10 - Operation Rainbow
Hunnicutt. »Wildtiere behandelt man mit Respekt. Es ist ihr Land, nicht unseres, und man muß die Spielregeln einhalten. Will sagen, man muß sich auf sie einlassen - und lernen, wie sie leben, was in ihnen vorgeht. Dafür gibt's ja auch Boones und Crocketts Regeln für das wildgerechte Waidwerk. Und deshalb gehe ich zu Pferd auf die Pirsch und bringe die Strecke auf dem Pferd wieder heim. Auch dem Jagdwild gegenüber muß man fair sein. - Das gilt natürlich nicht für Zweibeiner«, fügte er augenzwinkernd hinzu.
»Unsere Veganerfreunde haben leider keine Ahnung vom Waidwerk«, gab Killgore traurig zu bedenken. »Vermutlich glauben sie, es reicht, wenn wir Gras wiederkäuen und nur Fotos von den übrigen Lebensformen schießen.«
»Das ist doch alles Schwachsinn!« polterte Hunnicutt. »Der Tod gehört nun mal zum Lebensprozeß dazu. Größter Räuber und Fleischfresser ist der Mensch, und die Geschöpfe der Wildnis wissen das. Übrigens gibt's nichts Schmackhafteres als am Lagerfeuer geröstetes Elchfleich, Leute. Das ist ein Genuß, den man so schnell nicht vergißt, und ich will verdammt sein, wenn ich ihn mir je abgewöhne. Wenn sich diese Radikalinskis mit Hühnerfutter zufriedengeben, bitteschön! Aber keiner wird mir Vorschriften machen, ob ich Fleisch essen darf - naja, einmal hat's ein Wildhüter versucht, der mir große Lehren erteilte, wo ich jagen dürfe und wo nicht.« Hunnicutt grinste nückisch. »Der wird so schnell keinem mehr lästig fallen. Herrgottnochmal, ich weiß am besten, wie es in der Natur zugeht und wie nicht!«
Einen Förster hast du getötet wegen solcher Lappalien? Popov war entsetzt, hielt sich aber zurück. Nekulturnie waren diese Barbaren. Ebensogut konnte man sein Fleisch doch im Supermarkt kaufen. Druide mit Jagdgewehr war wohl die gefährlichste Sorte. Er beendete sein Frühstück und ging nach draußen. Wenig später folgten die anderen seinem Beispiel; Hunnicutt fischte einen Stumpen aus seiner Satteltasche und zündete ihn an, bevor sie zu Killgores Brummi hinüberschlenderten.
»Müssen Sie unbedingt im Wagen rauchen?« tadelte der Doktor, als er die Zigarre bemerkte.
»Ich sitz doch schon am offenen Fenster, John!«, fuhr der Jäger ihn an. »Gehören Sie etwa auch zu diesen militanten Nichtrauchern?« Dann beugte er sich dem Gebot des Augenblicks und kurbelte das Fenster herunter. Während der Fahrt zum Pferdestall hielt er den glimmenden Stumpen nach draußen. Sie waren nicht lange unterwegs. Popov sattelte sein gutmütiges Pferdchen, und Buttermilk freute sich über den Apfel, den er ihr vom Frühstücksbuffet mitgebracht hatte. Draußen vor dein Stalltor sattelte er auf und ließ den Blick über die smaragdgrüne und bernsteinfarbene Landschaft rings um die Anlage schweifen. Hunnicutt kam auf einem Pferd an, das Dmitrij noch nie gesehen hatte. Es handelte sich um einen Appalousahengst, der vermutlich dem Jäger selbst gehörte. Bei näherem Hinsehen...
»Ist das eine Schußwaffe?« fragte Popov.
»M-l 873er Single-Action-Armeerevolver der Firma Colt«, gab Foster zurück und zog die Waffe aus dem gleichfalls authentischen Threepersons-Hüftholster. »Man nannte ihn Peacemaker - mit diesem Schießeisen wurde der Wilde Westen befriedet, Dmitrij. Ohne meinen Freund würde ich nie ausreifen«, prahlte er selbstzufrieden.
».45er Kaliber?« erkundigte sich der Russe. In Filmen hatte er schon welche gesehen, aber nie im wirklichen Leben.
»Nein, Kaliber vierundvierzig. Vor hundert Jahren benutzte man dieselbe Munition in Handfeuerwaffe und Winchestergewehr. Weil's billiger war«, setzte er zur Erklärung hinzu. »Und damit konnte man fast alles erlegen, was einem vor die Flinte kam. Nicht gerade einen Büffel«, räumte er ein, »aber Rehwild mit Sicherheit...«
»Und Menschen?«
»Aber sicher doch. Das sind so ziemlich die tödlichsten Patronen überhaupt, Dmitrij!« Hunnicutt steckte den Revolver wieder ein. »Der Holster ist leider nicht antik. Man nennt ihn Threepersons, ich glaube, nach Billy Threepersons, einem US-Marshal aus der Gründerzeit - natürlich ebenfalls geborener Amerikaner und, wie es heißt, strenger Gesetzeshüter. Im späteren 19. Jahrhundert soll er das Holster erfunden haben. Aus diesem hier kann man schneller ziehen, sehen Sie?« Foster machte es vor. Es beeindruckte Popov nicht wenig, live vorgeführt zu bekommen, was er schon aus vielen Westernfilmen kannte. Der Jäger trug sogar einen breitrandigen Cowboyhut. Popov konnte nicht
Weitere Kostenlose Bücher