10 - Der Ölprinz
nichts zu fressen bekommen haben!“
„Warum denn? So rede doch!“
„Reden? Was ist da zu reden! Das mußt du dir doch selber sagen, wenn du nur eine kleine Spur von Verstand besitzest!“
„So habe ich freilich meinen Verstand verloren, denn ich weiß wirklich nicht, was du meinst.“
„Das ist unbegreiflich! Du bist doch sonst nicht auf den Kopf gefallen. Mit dem Geld ist es nämlich aus, vollständig aus. Wir werden nicht einen Dollar, nicht einen Cent bekommen!“
„Alle Donner! Warum nicht?“
„Weil die Anweisung zum Teufel ist!“
„Inwiefern soll sie denn zum Teufel sein? Ich verstehe noch immer nicht, was du redest!“
„So ist dir wirklich dein ganzes bißchen Denkkraft abhanden gekommen. Du weißt doch, daß Old Shatterhand und Winnetou ganz dicke Freunde der Navajos sind?“
„Das weiß ich allerdings.“
„Die Roten werden ihn also, sobald sie mit ihm hier zusammentrafen, nichts verschwiegen haben.“
„Ja. Wahrscheinlich haben sie ihm gesagt, daß wir bei ihnen gewesen sind und sie so schön genasführt haben.“
„Darauf bilde dir ja nichts ein, denn jetzt sind wir die Genasführten. Wer hatte die Anweisung?“
„Wolf, der Deutsche.“
„Schön! Er ist mit hier gewesen und hat natürlich den Bankier gesehen und mit ihm gesprochen. Was versteht sich nun da von selbst?“
„Daß er – – – Satan! Jetzt weiß ich, was du meinst! Es ist alles erzählt worden, und da – da hat dieser Wolf dem Bankier die Anweisung ausgehändigt. Ist dies das, was du meintest?“
„Ja.“
„So ist es bei uns freilich mit jeder Hoffnung aus. Es ist alles, alles vergeblich gewesen, und du mußt nun endlich einsehen und zugeben, was für ein Knabenoder Jungenstreich es von dir war, diesem Wolf die Anweisung zu zeigen!“
Der Ölprinz wollte diesen Fehler beschönigen, und so entstand ein Wortwechsel, welcher so hitzig wurde, daß die beiden nahe daran waren, sich aneinander zu vergreifen. Da schob Poller sie auseinander und sagte: „Ihr werdet euch doch nicht die Hälse brechen wollen! Damit macht ihr die Sache nicht anders. Ich sehe nicht ein, warum wir gleich das Allerschlimmste annehmen und jede Hoffnung aufgeben sollen. Es ist ja noch gar nichts verloren.“
„Nicht?“ rief der Ölprinz ärgerlich aus.
„Nein, noch gar nichts.“
„So bin nun ich es, der nichts versteht und nichts begreift. Die Anweisung ist doch weg. Oder nicht?“
„Nein, sie ist nicht weg. Erst hatte sie Wolf, und nun hat sie Rollins. Was ist das für ein Unterschied? Es ist ganz gleich, wer sie hat, wenn sie nur noch da ist.“
„Das weiß ich auch; das braucht mir niemand zu sagen. Aber sie ist eben nicht mehr da.“
„Wer sagt das?“
„Ich sage es, denn es versteht sich doch ganz von selbst, daß Rollins sie sofort vernichtet hat!“
„Vernichtet? Das nehme ich erst dann an, wenn es bewiesen ist. Vernichtet, das heißt doch wohl zerrissen. Was man zerreißt, steckt man nicht ein, um es sorgfältig aufzuheben, sondern man wirft es weg. Wo aber ist hier auch nur das kleinste Stückchen Papier zu sehen? Es ist seit gestern abend bis jetzt vollständig windstill gewesen; es hat keinen Lufthauch gegeben, welcher die Papierfetzen hätte mit fortnehmen können; sie müßten also noch daliegen. Wollen einmal suchen, ganz sorgfältig suchen, nicht bloß hier, sondern auch in der Umgebung des Lagers.“
Sie taten dies auf das eifrigste, fanden aber nichts. Da sagte der Ölprinz, indem er tief Atem holte und sein Gesicht sich wieder aufklärte: „Da bekomme ich wirklich neuen Mut. Was Poller vorbringt, ist ganz richtig. Ein zerrissenes Papier steckt man nicht ein, sondern wirft es weg; der Bankier hat die Anweisung also nicht zerrissen, sondern aufgehoben.“
„So ist es“, nickte Poller. „Vielleicht gar hat er sie nur deshalb nicht vernichtet, um in ihr ein Andenken an seine Erlebnisse im Wilden Westen zu haben.“
„Ja, das ist auch möglich. Ich habe wieder Hoffnung. Es ist mir sogar lieber, daß er sie jetzt hat, als wenn Wolf sie noch hätte. Aus Wolfs Tasche wäre sie nur mit Lebensgefahr und durch einen Mord zu bekommen gewesen, während der Bankier ein unerfahrener Kerl ist, der nicht einmal den Mut besitzen würde, sich ernstlich zu verteidigen. Ja, wenn das Papier wirklich nicht vernichtet sein sollte, sondern noch vorhanden ist, so glaube ich fest, daß wir es leichter als vorher bekommen können. Nicht?“
„Allerdings“, stimmte Buttler ein. „Mit diesem Rollins wird kein
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