100 Bauernregeln
mit hohen Bodenfeuchten in den oberen Schichten des Erdreichs handelt oder ein feuchter und überdurchschnittlich temperierter Spätwinter vorausging.
Erweist sich das Frühjahr als niederschlagsarm, so gestaltet sich häufig – wenn auch nicht immer – der Sommer unbeständig und nass (große Wäsche). Dagegen folgt einem feuchten Frühjahr relativ oft ein trockener, zu Dürre neigender Sommer (große Bleiche). Aus diesem Grund kann man der eingangs zitierten Regel eine größere Treffsicherheit als manch anderer Bauernweisheit bescheinigen. Bei eigenen Betrachtungen sollte bedacht werden, dass die Esche, deren Blüten zweigeschlechtig sind, erst mit einem Alter von 30 Jahren blühfähig wird. Bei unseren Altvorderen galt das Laub der Esche, die sich in der Nähe von Fließgewässern in Erlen/Eschen- und Eschen/Ulmen-Auenwäldern wohlfühlt, als wichtiges Winterfutter für das Vieh. Eschen finden als Klangholz im Musikinstrumentenbau Verwendung.
»Wenn der Zapfen seine Schuppen schließt, der Himmel bald die Blumen gießt.«
Dem genauen Naturbeobachter dürfte auffallen, dass der Schuppenpanzer der Zapfen unserer Nadelgehölze bei regnerischem Wetter weitgehend geschlossen ist. Tannenzapfen eignen sich gut als Wetterpropheten. Verschlechtert sich das Wetter, so schließen sie ihre Schuppen. Damit verhindern sie, dass die unter den Schuppen sitzenden Samen noch vor ihrer Reife nass werden und damit faulen können. Schon lange vor dem Eintreffen der Niederschläge, die sich durch Zufuhr zunehmend feuchter Luft ankündigen, beginnen die Tannenzapfen ihren Schuppenpanzer zu schließen, denn es dauert eine gewisse Zeit, bis alle Schuppen dicht anliegen.
Oft weht ein leichter Wind aus östlichen Richtungen. Dieser führt Festlandsluft, die nur einen geringen Wasserdampfgehalt aufweist, heran. Bei Zustrom trockener Luft, die in der Regel schönes Wetter ankündigt, öffnen die Zapfen ihr Schuppenkleid. Das heißt, dass die verholzten Fruchtschuppen sich auseinanderspreizen. Den gleichen Effekt erreicht man bei Lagerung eines Zapfens in der Nähe eine warmen Ofens. Unter einer Kiefer geht dieser Vorgang mit einem nicht überhörbaren Knistern einher.
Zapfen reagieren auf Änderungen der Luftfeuchte sehr sensibel und sind somit eine Art natürliches Hygrometer. Diese Regel kann man als sehr zuverlässig einstufen.
Regel-Variationen
»Gib auf den Tannenzapfen acht, er sagt dir, was das Wetter macht.«
»Öffnen die Kiefernzapfen ihre Schuppen weit, hat der Wind keinen Regen im Geleit.«
»Öffnet sich der Wetterstern, ist Regenwetter nicht mehr fern.«
Bei unseren Altvorderen wurde dieser eigentümliche Pilz, der in Symbiose mit den Wurzeln diverser Kiefernarten auf trockenen, meist sandigen oder kalkarmen Böden wächst, ebenfalls als eine Art Hygrometer benutzt – ähnlich wie bei den Tannenzapfen (siehe Regel 46). Beim Wetterstern handelt es sich um einen den Erdsternen sehr ähnlichen, aber nicht mit ihnen verwandten Pilz. Vielmehr zählt er zur großen Familie der Röhrlinge.
Dieser Pilz wächst zunächst als unterirdische Kugel heran, die sich durch eine zweischichtige Hülle auszeichnet. Sobald diese die Bodenoberfläche durchbricht, spaltet sie sich in eine innere und eine äußere Schicht. Die Bewegung der reifen Fruchtkörper wird durch die Luftfeuchtigkeit gesteuert: Bei Zufuhr feuchter Luft löst sich die äußere von der inneren Schicht und reißt sternförmig auf. Dabei wird der eigentliche Sporenbehälter, der als dünnhäutige Kugel mit einer kleinen Öffnung in Erscheinung tritt, nach oben gehoben. Im Falle des Zustroms trockener Luft schließen sich dagegen die Zacken des Wettersterns um den Sporenbehälter.
Regel-Variation
»Zeigt tagsüber der Wetterstern seine volle Pracht, fällt gewiss Regen in der darauffolgenden Nacht.«
Der Wetterstern wurde 2005 zum »Pilz des Jahres« gekürt und kann in Deutschland am häufigsten noch in Bayern angetroffen werden. Er hat eine Überlebensstrategie entwickelt, die oft mit dem Verhalten der Rose von Jericho verglichen wird, denn beide entfalten in feuchtem Zustand ihre eigentliche Pracht. Auch dieser Regel kann man wirklich vertrauen.
»Wenn der Frauenmantel schwitzt, bald Regen uns im Nacken sitzt.«
Der in vielen Gärten anzutreffende Frauenmantel, im Volksmund auch »Tränenschön«, »Weiberkittel«, »Marienblümli«, »Wasserträger« und »Alchemistenkraut« genannt, zählt ebenfalls zu den Gewächsen, die Auskunft über das Wetter geben
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