1 Fatale Bilanz - Ein Hamburg-Krimi
dass es keinen Sinn hatte, Mark danach zu fragen.
»Ich glaube nicht, dass er wieder als Wirtschaftsprüfer arbeiten wird.«
»Dazu kann ich dir nichts sagen.«
Damit hatte Mark ihre Befürchtungen weder bestätigte noch zerstreut. Es war Zeit für ein unverfänglicheres Thema.
»Wie geht es denn eigentlich mit dir weiter? Ich meine, fliegst du zurück und das war’s?«
»Natürlich nicht. Dirk hat mir angeboten, dass ich mein Motorrad in eurer Garage unterstellen kann und dass euer Gästezimmer jederzeit für mich frei ist.«
»Das heißt, wir sehen uns also wieder?«
Mark schüttelte sichtlich ungeduldig den Kopf.
»Hast du ernsthaft angenommen, ich verschwinde einfach so? Da ich ein paar tausend Kilometer entfernt wohne und oft genug selbst nicht weiß, wo ich in der nächsten Woche bin, wird es nicht ganz einfach. Aber außer euch gibt es auch noch Shara und Rami, also werde ich regelmäßig hier auftauchen, wenn auch manchmal nur mit kurzer Vorwarnzeit. Hast du sonst noch Fragen, oder können wir jetzt reingehen?«
Mark wehrte Hendrik Fischers beharrliche Versuche, ihn auszufragen, freundlich aber bestimmt ab. Er trat dichter an das Fenster heran.
»Die Aussicht ist unbezahlbar.«
»Stimmt. Aber damit weiß ich immer noch nicht, was ein Wirtschaftsprüfer in Afghanistan zu tun hat.«
»Mein Unternehmen ist weltweit im Einsatz. Alex hat Ihnen doch erklärt, dass ihr Mann und ich das LKA bei einem internationalen Fall von Wirtschaftskriminalität unterstützt haben. Soll Ihnen das einer meiner Ansprechpartner beim LKA bestätigen? Reicht Kriminalhauptkommissar Sven Klein oder muss es der Polizeipräsident persönlich sein?«
Hendriks Wangen röteten sich und er wich Marks Blick aus.
»Vermutlich muss ich mich bei Ihnen entschuldigen. Aber mir geistern im wahrsten Sinne des Wortes noch Ems Worte im Kopf herum, und auf Wirtschaftsprüfer bin ich im Moment nicht besonders gut zu sprechen. Und Sie sehen nicht gerade wie ein typischer Vertreter Ihres Berufstandes aus.«
»Werfen Sie mir vor, dass ich Wirtschaftsprüfer bin oder dass nicht wie einer aussehe? Bei meinem nächsten Besuch kann ich gerne im Anzug erscheinen.«
Alex bekam beinahe Mitleid mit Hendrik, aber der Arzt nickte lächelnd. Anscheinend waren die Fronten geklärt.
Nachdem die Männer den Raum verlassen hatten, brauchte sie dringend eine Ablenkung. Seufzend trat sie dichter an das Fenster heran, streifte dabei aber einen Stapel Papiere auf Hendriks Schreibtisch. Fluchend betrachtete sie die auf dem Boden verstreuten Rechnungen. Das war doch wieder einmal typisch. Wenigstens grübelte sie nicht länger über Mark und Shara nach. Sie angelte gerade ein Blatt unter der Couch hervor, als Hendrik zurückkehrte.
Ihre Entschuldigung unterbrach er sofort.
»Das war nur eine Frage der Zeit, bis der ganze Mist herunterfällt. Ich hätte mich schon längst darum kümmern sollen.«
»Du erledigst die Rechnungen selbst?«
»Notgedrungen, die Frau, die das bisher übernommen hat, ist weggezogen, und unser Wirtschaftsprüfer wollte dafür ein Vermögen.«
»Ach deshalb bist du so schlecht auf Wirtschaftsprüfer zu sprechen. Pass auf, ich habe eine Idee: Ich übernehme eure Buchführung und mein Mann wird euer Wirtschaftsprüfer. Er wird es lieben, das zu prüfen, was ich gebucht habe.«
Hendrik überlegte keine Sekunde, und Alex hatte Mühe, ihn in seiner Begeisterung zu bremsen. Erst als Mark das Büro betrat, beendete Hendrik das Thema. Marks undurchdringliche Miene gefiel Alex nicht. Sie ahnte dumpf, wie aufwühlend die Begegnung mit seiner Schwester, die er nie kennen gelernt hatte, gewesen sein musste.
»Wir müssen los, Alex. Sven hat mir eine SMS geschickt, dass er uns in Hamburg braucht.« Mark griff nach seinem Helm und seiner Jacke, ehe er Hendrik ansah. »Ich hatte das Gefühl, dass Shara in gewisser Weise wahrnimmt, was um sie herum geschieht.«
»Da stimme ich Ihnen zu. Ich kann auch nicht glauben, dass ihr Verhalten rein reflexgesteuert ist. Vor allem die Reaktion auf Tims Quengeln, als Alex hier war, geht mir nicht aus dem Kopf. Können Sie es arrangieren, dass Shara Besuch von ihrer Tochter bekommt?«
»Reicht das, um sie aus dem Koma zu holen?«
»Nein, leider nicht. Aufwachen ist ein langwieriger Prozess, aber der Besuch ihrer Tochter könnte der erste Schritt in diese Richtung sein.«
»Gut, dann werde ich dafür sorgen, dass Rami so bald wie möglich hier auftaucht. Bis dahin haben Sie meine Handynummer, wenn Sie
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