10 - Der Ölprinz
richtig geschprochen, vollschtändig richtig, Herr Kantor emeriticus , und das Vertrauen, mit welchem Sie mich in so reservierter Weise beehren, soll nich betrogen werden. Ich bin der Mann, off den Sie sich in jeder partikularen Fährlichkedt verlassen können. Was keen Verschtand der Verschtändigen sieht, das is dem Hobble sein Lieblingslied. Und wenn alle Schtränge reißen sollten, ich mache euch frei!“
„Wie denn?“ fragte Sam.
„Du gloobst's wohl etwa nich?“
„Ob ich es glaube oder nicht, das ist jetzt Nebensache. Ich möchte aber wissen, wie du es anfangen willst, deine Versicherung wahr zu machen.“
„Nebensache? Red nich so dumm. Der Glaube is eben grad die Hauptsache. Mit Hilfe des Glaubens kann man psychologische Berge versetzen und die intimsten Eisenbahnen bauen. Dieses Schprüchwort hat scho Josua gesagt, als er die Pyramide des ägyptischen Königs Washington von Moskau nach Schtockholm schaffte.“
„Aber, verehrtester Herr Frank“, fiel da der Kantor ein, „Josua, Washington, Pyramide, Stockholm, Ägypten – wie kann man das zusammenbringen?“
„Wie? Das fragen Sie? Sie, der Sie een Jünger der Kunst sein sollen? Ich sage Ihnen, für mich is es gar keene Kunst, das alles zusammenzureimen. Sie haben ja gehört, daß ich es fertig gebracht habe. Und so werde ich es ooch mit der größten Leichtigkeet und Differenz fertig bringen, uns zu befreien. Es gehört weiter gar nischt dazu, als een bißchen angeborene Schlauheet und affektierte Pfiffigkeet. Während ihr euch hier ganz ohne Resultat und Marzipan hier herumgeschtritten habt, bin ich mit meiner innerlichen Orangerie zu Rate gegangen und habe den Weg entdeckt, der uns ins Freie führen wird.“
„So bin ich sehr neugierig, ihn kennenzulernen“, meinte Sam.
„Das gloobe ich dir offs Wort. Du hättest ihn jedenfalls nich gefunden!“
„Laß nur erst hören, ob dein Weg kein Irrweg ist.“
„Du, ich will dir mal was sagen: Wo du nich bist, Herr Organist, da schweigen alle Flöten. Ich bin der Herr Organist und du bist die Flöte, welche zu schweigen hat! Mein Weg is der richtige, wie ihr gleich erkennen werdet. Ihr habt an der Mauer herumgepocht und an der Decke herumgeschtochen, ohne ein richtiges Fazit destillata zu finden; eure Messer konnten nich in die Schteene dringen. Ich aber mach' eene Wette mit, daß es hier Löcher gibt, in denen wir die Hebel der Befreiung ansetzen müssen, wenn wir die Fesseln der Gefangenschaft in die Luft mundieren wollen.“
„Löcher? Wo denn?“
„Wo? Ja, das müssen wir erst suchen.“
„So sind wir grad so klug wie vorher, als wir suchten und nichts fanden!“
„Schweig schtille! Wäre dieses Suchen unter meiner geographischen Oberleitung vor sich gegangen, so hättet ihr den Kasus Belladonna sofort gefunden. Eure Oogen sind mit Blindheet geschlagen und alle eure Nasen nich drei Pfennige wert. Der Deckel da oben is zu, und außer ihm scheint es keene Öffnung zu geben. Wenn das wahr wäre, so müßte man hier erschticken, weil die Lebensluft infolge unsers konservierten Sauerschtoffes alle würde. Wenigstens würde es hier moderig und muffig riechen. Nu seht euch aber mal die Lampe an, wie schön sie brennt, und schtrengt dazu die Riechorgane an, ob ooch nur eene Schpur von schlechter Luft vorhanden is! Ich bin überzeugt, daß die Luft immer wieder erneuert wird, was der Gelehrte mit Vehikulation bezeichnet. Diese Vehikulation habe ich sehr genau schtudiert, als ich meine Villa ‚Bärenfett‘ bauen ließ. Sie findet schtets in der Weise schtatt, daß unten die frische Luft eintritt und die schlechte oben entweicht. Es müssen also unten und oben Löcher sein, hier ebenso wie in meiner Villa an der Elbe. Es gibt eenen immerwährenden Luftzug hier, den wir entdecken müssen. Und wißt ihr denn, wie man diese Entdeckung am besten improfitieren kann?“
„Mit dem Lichte, meinst du wohl?“ fragte Sam.
„Ja, mit der Lampe. Siehste, daß es bei dir Zeiten gibt, wo du nich ganz off den Kopp gefallen bist! Nehmt also mal die Lampe und haltet sie unten am Fußboden längs der Mauer hin; da werdet ihr die Schtellen finden, wo die Luft von außen hereinkommt. Und wenn ihr nachher die Decke ebenso untersucht, entdeckt ihr ganz gewiß die Panamakanäle, durch welche die schlecht Atmosphäre in das draußen befindliche Weltall schteigt.“
„Du, Frank, dieser Gedanke ist wirklich nicht übel!“ rief Sam Hawkens. „Deine Beobachtung ist ganz richtig; wir haben hier eine
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