1. Die Rinucci Brüder: Wenn golden die Sonne im Meer versinkt
Mann, sondern auch für die fünf jungen Männer, von denen nur drei ihre leiblichen Kinder waren.
An diesem Abend war sie die Hauptperson und eine charmante Gastgeberin. Immer wieder mischte sie sich unter die Gäste, nahm die Geschenke und Komplimente freundlich lächelnd entgegen und plauderte lebhaft und unbefangen über alle möglichen Themen.
Erst weit nach Mitternacht war die Familie wieder unter sich.
„So, jetzt können wir uns entspannen“, stellte Prim o fest und schenkte sich einen Whisky ein. „Möchtest du auch etwas trinken, mamma? Mamma?“
In Gedanken versunken, stand Hope auf der Terrasse und blickte aufs Meer hinaus. „Hätte sie ihn nicht heute ausnahmsweise einmal ver gessen können?“, fragte Primo die anderen männlichen Familienmitglieder.
„Gerade heute nicht“, erwiderte Luke. „Er hat am se lben Tag Geburtstag wie sie.“
„Sie hat doch uns. Reicht ihr das nicht?“ Carlos St imme klang wehmütig.
„Es macht ihr das Herz schwer, dass sie ihren ältes ten Sohn verloren hat, und sie glaubt fest daran, ihn eines Tages wiederzusehen“, entgegnete Toni ruhig.
„Meinst du, ihr Wunsch würde in Erfüllung gehen?“ R uggiero sah seinen Vater an. Toni zuckte nur hilflos die Schultern und seufzte.
1. KAPITEL
„Okay, Kinder, das war’s für heute. Ihr könnt nach Hause gehen“, sagte Evie, als die Klingel ertönte. Fünfzehn Zwölfjährige packten mehr oder we niger diszipliniert ihre Sachen zusammen, und rasch war das Klassenzimmer leer.
Evie rieb sich den Nacken und streckte sich, um die innere Anspannung zu lösen.
In dem Moment kam ihre Freundin Debra herein. „War es eine anstrengende Woche?“, fragte sie. Als stellvertretende Schulleiterin war sie befugt gewesen, Evie zu bitten, ein halbes Jahr den Fremdsprachenunterricht zu erteilen.
„Ziemlich“, gab Evie zu. „Aber ich will mich nicht beschweren, die Kinder sind in Ordnung.“ „Hast du noch Zeit für einen Kaffee?“
„Immer.“
„Du magst die Kinder, oder?“, begann Debra behutsam , nachdem sie auf der Terrasse eines Cafés am Flussufer einen freien Tisch gefunden hatten.
„Ja. Einige sind sehr intelligent, besonders Mark Dane. Er scheint ein Sprachgenie zu sein. Heute war er übrigens nicht da.“
Debra stöhnte. „O nein, es wird langsam problematis ch. Er schwänzt in der letzten Zeit zu oft.“
„Hast du schon mit seinen Eltern gesprochen?“
„Mit seinem Vater. Er würde sich darum kümmern, hat er beinah zornig verkündet.“ Evie verzog das Gesicht. „Das klingt nicht gut.“
„Nein, mir hat es auch nicht gefallen. Er ist ein erfolgreicher Geschäftsmann, hat klein angefangen und scheint ein Mensch zu sein, der alles unter Kontrolle haben will.“
„Auch seinen Sohn?“
„Wahrscheinlich nicht nur ihn, sondern auch dich, mich …“
„Und sogar die kleine Maus in der Ecke“, versuchte Evie zu scherzen.
„Justin Dane würde keine Maus in seiner Nähe dulden . Doch lass uns über etwas anderes reden.“ Debra atmete tief ein, ehe sie mit ihrem Anliegen herausrückte. „Evie, ich möchte dir einen Vorschlag unterbreiten.“
„Verdirb uns nicht die Stimmung, und vergiss es.“ E vie lehnte sich auf dem Stuhl zurück und schlug die Füße übereinander. Dann schloss sie die Augen und ließ sich die Sonne ins Gesicht scheinen. Mit den sportlichen Schuhen, den Jeans, ihrer schlanken Gestalt und dem kurzen dunklen Haar wirkte sie sehr jung, sehr sportlich und keineswegs wie eine
neunundzwanzigjährige Lehrerin.
„Evie“, fing Debra betont geduldig noch einmal an.
„Gib es auf, Deb. Ich weiß, was du sagen willst, un d meine Antwort lautet Nein. Ich war bereit, in diesem Halbjahr, das bald zu Ende ist, auszuhelfen, mehr habe ich dir nicht versprochen.“
„Aber der Direktor möchte, dass du weiterhin an uns erer Schule unterrichtest. Er lobt dich überschwänglich.“
„Nein. Ich habe nur die Kollegin vertreten, die in Erziehungsurlaub ist. Sie kommt nach den Ferien zurück, und ich fahre in die Sonne.“
„Sie will nicht zurückkommen. Deshalb soll ich dich überreden, ihre Stelle zu übernehmen.“ Evie richtete sich auf und blickte die Freundin vorwurfsvoll an. „Du weißt genau, dass ich nichts von einer festen Anstellung halte. Ich brauche Abwechslung und Vielfalt.“
„Aber du hast behauptet, es mache dir Spaß zu unter richten.“
„Ja, in kleinen Dosierungen.“
„Das ist dein Lebensmotto, stimmt’s? Alles in klein en Dosierungen, einen Job hier, einen
Weitere Kostenlose Bücher