10 - Der Ölprinz
Mauer?“
„Die ist zu dick“, sagte Sam. „Um da ein Loch, welches groß genug ist, fertig zu bringen, müßten mir mehrere Tage lang arbeiten.“
„Also durch die Decke?“
„Ja. Freilich wird das dadurch schwierig, daß derjenige, welcher arbeitet, auf den Schultern zweier andrer stehen oder sitzen muß; aber wenn wir erst einmal ein Holz entfernt haben, dann wird es desto schneller gehen. Leider haben wir nur noch höchstens für eine halbe Stunde Licht; dann befinden wir uns im Finstern. Suchen wir uns die passendste Stelle aus!“
Die war bald gefunden. Sam und Frank wollten zuerst arbeiten; der erstere stellte sich auf Stone und Parker, der letztere auf die beiden Deutschen Ebersbach und Strauch. Später, wenn sie ermüdet waren, sollten sie abgelöst werden. Als sie ihre Arbeit in Angriff genommen hatten, machte Schi-So die Bemerkung: „Das Licht reicht nicht. Vielleicht ist es später nötiger als jetzt. Warum es also jetzt zu Ende brennen lassen?“
Er hatte recht; darum wurde es ausgelöscht. Nun war es völlig dunkel im Raume. Man hörte das leise Bohren und Knirschen der Messer und das Atmen der beiden Arbeitenden; sie strengten sich so an, daß sie schon nach einer Viertelstunde abgelöst werden mußten. Von Schlaf war keine Rede. Man bohrte und schnitt und kratzte die ganze Nacht hindurch; dann war so viel Holz aus der Decke geschnitten, daß ein Loch entstand, durch welches ein Mann kriechen konnte. Nun galt es, dieses Loch durch das Außenmaterial nach oben fortzusetzen. Dieses Material bestand aus festgeschlagenem Lehm, welcher fast zu Stein erhärtet war. Da kam man äußerst langsam voran, und es war Mittag geworden, als das Geräusch, welches die Messer verursachten, einen Klang annahm, welcher verriet, daß die Decke nun bald erbrochen sei.
„Macht jetzt leise, so leise wie möglich“, gebot Sam Hawkens, „sonst hören sie euch oben.“
Kaum hatte er diese Worte gesprochen, so fiel draußen über den Arbeitenden ein Schuß, und einige Augenblicke später rief Dick Stone, welcher neben Droll oben im Loch arbeitete: „All devils!Ich bin verwundet.“
„Ist's möglich? Wo denn?“ fragte Sam.
„Am Oberarm. Die Halunken schießen auf uns.“
„Durch die Decke? Da haben sie also das Geräusch eurer Messer gehört. Ist's bös mit der Wunde?“
„Glaube nicht. Wahrscheinlich ein Streifschuß. Der Knochen ist unverletzt; aber ich fühle das Blut rinnen.“
„So kommt schnell herab! Sie könnten wieder schießen und euch in die Köpfe treffen. Wollen deinen Arm untersuchen.“
Jetzt war es gut, daß man die Lampe nicht ganz ausgebrannt hatte. Kaum war der Platz unter dem Loch frei geworden, so fielen noch zwei oder drei Schüsse durch die Decke. Man hörte die Kugeln unten in den Boden schlagen. Sam Hawkens stieß ein überlautes Gebrüll aus.
„Was schreist du?“ fragte ihn Parker. „Bist du getroffen worden?“
„Nein. Will bloß wissen, wo die Halunken stehen.“
Oben ertönte ein Freudengeheul. Die Indianer hatten die Stimme Sams gehört, glaubten, ihn getroffen zu haben, und äußerten in dieser Weise ihre Freude darüber.
„Sehr gut!“ lachte Sam. „Die Kerls liegen oder kauern gerade über unserm Loch und horchen. Wollen ihnen auch einige Kugeln geben. Frank und Droll, kommt! In unsern drei Doppelgewehren stecken sechs Kugeln. Jeder zwei Schüsse schnell hintereinander. Eins – zwei – drei!“
Die Schüsse krachten, und sofort erhob sich draußen über den Gefangenen ein Wut- und Schmerzensgeheul.
„Well! Ausgezeichnet! Hihihihi!“ lachte Sam. „Wir scheinen einige getroffen zu haben. Glaube nicht, daß sie sich wieder hersetzen, um zu lauschen.“
„Aber ich stelle mich auch nicht wieder in das Loch, um auf mich schießen zu lassen!“ murrte Stone.
„Wird kein Mensch verlangen“, erwiderte Sam. „Zeig deinen Arm!“
Die Lampe war wieder angebrannt worden. Beim Scheine derselben stellte es sich heraus, daß es nur eine kleine Streifwunde war, welche leicht verbunden werden konnte. Als dies geschehen, ließ sich der Hobble-Frank hören: „Wir hätten nich durch die Decke, sondern hier unten durch die Mauer graben sollen. Off der Decke schtehen die Indianer und hören uns. Brechen wir aber durch die Mauer, so kann uns keen Mensch hören.“
„Aber die Arbeit is viel schwerer“, warf Sam ein.
„Lieber eene schwere Arbeit, wobei man nich das Leben wagt, als eene leichte, bei der man erschossen wird. Das is meine unmaßgebliche
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