10 - Der Ölprinz
soll er denn liegen?“
„Im Unvermögen.“
„Wieso? Wie meint Ihr das? Wollt Ihr etwa sagen, daß man Euren Ziegenbock nicht reiten könne?“
„Das behaupte ich nicht, Sir; ich wollte nur soviel sagen, daß ihn nur ein sehr guter Reiter besteigen kann.“
Er sagte diese Worte in einem so eigenartigen Ton, daß Buttler rasch frug: „Meint Ihr etwa, daß ich kein guter Reiter bin, daß ich mit Eurer Bestie nicht fortkäme?“
„Das ist nicht meine Meinung gewesen, Sir, obgleich sehr zu erwarten steht, daß es Euch binnen einer Minute abwerfen würde.“
„Mich? Den besten Reiter zwischen Frisco und New Orleans? Ihr seid verrückt!“
Sam maß ihn mit einem neugierigen Blick vom Kopf an bis zu den Füßen herab und fragte dann in ungläubigem Ton: „Ihr der beste Reiter? Das glaube ich nicht. Ihr seid nicht zum Reiten gebaut; dazu sind Eure Beine zu lang.“
„Nicht zum Reiten gebaut?“ lachte Buttler auf. „Was will ein Schneider vom Reiten verstehen! Als Ihr vorhin hier ankamt, hingt Ihr auf Eurem Viehzeug wie ein Affe auf dem Kamel, und da wollt Ihr vom Reiten sprechen? Laßt Euch nicht auslachen! Euer Maultier nehme ich so zwischen die Schenkel, daß es binnen fünf Minuten zusammenbricht!“
„Oder Euch binnen einer Minute herunterwirft!“
„Sagt Ihr das wirklich im Ernst?“
„Yes.“
„Wollen wir wetten?“
„Ich setze zehn Dollar!“
„Ich auch!“
„Daß es mich nicht herunterwirft!“
„Und ich behaupte dies aber!“
„Gut, fertig, zehn Dollar heraus!“
Sam zog das Geld hervor und gab es Dick Stones wieder. Buttler borgte es sich von seinen Gefährten und gab es dann auch an Dick. Lieber hätte er es einem seiner Leute anvertraut, wollte aber keinen Verdacht erwecken.
„Eine miserable Wette!“ sagte der Wirt zu ihm. „Um zehn Dollar zu gewinnen, auf ein solches Scheusal steigen! Diesmal aber werdet Ihr sicher gewinnen.“
Buttler nahm die alte Mary beim Zügel und führte sie von der Ecke fort nach dem vor dem Haus liegenden freien Platz.
„Also binnen einer Minute herunter!“ rief er Hawkens zu. „Sitze ich dann noch darauf, habe ich gewonnen.“
„Darf ich mit dem Tier reden?“ fragte Sam.
„Warum nicht? Redet mit ihm, pfeift mit ihm oder singt mit ihm, ganz wie Ihr wollt!“
Es hatten sich zwei Gruppen gebildet. Auf der einen stand Sam mit Dick und Will, auf der anderen der Wirt mit den Leuten Buttlers. Dieser letztere stieg auf. Das Maultier ließ es sich ruhig gefallen und stand still und unbeweglich, als ob es aus Holz geschnitzt sei. Da sagte Sam: „Bocke ihn ab, meine gute Bucking-Mary!“
Augenblicklich machte das Maultier einen runden, hohen Katzenbuckel, ging mit allen vieren in die Luft, streckte sich da aus und kam mit dem Reiter zu gleicher Zeit wieder auf dem Erdboden an; es stand auf derselben Stelle, Buttler aber saß nicht mehr im Sattel, sondern neben der Mary unten auf dem Boden. Seine Leute schrien überrascht auf; er sprang empor und rief ergrimmt: „Dieses Vieh ist des Teufels! Erst steht es fromm wie ein Lamm, und dann geht es ganz plötzlich wie ein Ballon in die Luft!“
„Da wäre es besser, Ihr wäret Luftschiffer anstatt Reiter; das Geld ist mein“, antwortete Sam, indem er es einstrich.
„Zum Henker! Ich weiß nicht, ob ich richtig verstanden habe. Sagtet Ihr dem Tier nicht, daß es mich abbocken solle?“
„Yes.“
„Sir, das verbitte ich mir!“
„Pshaw! Ihr habt gesagt, daß ich mit ihm reden kann, ganz wie ich will.“
„Aber zu meinem Schaden!“
„Nein, sondern zu Eurem Nutzen. Ihr braucht ja nur zu hören, was ich sage, so wißt Ihr, was das Tier tun wird und wie Ihr Euch dagegen zu verhalten habt, wenn Ihr ein so guter Reiter seid, wie Ihr vorhin sagtet.“
„Well, so werde ich das nächstemal sicher gewinnen; ich lasse mich nicht wieder herabbocken. Setzt Ihr noch einmal zehn Dollar?“
„Gern.“
Buttler borgte sich das Geld zum zweitenmal, gab es Dick und sagte zu Sam, indem er wieder aufstieg: „Nun, sagt dem Racker doch wieder, was er tun soll!“
Sam lachte kurz und lustig auf und rief dem Maultier zu: „Streif ihn ab, meine liebe Striping-Mary!“
Die Mary setzte sich augenblicklich in galoppierende Bewegung, gegen welche keine Bemühung Buttlers etwas half, schlug einen Bogen nach der unteren Hausecke zu und rannte, bei derselben angekommen, nach der oberen Ecke hin, und zwar so eng an der Mauer, daß das rechte Bein Buttlers an der Ecke hängenblieb und er, wenn er sich dasselbe
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