den Wänden hingen Bilder, die schwülstige, erotische Motive zeigten, wobei keine Frau richtig bekleidet war.
Sanfte Musik umschmeichelte unaufdringlich Besucher und Freischaffende.
Hinter der Bar bediente Zlatko. Er war Keeper und Rausschmeißer in einer Person. Ein Typ mit schrankbreiten Schultern, hoher Stirn, flachen Haaren, dicken Pranken, die sich allerdings geschickt bewegten, wenn er die Getränke mixte. Zlatko trug eine weiße Jacke und eine schwarze Hose. Im Kontrast zum ebenfalls schwarzen Hemd stand die helle Fliege am Kragen.
Sein Lächeln wirkte hölzern und gezwungen, als Bill Conolly an der Bar seinen Platz fand. Der neue Gast schaute in die wäßrigen Augen, in denen trotzdem ein kalter Glanz oder ein mißtrauischer Ausdruck lag. Die beiden Männer mochten sich nicht. Bei ihnen hatte die Chemie von Beginn an nicht gestimmt, obwohl sich beide bemühten, freundlich zu sein.
»Hi, Zlatko!«
»Guten Abend, Sir. Sie sind heute sehr früh gekommen.«
»Ich weiß.« Bill stemmte seine Ellenbogen auf die Mahaghoni-Unterlage und ließ die Blicke über die Flaschen gleiten, die in Glasregalen standen und einen alkoholischen Querschnitt durch die Welt des Alkohols darboten. Bill hob die Schultern. »Es ist so schwer, sich zu entscheiden. Geben Sie mir das gleiche wie gestern.«
»Wasser und Wodka.«
»Ja.«
Zlatko nickte. Er holte eine kleine Wasserflasche aus dem Eisfach, goß ein, servierte auch den doppelten Wodka und schaute dem Reporter dabei in die Augen.
Bill lächelte. »Haben Sie was?«
»Nein, nicht.«
»Es kam mir so vor.«
Zlatko hob die Schultern.
Bill trank Wasser, danach Wodka und schnickte mit den Fingern. »Wir sind unter uns. Seien sie ehrlich. Es wird sicherlich noch dauern, bis Laura hier erscheint. Was ist los? Sie schauen mich immer so prüfend an.«
»Tue ich das?«
Bill lachte ihn an. »Das ist mir zumindest aufgefallen. Es wundert mich schon.«
»Man macht sich eben seine Gedanken in diesem Job.«
»Das ist schon richtig«, gab Bill zu. »Hätte ich an Ihrer Stelle auch getan. Und worüber haben Sie nachgedacht, wenn ich Ihnen gegenübersitze?«
»Ich habe über Sie nachgedacht.«
»Sehr gut.«
»Ich weiß nicht, ob das gut ist.«
»Kommen Sie, es hört ja keiner.«
Zlatko überlegte noch. Dabei polierte er an einem Glas herum, das er
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