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1 - Schatten im Wasser

Titel: 1 - Schatten im Wasser Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stefanie Gercke
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graurosa und labberig sein und das Fleisch zerfasert, weil dieser unselige Smutje den Braten gesotten hatte, und das auch noch viel zu lange. Sehnsüchtig dachte er an Anna und ihre Kochkünste.
    Missmutig begann er, seine Pfeife zu reinigen. Etwa zweihundert Seemeilen waren es von der Mündung des Kongo bis Loanda, sein Schiff lag noch einrfial zwanzig Seemeilen den Fluss hinauf, seit längerem herrschte Flaute, und rechts und links dräute der stinkende Urwald.
    Vorjahren war einer seiner Matrosen dort spurlos verschwunden, später berichteten Händler von Menschenfressern in diesem Gebiet. Ein Grund mehr, diesen Ort schleunigst zu verlassen. Mit dem Pfeifenstiel führ er über die Seekarte.
    Selbst wenn er einen dieser schnittigen Clipper unterm Hintern hätte und nicht seine lahme Carina, würde es mehr als knapp werden. Erbittert hieb er beide Fäuste auf den Tisch. Das Glas sprang hoch, und die dunkelbraune Flüssigkeit ergoss sich
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    über seine kostbaren Karten. Fluchend wischte er alles auf den Boden. Das Glas zersplitterte mit einem Knall, und seine Wut auf den Mann, der sein Schiff gechartert hatte, stieg. Es half nichts, er musste mit der Tochter sprechen.
    »Verflucht, verflucht, dreimal verflucht«, knurrte er, schüttete noch ein paar Schlucke hinunter. Er setzte die Flasche unsanft auf den Tisch, fuhr sich mit der Hand über den Mund und wischte sie in seinem Bart ab. Sein Kopf war dumpf, die Glieder waren schwer, Hemd und Hosenbund schweißnass. Diese gottverfluchte Hitze, die Mücken, die ständigen Fieberanfälle setzten ihm zu. Und dieses Mädchen da oben an Deck.
    Über seinem Kopf hörte er sie hin- und herlaufen. Aufgeregte Schritte, hart, als wollte sie die Planken zerhacken. Ein zarter Engel war sie, mit hellblauen Augen, ihre Tail e konnte er leicht mit seinen Pranken umfassen, aber, zum Teufel auch, sie hatte ein Rückgrat aus Stahl und ein Temperament, das ihm gegen seinen Wil en Respekt einflößte. Seine Autorität als Kapitän schien sie nicht im Geringsten zu beeindrucken, wie sie überhaupt eine sehr freie Art hatte, mit Männern umzugehen. Laut zugeben würde er es nie, nur sich selbst gestand er ein, dass er sich gegen sie einfach nicht durchsetzen konnte, jedenfalls nicht mit Worten.
    Aber wie sollte sie anders sein, wenn sie fast ihr ganzes Leben nur unter Männern verbracht hatte? Vor zwei Jahren hatte der Vater die Carina schon einmal gechartert und seine Tochter mitgenommen. Damals hatte sie ihm erzählt, dass sie ihren Vater seit ihrem fünften Lebensjahr auf seinen Reisen begleitete. Es hatte ihn entsetzt. Bei ordentlichen Leuten gehörte ein junges Mädchen doch ins Haus, in die Obhut von Frauen, um Weiber-sachen zu lernen, nicht zwischen einen Haufen grobschlächtiger Kerle und gepökelter Tierleichen, wie der Vater sie überall in seiner Kabine stehen hatte.
    Solange sie auf See waren, vergrub der Herr Baron sich in seinen Büchern und Experimenten, aß und trank, ohne zu wissen, was, beachtete sein eigen Fleisch und Blut nicht mehr als ein Stück Möbel. Kaum waren sie am Reiseziel angekommen, schlug
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    er sich mit diesem schwarzen Teufel, der ihm wie ein Schatten folgte, in den Busch und überließ seine Tochter ihrem Schicksal. Sie blieb an Bord zurück, oft länger als eine Woche am Stück, hatte niemanden zum Gefährten als ihre Gouvernante, dieses bleichgesichtige, ewig nörgelnde Fräulein, und einen Stapel dicker Bücher. Und seine Besatzung. Und die war weiß Gott kein Umgang für eine junge Dame.
    Kürzlich, als seine Männer voll von bil igem Fusel vom Landgang zurückkehrten, hatte er Bemerkungen gehört, die sich mit dem Äußeren des Mädchens beschäftigten, ihrem Körper und dem, was sie gern damit gemacht hätten. In allen Einzelheiten hatten sie es beschrieben. Dem, der am lautesten schwadronierte und am dreckigsten lachte, hatte er eins mit dem Tampen übergezogen und den anderen angedroht, sie den Haien zum Fraß vorzuwerfen. Wie eine getretene Hundemeute waren sie knurrend zurückgewichen, aber sie hatten Witterung aufgenommen, das war ihm klar. Ohne ein drastisches Exempel zu statuieren, konnte er die Männer nicht mehr lange in Schach halten. Kurzum, dieses Mädchen war Gift für sie alle. »Bei Gott«, schwor er sich, »nach dieser Reise kommt mir nie wieder ein Frauenzimmer auf mein Schiff, gegen kein Geld der Welt.« Seit er in diesem Höllenloch vor Anker lag, hatte er angefangen, mit sich selbst zu reden.
    Heftig sog er an seiner Pfeife.

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