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10 - Der Ölprinz

10 - Der Ölprinz

Titel: 10 - Der Ölprinz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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verkünden. So verging eine halbe, eine ganze Stunde in trübem, peinlichem Schweigen. Da endlich hörte man Schi-So sagen: „Das Denken und Grübeln bringt keinen Nutzen. Wir können nicht hinaus, denn wir müßten einzeln hinauskriechen und würden einzeln weggeschossen. Dennoch aber denke ich, daß wir gerettet werden.“
    „Wie? Wie? Wodurch? Auf welche Weise?“ erklang es um ihn her.
    „Old Shatterhand und Winnetou wollen sich auf Forners Rancho treffen. Forner wird ihnen von uns sagen, und es ist gewiß, daß diese beiden berühmten Männer unsrer Spur folgen. Sie werden also hier nach dem Pueblo kommen.“
    „Ja“, erklärte Sam mit einem tiefen Seufzer, „das ist die einzige Hoffnung, die wir noch haben können. Sie werden kommen; darauf möchte ich schwören, und wenn wir es bis dahin aushalten, werden wir gerettet werden.“
    „Aber das sind doch nur zwee Menschen. Was können die gegen so viele Indianer ausrichten?“ warf Frau Rosalie ein.
    „Schweigen Sie untertänigst!“ wurde sie von dem Hobble aufgefordert. „Was verschtehen Sie von diesen beeden Helden, die meine Freunde und Gönner sind! Ich sage Ihnen: Und wenn tausend Rote uns bewachen, Old Shatterhand und Winnetou holen uns doch heraus, entweder mit List oder mit Gewalt, je nachdem es ihnen beliebt. Die haben noch ganz andre Sachen fertig gebracht. Wenn sie nur erscht unsre Schpur haben, nachher brauchen wir uns nich zu sorgen; sie holen uns heraus, und nich uns alleene.“
    „Wen denn noch?“
    „Ooch den Bankier, wenn er noch lebt.“
    „Der wird wohl nicht mehr leben“, meinte Sam; „er nicht und sein Buchhalter nicht. Auf diese beiden war es wohl ganz besonders abgesehen, sonst hätte man sie nicht von uns getrennt.“
    Er hatte recht, jedoch in andrer Art. Auf sie war es allerdings ganz besonders abgesehen gewesen, doch nicht so, daß es, wenigstens von Seiten des Häuptlings, ihr Leben galt.

SIEBENTES KAPITEL
    Die Befreiung
    Sie waren entkommen und mit dem Ölprinzen, Buttler und Poller gegen Norden geritten, ohne anzuhalten, bis sie um die Mittagszeit in den Mogollonbergen den ersten Wald erreichten, der ihnen Schatten, Kühlung und Wasser bot. Da stiegen sie ab und setzten sich an einem Bach nieder, um auszuruhen und auch ihren Pferden Erholung zu gönnen. Hier war es, wo der Ölprinz sein Märchen erzählte, mit welchem er dem Bankier die Ereignisse des vergangenen Abends zu erklären versuchte, was ihm auch vollständig gelang. Rollins hielt ihn jetzt fest für einen Ehrenmann und freute sich auch darüber, in Buttler und Poller so brave und ehrenwerte Gefährten gefunden zu haben.
    Als sie sich ausgeruht hatten, stiegen sie wieder auf und ritten weiter, bis sie gegen Abend eine Stelle fanden, welche sich sehr gut zum Lagerplatz für die Nacht eignete. Es gab da Wasser und genug dürres Holz, um ein Feuer die ganze Nacht zu unterhalten. Daß der Ölprinz, Buttler und Poller sehr reichlich mit Nahrungsmitteln versehen waren, die sie nur vom Pueblo mitgenommen haben konnten, das fiel weder Rollins noch Baumgarten auf. Als Poller das Feuer anbrannte, meinte Buttler im Ton leiser Besorgnis: „Wir befinden uns in der Nähe des Gebietes der Nijoraindianer. Wäre es nicht vielleicht besser, auf das Feuer zu verzichten, welches uns verraten kann?“
    „Es hat keine Gefahr“, erklärte der Ölprinz. „Ich stehe mit den Nijoras auf gutem Fuß.“
    „Aber sie haben das Kriegsbeil ausgegraben!“
    „Tut nichts. Mir sind sie selbst auf dem Kriegszug nicht gefährlich.“
    „Mag sein, aber sie wohnen nördlich von hier und die Gilenjos südlich; wir befinden uns also auf der Grenze zwischen beiden, und solche Grenzgebiete sind stets gefährlich, weil da etwaige Feindseligkeiten zuerst beginnen und zum Austrag gebracht werden. Da gibt es immer einzelne Herumtreiber, welche die gefährlichsten sind und weder Feind noch Freund schonen, wenn sie nur ihre Rechnung dabei finden.“
    „Und ich sage dir, du kannst sicher sein, daß sich in dieser ganzen Gegend außer uns kein Mensch befindet. Und gerade diese Stelle liegt tief versteckt; ich glaube, ich bin derjenige, der sie kennt, denn so oft ich auch hier war, bin ich doch niemals einem Menschen begegnet und habe auch nie die leiseste Spur von einem solchen gefunden. Wir befinden uns im weiten Umkreis ganz allein und können ruhig unser Feuer brennen lassen.“
    Er war vollständig überzeugt, recht zu haben, und hatte doch nicht recht, denn es gab nordwärts zwei Reiter, welche,

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