10 - Der Ölprinz
so machen wie das letzte Mal.“
„Wir werden klüger sein. Wir haben doch schon heut alles getan, was uns die Klugheit gebietet. Wir haben unser Lager sogar hier oben aufgeschlagen, anstatt unten am Wasser, wo wir Spuren hätten zurücklassen müssen. Wenn die Bleichgesichter morgen kommen, werden sie keine einzige Spur da unten sehen und also ahnungslos von da drüben hinunter in die Tiefe reiten, während wir hier versteckt liegen und auf sie warten. Sie werden an das Wasser des Chelly gehen, um ihre Pferde zu tränken, und da fallen wir über sie her.“
„Du meinst, daß sie nicht stracks über die Furt reiten, sondern eine Weile dableiben?“
„Ja. Es gibt auf eine lange, lange Strecke hier die einzige Stelle, wo man von dem hohen Ufer so leicht hinab zum Wasser kommt. Das wissen sie, und darum werden sie sich die Gelegenheit nicht unbenutzt vorübergehen lassen.“
„Mein Bruder wird recht haben, denn es sind ja Squaws und Kinder bei ihnen, auf die sie Rücksicht nehmen müssen. Und denkt Mokaschi wirklich, daß sie ohne Kampf in unsre Hände geraten werden?“
„Ja.“
„Aber wenn sie sich doch verteidigen?“
„Da schießen wir sie nieder. Aber es wird ihnen nicht einfallen, Gebrauch von ihren Waffen zu machen, wenn wir nur keinen Fehler begehen. Sobald sie unten am Wasser sind, eilen wir hinab – – –“
„Zu Fuß?“
„Ja. Es würde die größte Torheit sein, hinunter zu reiten.“
„So müssen wir einige Krieger hier oben bei den Pferden lassen.“
„Nein. Wir binden die Tiere an. Es darf von uns kein Mann fehlen; darauf beruht mein Plan. Wenn die Weißen unsre große Zahl sehen, werden sie auf alle Gegenwehr verzichten; darum müssen wir alle beisammen sein, und es soll kein einziger von uns zurückbleiben. Mein alter Bruder mag sich doch einmal überlegen, in welcher Lage sie sich dann befinden! Sie haben rechts und links die senkrechten Felsen des Flußbettes, welche nicht zu ersteigen sind, vor sich das Wasser des Chelly und hinter sich plötzlich dreihundert feindliche Krieger. Sie würden wahnsinnig sein, wenn sie da auf den Gedanken kämen, sich zu verteidigen.“
„Ich traue ihnen aber diesen Gedanken dennoch zu!“
„Möglich, denn sie sind nicht nur listig, sondern auch kühn und sogar verwegen; aber sie haben Rücksicht auf ihre Squaws und Kinder zu nehmen, deren Leben sie schonen müssen. Hierin wird mir mein alter Bruder zustimmen.“
„Das tue ich. Aber wie dann, wenn sie die Flucht wagen?“
„Die ist unmöglich!“
„O nein.“
„Doch! Wohin sollten sie sich wenden?“
„Nach dem Chelly.“
„Ins Wasser? Das fällt ihnen nicht ein. Sie wissen gerade so gut wie wir, wie leicht ein Schwimmer zu erschießen ist. Und selbst, wenn dies nicht der Fall wäre, so würden gerade wieder ihre Squaws und Kinder es sein, die sie davon abhalten, die Flucht zu ergreifen. Solche Helden wie Winnetou und Old Shatterhand verlassen selbst in der größten Gefahr keinen Menschen, der sich in ihren Schutz begeben hat. Und welche Schande wäre es für sie, wenn von ihnen erzählt werden könnte, daß sie Weiber und Kinder verlassen hätten, deren Sicherheit ihnen anvertraut gewesen war!“
„Mokaschi hat recht. Seine Rede hat alle meine Bedenken zerstreut. Wir können die Bleichgesichter mit Zuversicht erwarten, denn sie werden gezwungen sein, sich uns ohne Kampf zu ergeben. Und dann machen wir es mit den Hunden der Navajos ebenso!“
„Ja, wir locken sie hinunter in das tiefe Felsenbett des Winterwassers und lassen sie nicht wieder herauf.“
„Uff! Das wird eine Wonne sein, denn wir werden hinter den Felsen, Bäumen und Sträuchern stecken und sie von hier oben aus erschießen können, einen nach dem andern, ohne daß uns eine ihrer Kugeln treffen wird.“
„Ja, wir werden sie alle töten, denn wir werden Waffen besitzen, mit denen man selbst den stärksten Feind besiegen kann.“
„Waffen?“ fragte der Alte, welcher nicht erriet, was Mokaschi meinte.
„Ja. Denkt mein Bruder denn nicht an die Silberbüchse des Apachen?“
„Uff! Und an das Zaubergewehr Old Shatterhands! Du hast recht. Diese Bleichgesichter werden uns ihre Waffen geben müssen.“
„Dann können wir mit dem Zaubergewehr alle Navajos niederschießen. Wir werden gar keine andre Flinte dazu brauchen. Uff, uff, uff!“
Die vier Indianer waren bei diesen Worten ganz entzückt. Wenn sie geahnt hätten, wer, fast mit den Händen zu ergreifen, da über ihnen lag und alle ihre Worte hörte!
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