Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
10 - Der Ölprinz

10 - Der Ölprinz

Titel: 10 - Der Ölprinz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
Vom Netzwerk:
gegenwärtig off der Auswanderung, aber meine gute, sächsische Schtaatsangehörigkeit habe ich trotzdem noch nich offgegeben. Ich bin immer noch eene Landestochter des schönen Sachsenlandes an der Elbe. Die Sachsen haben in mehr als zwanzig Schlachten gesiegt und werden mich ooch hier herauszuhauen wissen. Verschtehn Se mich? Ich habe dreißig Jahre lang meine Abgaben, Schteuern und Schulanlagen pünktlich und ehrlich bezahlt, bin noch keenen einzigen Pfennig schuldig geblieben und kann also wohl verlangen, daß mein Heimatsschtaat sich tapfer meiner annimmt, wenn so een roter, indianischer Taugenischt und Tunichtgut mich betrügen und beschtehlen will! Ich laß' mich nich berauben und dann ohne eenen Pfennig in der Tasche fortjagen.“
    Sam warf einen seiner eigentümlich funkelnden Blicke auf die erregte Frau und meinte: „Sie machen sich eine falsche Vorstellung, Frau Ebersbach. Man wird Sie nicht ausrauben und dann fortjagen.“
    „Was denn?“
    „Wenn der Indianer raubt, so tötet er auch. Nimmt er uns das Eigentum, so nimmt er uns auch das Leben, damit wir uns nicht später rächen können.“
    „Herr, meine Seele! Wollen Sie etwa sagen, daß wir ermordet werden sollen?“
    „Ja.“
    „Wirklich? Na, da hört aber nur grad alles off! Und das haben Sie gewußt und uns trotzdem hierher geführt? Herr Hawkens, nehmen Sie es mir ja nich übel, aber Sie sind een Ungeheuer, een Molch, een Drache, wie es keenen zweeten geben kann!“
    „Entschuldigen Sie! Konnte ich wissen, was die Indianer vorhatten? Diese Pueblos sind als freundlich und zuverlässig bekannt; es war beinahe unmöglich, zu denken, daß sie uns eine solche Falle stellen würden.“
    „Mußten Sie denn hineinschpringen? Wir konnten draußen bleiben.“
    „Bei dem Wetter?!“
    „Ach was Wetter! Ich lasse mir doch lieber zehn Wasserbottiche in den Zopf regnen, als mich ausrauben und umbringen. Das können Sie sich doch so von ohngefähr selbst denken. Du lieber Himmel! Ermordet werden! Wer hätte das gedacht! Ich bin ausgewandert, um noch eene ganze Reihe von Jahren amerikanisch leben zu bleiben, und kaum habe ich meine Füße in dieses Land gesetzt, so tritt mir auch schon der leibhaftige Tod entgegen. Ich möchte denjenigen sehen, der das aushalten kann!“
    Da trat der Kantor zu ihr heran, legte ihr die Hand auf den Arm und sagte in beruhigendem Ton: „Regen Sie sich nicht unnütz auf, meine liebe Frau Ebersbach. Vom Tod kann hier keine Rede sein.“
    „Nich? Wieso?“
    „Solange ich bei Ihnen bin, sind Sie sicher vor jeder Gefahr. Ich schütze Sie!“
    „Sie? – – – Mich – – –?“ fragte sie, indem sie ihren Blick ungläubig an seiner Gestalt hinuntergleiten ließ.
    „Ja, ich Sie! Sie wissen doch wohl, daß ich eine Heldenoper von zwölf Akten komponieren will?“
    „Natürlich; ich hab's ja mehr als oft genug hören müssen.“
    „Na, also! Ein Komponist ist ein Jünger der Kunst, und Sie können sich fest darauf verlassen, daß diese mächtige Göttin keinen ihrer Anhänger sterben läßt.“
    „Aber ich komponiere doch nich!“
    „Schadet nichts; Sie stehen unter meinem Schutze. Um meiner großen Oper willen werden es die Musen zu machen wissen, daß ich gesund und froh nach Hause zurückkehre, denn sonst würde der Welt ein Kunstwerk verloren gehen, welches geradezu unersetzlich wäre. Es wird mir während meiner amerikanischen Reise kein Haar meines Hauptes gekrümmt werden; folglich ist auch jeder, der sich bei mir befindet, vor jedem Unfall sicher.“
    „Schön! Dann will – – – ich wollte sagen: Wenn Sie so sicher sind, daß uns nischt passieren kann; so haben Sie doch mal die Gewogenheet, uns aus der Patsche, in welcher wir schtecken, herauszuschaffen!“
    Da kratzte er sich hinter dem Ohr und antwortete brummend: „Sie scheinen mich falsch verstanden zu haben, meine Allerliebste. Man darf ein Tonstück, welches mit Lento bezeichnet ist, nicht allegro vivace spielen. Wenn ich gesagt habe, daß Ihnen in meiner Gegenwart kein Unglück geschehen kann, so meine ich damit keineswegs, daß ich es bin, der die Pforten unsrer gegenwärtigen Gefangenschaft zu öffnen hat. Dazu sind andre Leute da. Ich brauche Ihnen nur Herrn Franke zu nennen, der schon viele große Taten ausgeführt hat und uns auf keinen Fall sitzen lassen wird. Habe ich da nicht recht?“
    Er richtete diese letztere Frage an den Hobble-Frank. Dieser fühlte sich geschmeichelt und antwortete in seiner bekannten Weise: „Ja, Sie haben

Weitere Kostenlose Bücher