100 Bauernregeln
beraubt, besonders unter den um bis zehn Grad gefallenen Temperaturen zu leiden haben. Medardus, der als Patron der Winzer, Bauern, Bierbrauer und Schirmmacher verehrt wird und als Helfer gegen Fieber und Zahnschmerzen gilt, wurde um das Jahr 475 in Salency (Frankreich) geboren und starb um das Jahr 560 in Noyon (Frankreich). Er wird für trockenes Heuwetter und für eine gute Ernte angerufen. Die Bauern in Süd- und Südosteuropa achten Jahr für Jahr mit besonderem Interesse auf das Wetter zu Sankt Medardus. Denn dieser Heilige füllt dort die Rolle aus, die hierzulande dem Siebenschläfer (27. Juni) zukommt. Das verwundert nicht, entwickelt sich doch in den südlichen Regionen Europas die Pflanzenwelt rund drei Wochen eher als in nördlicheren Regionen.
Für die Mitte Deutschlands trifft die Aussage zu, dass nach verregnetem Wetter um Medardus die Zahl der Regentage während des ganzen verbleibenden Junis in sechs bis sieben von zehn Jahren überdurchschnittlich ausfällt. Unbeständiges Wetter um Medardi weist auf den mit der Schafskälte verbundenen Wetterumschwung hin. So bricht die Ende Mai, Anfang Juni meist vorherrschende niederschlagsarme Hochdrucklage, einhergehend mit einer Winddrehung von Südwest auf Nordwest, zusammen. Das hat den Zustrom kühlerer Luftmassen zur Folge. Der europäische Sommermonsun setzt ein.
Regel-Variationen
»Kann Medardus sich auf der Wiese sonnen, bereitet die Heumahd dem Landmann Wonnen.«
»Was Sankt Medardus für Wetter hält, solch’ Wetter auch in die Ernte fällt.« »Wenn Medardus Regen verspricht, verfinstert sich des Landmanns Gesicht.« »Hat Medardus am Regen Behagen, will er ihn auch in die Ernte jagen.«
Am Medardustag wurde in den bäuerlichen Familien darauf geachtet, dass beim Abendessen keine Reste auf den Tellern verblieben, war man doch der Auffassung: »So viel auf dem Teller übrig bleibt, mit so viel Arbeit bleibt man im Sommer im Rückstand.« Regenwetter an Medardus wünschen sich die Bauern in Süddeutschland und vor allem aber in Süd- und Südosteuropa nicht, denn die Heu- und Getreideernte stehen unmittelbar vor der Tür. Wer kein Landwirt ist, kann sich an den sinnlichen Frühsommerdüften erfreuen wie denen des Ligusters, der Rosen und des Falschen Jasmins. Sie kommen nämlich bei hoher Luftfeuchte und nach Regen so richtig zum Tragen.
»Regnet es am Siebenschläfertag, der Regen sieben Wochen nicht weichen mag.«
27. Juni – Siebenschläfer
Mit besonderem Interesse sieht man Jahr für Jahr dem Wetter um den Siebenschläfer entgegen, das Auskunft über die Witterung in den Urlaubs- und Erntewochen geben soll. Immerhin heißt es, dass sieben Wochen lang Regen falle, wenn es an diesem Lostag regnet. Und tatsächlich entscheidet die Luftdruckverteilung um und nach der Sommersonnenwende sehr oft darüber, ob sich während der darauffolgenden Wochen in Mitteleuropa eine Westwetterlage mit reichlich Niederschlägen einstellt oder nicht. Ziehen Tiefdruckgebiete und deren Ausläufer über Skandinavien und Mitteleuropa wie auf einer »Rennbahn« hinweg, verringern sich die Chancen auf sonniges Wetter in der Urlaubs- und Erntezeit.
Zieht man die Statistik zurate und vergleicht die Witterung der letzten fünf Junitage mit dem Wetterablauf im Juli, dann lässt sich feststellen, dass rege Niederschlagstätigkeit in der Zeit vom 26. bis 30. Juni in der Mehrzahl der Jahre (etwa 70 Prozent) einen feuchten Juli zur Folge hat. Bildet sich jedoch im Verlauf der letzten Junitage eine Hochdruckbrücke von den Azoren über Mitteleuropa bis zum Ural aus, die wie ein Wall heranziehende Tiefdruckgebiete abblockt, dann sind günstige Voraussetzungen für sonnenscheinreiches Sommerwetter gegeben. Insofern eignet sich die Siebenschläferregel recht gut für eine volkstümliche Witterungsprognose.
Naheliegend, aber falsch: Die Bezeichnung »Siebenschläfer« bezieht sich nicht auf das gleichnamige Nagetier, das tatsächlich die Hälfte seines Lebens verschläft. Vielmehr hat sie ihren Ursprung in der Legende von den sieben Schläfern: Sieben fromme Jünglinge aus der Stadt Ephesus befanden sich um das Jahr 251 während der Christenverfolgung durch den römischen Kaiser Decius auf der Flucht und suchten in einer Höhle Schutz.
Regel-Variationen
»Blinzeln die Siebenschläfer in die Sonne, bleibt lange leer die Regentonne.«
»Wenn zum Siebenschläfer die Blumen im Wasser ertrinken, sieben nasse Wochen winken.«
»Wie’s die Siebenbrüder treiben, soll es sieben
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