100 Bauernregeln
von einer weißen Weihnacht jedoch durch die Realität einer grünen Weihnacht zerstört. Schuld daran ist eine Mitte des letzten Dezemberdrittels auftretende Witterungsperiode, die durch Zustrom milder Meeresluft aus Südwest bis West gekennzeichnet ist. Sie kann sogar in den höheren Lagen der Mittelgebirge ein zumindest teilweises Abschmelzen der Schneedecke bewirken.
Regel-Variationen
»Erster Advent hinter vereisten Scheiben, dann wird’s der Winter lange arg treiben.«
»Hat sich Eligius mit dem Winter vereint, ein weißes Christfest er nicht verneint.« »Wenn Eligius sich mit dem Winter verbündet, dies für Wochen von Schneefall kündet.«
Dieser als »Weihnachtstauwetter« bekannte statistische Regelfall tritt mit einer Wahrscheinlichkeit von immerhin 72 Prozent auf. So kann man im Küstengebiet nur ein- bis zweimal, im Binnentiefland lediglich zwei- bis dreimal in einem Jahrzehnt mit weißen Weihnachten rechnen. Häufungen von Eistagen im ersten Drittel des Christmondes, Julmondes oder Wolfsmondes, wie der Dezember auch bezeichnet wird, sind im Tiefland seltener, denn während der ersten zehn Tage des Monats überwiegen mit einer Wahrscheinlichkeit von 80 Prozent Westwetterlagen, die sich durch mildere Meeresluft auszeichnen.
Geben sich aber Frost und Schnee zu Monatsbeginn ein Stelldichein, dann pflegt es meist bis zur Wintersonnenwende zunehmend kälter zu werden. Besonders in den Mittelgebirgen und in den Alpen bilden sich dann höhere Schneedecken aus, die den Winter überdauern und bis zum Frühjahr erhalten bleiben. Liegt Anfang Dezember eine geschlossene Schneedecke, dann sind die Chancen auf weiße Weihnachten sehr groß. Das gilt auch für die Tieflandstandorte.
Gib auf den Tannenzapfen acht – Pflanzen als zuverlässige Wetterpropheten
Vielleicht sollte man bei vielen Pflanzen lieber von lebenden Messgeräten sprechen, denn sie zeugen vom augenblicklich vorherrschenden atmosphärischen Zustand, der Aussagen über zukünftiges Wetter erlaubt. Grund genug also, sich einige Pflanzen einmal unter dem Aspekt der Wettervorhersage genauer anzusehen. Ihre Organe reagieren sehr sensibel auf Umweltveränderungen.
»Grünt die Eiche vor der Esche, hält der Sommer große Wäsche; doch grünt die Esche vor der Eiche, gibt’s im Sommer große Bleiche.«
Für diese Regel, bei der im Volksmund statt des Wortes »grünt« auch das Wort »blüht« stehen kann, existiert eine logische Erklärung, ungeachtet der Tatsache, dass eine Überprüfung des Sachverhalts durch den Umstand erschwert wird, dass bei der Eiche Blattaustrieb und Blüte zeitlich zusammenfallen, während sich die Blühphase bei der Esche normalerweise schon längere Zeit vor deren Austrieb einstellt. Legt man den Blühbeginn beider Baumarten zugrunde, wird man zu etwas anderen Ergebnissen im Hinblick auf die Trefferquote der Regel gelangen, als wenn man das Ergrünen beider Bäume zum Maßstab für seine Untersuchungen macht. Übrigens sind in dieser alten, häufig zitierten Bauernweisheit mit der »Wäsche« viel Regen und mit der »Bleiche« reichlich Sonne und Trockenheit gemeint.
Prüfen wir hier den Wahrheitsgehalt dieser Regel in Bezug auf den Blattaustrieb. Die Durchwurzelungstiefe bei ausgewachsenen Stiel-, Trauben-, Zerr- und Flaumeichen beträgt mehrere Meter, sofern sie ihre maximalen Wuchshöhen, die sich zwischen 20 und 40 Meter bewegen, erreicht haben. Dadurch gelangen die Eichen mit ihren Wurzeln bis in die Grundwasser führenden Schichten des Erdreichs und beziehen von dort die lebensnotwendige Feuchtigkeit. Dies befähigt sie selbst in einem sehr trockenen Frühjahr zu einer raschen Blattentfaltung.
Die gemeinsam mit Flieder, Liguster und Forsythie zur Familie der Ölbaumgewächse zählende Esche hingegen, die sich durch ein Senkerwurzelsystem auszeichnet und damit flacher wurzelt, liebt einen feuchten Untergrund. Fehlt dieser, ist sie auf ausreichende Niederschläge angewiesen. Bleiben im Frühjahr aber die himmlischen Schleusen geschlossen, so setzt die Blattentfaltung deutlich später als bei den Eichen ein, die nicht so sehr auf Regen angewiesen sind.
Regel-Variation
»Wenn grün sich die Eiche vor der Esche kleidet, das Vieh im Sommer auf feuchten Wiesen weidet; doch schlüpft die Esche eher in ihr grünes Gewand, steht ein heißer und trockener Sommer ins Land.«
Im umgekehrten Fall entfalten sich die Blätter der Esche sehr rasch und eher als bei den Eichen, wenn es sich um ein nicht zu kühles Frühjahr
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