Die Janus-Vergeltung
Kapitel eins
Lieutenant Colonel Jon Smith öffnete die Augen. Am Fuß seines Hotelbetts stand eine schattenhafte Gestalt und hielt eine Pistole in der Hand. Der rote Punkt des Laservisiers flirrte in wilden Kreisbewegungen über die Daunendecke zu seiner Brust herauf, als wäre der Angreifer betrunken. Smith rollte sich blitzschnell nach rechts und warf sich auf den Boden, landete mit einem dumpfen Poltern auf dem Teppich und federte den Sturz mit den Händen ab. Eine schallgedämpfte Kugel durchbohrte das Kopfkissen.
Smith griff nach seiner Waffe auf dem Nachttisch, zog die Hand aber rasch zurück, als der rote Laserpunkt über seine Fingerknöchel strich. Der Killer feuerte erneut, und die Kugel verfehlte Smiths Finger nur knapp, zertrümmerte den Wecker und schlug in die Gipskartonwand dahinter ein.
Smith wich zur Seite aus, doch der Killer folgte ihm und drückte wieder und wieder ab, wild und ungezielt. Die Kugeln krachten in die Wand, und Smith flüchtete sich in den Spalt zwischen dem Schrank und dem Klapptisch, auf dem sein Koffer lag. Hier hatte ihn der Angreifer zwar nicht mehr in der Schusslinie, doch seine eigene Waffe war jetzt ebenso außer Reichweite wie die Zimmertür. Der Killer ging hinter dem Bett in Deckung, wohl in der Annahme, Smith könnte eine zweite Waffe besitzen.
Smith drückte sich im Dunkeln mit dem Rücken an die Wand, zwang sich zur Ruhe und überlegte, was er tun sollte. Er befand sich in einem Vorort von Den Haag, um an einer Konferenz der Weltgesundheitsorganisation zum Thema Infektionskrankheiten in der Dritten Welt teilzunehmen. Das USAMRIID , das militärische Forschungsinstitut für Infektionskrankheiten, für das er als ausgebildeter Arzt arbeitete, besaß auf diesem Gebiet große Erfahrung, und Smith sollte am nächsten Tag einen Vortrag über das Cholerarisiko in Katastrophengebieten halten. Nun nahm die Routineveranstaltung plötzlich einen lebensbedrohenden Verlauf, und er hatte keine Ahnung, warum.
Smiths Koffer lag offen auf dem Klapptisch, darin seine noch ordentlich gefalteten Kleider. Unter dem Tisch standen seine Schuhe. Er atmete tief durch, schnappte sich einen Schuh und warf ihn quer durch den Raum nach der Lampe auf dem Tisch. Er hörte ein Krachen und das Splittern von Glas, als die Lampe vom Tisch gefegt wurde und auf dem Boden zerbarst. Der Laserpunkt tanzte über die Tischplatte. Der Killer hatte den Köder geschluckt.
Smith zögerte keinen Augenblick und sprang zur Tür. Angst und Adrenalin ließen das Blut in seinen Ohren pochen. Der Angreifer feuerte erneut, doch Smith war jetzt ein bewegliches Ziel und schwerer zu treffen. Rechts neben ihm schlug eine Kugel in die Gipskartonwand ein. Er erreichte die Tür, riss sie auf und sprang auf den Flur hinaus, blinzelnd im grellen Licht der Deckenlampen.
Als er losrennen wollte, um zu den Aufzügen zu gelangen, sah er zwei Männer mit Sturmgewehren, die Gesichter mit Kapuzen verhüllt, etwa zehn Meter entfernt vor einer der Türen stehen. Der eine blickte zu Smith herüber, hielt die Waffe jedoch auf das Zimmer gerichtet. Er wandte sich wieder der Tür zu und murmelte etwas, worauf beide Männer in die Tür feuerten. Das Stakkato der Feuerstöße hallte durch den Flur. Der erste Mann trat die Tür ein, und beide verschwanden im Zimmer.
Hunderte Gedanken wirbelten Smith durch den Kopf. Was ging hier vor? Der Killer in seinem Zimmer war still und leise mit seiner schallgedämpften Waffe eingedrungen, während die beiden Männer hier draußen sich gar nicht erst bemühten, unbemerkt zu bleiben.
Smith wollte gerade loslaufen, da sah er, wie sich weiter vorne die Tür des Notausgangs öffnete. Sie schwang nach außen, und Smith blickte in die Augen eines weiteren maskierten Angreifers. Die Tür seines eigenen Zimmers stand noch immer weit offen. Er flüchtete zurück in den Raum und zog sie zu. Tief geduckt sprang er nach links, stieß mit dem Kopf gegen die Tischkante und trat in eine Glasscherbe der zerbrochenen Lampe. Er biss die Zähne zusammen, als die Scherbe tief in seinen Fuß schnitt und warmes Blut aus der Wunde strömte.
Kein Laut kam von dem Killer, der ihn angegriffen hatte.
Draußen auf dem Flur hallten erneut Schüsse, dazwischen Schreie von anderen Hotelgästen. Eine Explosion ließ den Boden erbeben. Als der Lärm verebbte, lauschte er angestrengt in die Richtung des Killers. Nichts. Smith kauerte im Dunkeln und bemühte sich, seine Atmung zu beruhigen, während das Adrenalin durch seine
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