100 Bauernregeln
bald beglücken.«
»Zeigt sich die Silberdistel selbst als Sonne, gerät das Wetter dem Landmann zur Wonne; doch wenn die kleine Sonne untergeht, dann Wind und Regen vor uns steht.«
Wer nicht glauben will, dass die Silberdistel genau wie ihre weniger bekannte Schwester, die Golddistel, auf die Zufuhr feuchterer Luft noch vor dem Einsetzen von Niederschlägen reagiert, der braucht den bei freundlichem Wetter weit geöffneten Blütenkorb nur mehrmals anzuhauchen und die Reaktion der Blütenblätter zu verfolgen. Die Pflanze ist gezwungen, ihre silberweißen Hüllblätter rechtzeitig zum Schutz der Blüten einzusetzen. Würden diese unvermittelt durch Regentropfen benetzt, wären die Pollen vernichtet.
Einer Sage zufolge soll Karl der Große sein Heer durch Silberdisteln vor der Pest bewahrt haben, nachdem ihm im Traum ein Engel erschien, der einen Pfeil abschoss, welcher genau eine Silberdistel traf. Der mitunter verwendete Name »Karlsdistel« hat hier ihren Ursprung.
»Zeigt Regenschirme der Sauerklee gern, ist’s Schlechtwetter nicht mehr fern.«
Auf Wetterveränderungen reagiert der Sauerklee, im Volksmund auch »Hasenklee« oder »Himmelsbrot« genannt, sehr sensibel. Diese krautige, mehrjährige Pflanze pflegt bei nahendem Regen nicht nur die von April bis Juni zur Schau getragenen weißen Blüten zu schließen, die eine violette Längsäderung aufweisen, sondern auch die Blätter zusammenzufalten und die Blattstiele aufrecht zu stellen. Er bildet gewissermaßen ein Regenschirmchen aus, von dem das Wasser schnell abläuft und nicht ganz uneigennützig dem Boden zugeführt wird. Der Sauerklee fühlt sich in den kalten und gemäßigt kalten Regionen Asiens, Nordamerikas und Europas zu Hause. Er bevorzugt Wälder sowie schattige Standorte und liebt humusreiche, leicht saure Böden. Schon bei nur einem Zehntel des Tageslichts erreicht er seine volle Assimilationsleistung. Dies kennzeichnet die Pflanze als Schattengewächs.
Bei starker Besonnung und großer Hitze neigt der Sauerklee ebenfalls dazu, seine Teilblättchen wie bei nahendem Schlechtwetter einzuklappen. Das tut er, um sich des großen Verdunstungshungers der Atmosphäre zu erwehren, das heißt, um die Wasserabgabe an die Luft zu reduzieren. Dabei werden auch die der Transpiration dienenden Spaltöffnungen geschlossen. Diesen Umstand sollte man bei der Nutzung obiger Bauernweisheit ins Kalkül ziehen.
Regel-Variationen
»Der Waldklee zeigt dem Förster an, ob er mit Regen rechnen kann.«
»Der Sauerklee als ein echter Wetterprophet, faltet die Blätter, wenn Regen vor uns steht.«
»Wenn die Sonnenbräute ihre Schönheit entfalten, wird sich das Wetter freundlich gestalten.«
Gerade während sommerlicher und frühherbstlicher Schönwetterlagen (Altweibersommer) zeigen sich die sogenannten Sonnenbräute, zu denen als Wetterpflanzen auch das Gänseblümchen, die Wegwarte, die Ringelblume, der Löwenzahn und die Kamille zählen, in ihrer vollen Schönheit. Diese Pflanzen wenden ihre Gesichter, gemeint sind die Blütenkörbe, der Sonne zu. Ihr Haupt folgt, im Halbkreis drehend, dem Licht und Wärme spendenden Himmelskörper. Man könnte sagen, dass sie mit der Sonne Hochzeit feiern, was die Bezeichnung Sonnenbräute erklären würde.
Die Bewegungsreaktion der Pflanzen hängt in starkem Maße auch von der Intensität der Einstrahlung ab. So verfügen die Bräute über kleine Organe (Rezeptoren), die sie in die Lage versetzen festzustellen, wie intensiv die Sonne vom Himmel lacht. Signalisieren diese Rezeptoren der Pflanze, dass die Sonne hinter den Wolken verschwindet, verändert sie den Wasserdruck in ihren Blütenzellen. Bei zunehmender Bewölkung, das heißt bei Zufuhr immer feuchter werdender Luft, wird den Zellen und damit dem Gewebe Wasser entzogen, was dazu führt, dass sich die Blüten schließen, um sich vor möglichem Regen zu schützen. Naht dagegen trockenes, sonniges und warmes Wetter, pumpt die Pflanze wieder Wasser in ihre Blütenzellen, was zur Folge hat, dass die Blüten sich öffnen. Damit ist zu rechnen, wenn sich Hochdruckwetter einstellt oder morgens sich der Erhalt desselben abzeichnet.
Regel-Variation
»Wenn der Löwenzahn seine schönen Blüten versteckt, sich mit Regenwolken bald der Himmel bedeckt.«
»Kannst du in die blauen Augen der Wegwarte schau’n, darfst du auf anhaltend Schönwetter bau’n.«
Sie ist an fast jedem Straßen- oder Feldwegrand, auf Schuttplätzen und Ödlandflächen zu entdecken und erfreut
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