100 - Des Teufels Samurai
so sehr wie die Rache der Toten. Doch da schaltete sich Gensuke ein.
„Ich kann nicht glauben, daß es dir mit deiner Rache so ernst ist", sagte der weise Samurai. „Wärest du bereit, uns nach deinem Tod ein Zeichen zu geben, damit wir erkennen, daß dein Haß untilgbar ist?"
„Das werde ich tun!" antwortete der Verurteilte.
Gensuke löste seine Fesseln.
Hoichi zitterte leicht, als er vor dem Banditen mit dem Schwert Aufstellung nahm. Jetzt! dachte er. Er hielt den Griff des Tomokirimaru mit beiden Händen. Seltsamerweise durchflutete ihn in diesem Moment nicht die magische Kraft des Schwertes.
Er kündigte den Hieb mit einem unartikulierten Laut an, trat mit einem Bein zur Seite, stemmte sich gegen den Boden und ließ die Klinge durch die Luft schnellen. Hoichi wich entsetzt zurück, als der tödlich Getroffene sich auf ihn zu in Bewegung setzte. Er machte noch vier Schritte, bevor er leblos zusammenbrach.
Ein wüstes Stimmengewirr erhob sich. Doch Gensuke hob beschwichtigend die Arme und beruhigte die Gemüter, indem er sagte: „Wir haben den Geist des Toten nicht zu fürchten. Als ich ihn aufforderte, uns ein Zeichen seines Hasses zu geben, so tat ich es, um ihn von seinen Rachegedanken abzulenken. Als er starb, tat er es mit dem festen Vorsatz, noch einige Schritte zu machen. Diesen Vorsatz konnte er auch ausführen, doch das kostete ihn alle Kraft, die er für die Entladung seines Hasses gegen uns benötigt hätte. Niemand von uns hat von diesem Toten also etwas zu befürchten." Hoichi atmete erleichtert auf.
Nun war Tomotada an der Reihe.
Er trat vor seinen Mann hin.
„Versuche nicht, uns durch Drohungen einzuschüchtern!" sagte er zu ihm. „Du hast gesehen, daß dein Kamerad damit keinen Erfolg hatte. Ich werde dich auf jeden Fall töten."
Sprach's, machte blitzschnell einen Schritt zurück, während er das Schwert hob, und setzte seine Worte in die Tat um.
Tomotada ließ den Beifall triumphierend über sich ergehen.
Doch da rief Gensuke anklagend: „Er hat die beiden Schwerter vertauscht! Er hat Hoichis Tomokirimaru an sich genommen!"
„Nein!" rief Hoichi aus. Das konnte er nicht glauben. Doch wartete er vergebens darauf, daß sich Tomotada gegen die Anschuldigung zur Wehr setzte.
Bevor die überraschten Gäste etwas gegen ihn unternehmen konnten, sprang Tomotada auf eine Mauer. Da selbst die Wachtposten den Darbietungen als Zuschauer beigewohnt hatten, stellte sich ihm auch dort niemand entgegen.
Tomotada stand breitbeinig da, das gestohlene Schwert erhoben, damit es alle sehen konnten, und rief: „Ja, ich habe das Tomokirimaru an mich genommen, denn ich bin viel würdiger, es zu besitzen, als Hoichi. Soll er in seiner Stube bleiben und seine Verse schreiben, während ich den Ruhm des Tomokirimaru unsterblich machen werde! Noch in Hunderten von Jahren soll sein Name mit den größten Heldentaten der Geschichte genannt werden. Und so unvergessen wie dieses Schwert werde auch ich, Tomotada, sein."
Jetzt erst kam Bewegung in die Samurai. Doch noch bevor sie die Mauer erklimmen konnten, war Tomotada bereits verschwunden.
„Besetzt alle Ausgänge!" ordnete Gensuke an. „Der Dieb darf uns nicht entkommen. Wenn die Kunde von dem Diebstahl des Tomokirimaru nach außen dringt, ist der Name unseres Daimyo beschmutzt. Verhindert diese Schmach, fangt den Dieb!"
Die Samurai schwärmten in alle Richtungen aus. Hoichi hatte sich zu seinem Vater begeben, der mit wächsernem Gesicht auf seinem Hochsitz saß. Gensuke kam heran und warf sich unterwürfig vor ihm zu Boden.
„Mein Gebieter, ich habe versagt. Es ist meine Schuld, daß Tomotada die beiden Schwerter miteinander vertauschen konnte", sagte er und entledigte sich seines Schwertes. „Ich bitte Euch, mir die Gnade eines schnellen Todes zu gewähren."
„Bring das Tomokirimaru zurück, Gensuke, und wir vergessen den Vorfall", sagte Hatakeyama Yoshimune.
Gensuke erhob sich und folgte seinen Männern.
„Mein Vater, erlaubt, daß auch ich mich an der Jagd des gemeinen Diebes beteilige, der Euer Vertrauen und Eure, Liebe dermaßen mißbraucht hat", sagte Hoichi. „Denn es ist vor allem meine Schuld, daß es soweit kommen konnte. Ich selbst habe Tomotada das Familienschwert ausgehändigt."
Der Daimyo entließ Hoichi mit einer Handbewegung. Er war ein gebrochener Mann.
In diesem Augenblick taumelte ein Samurai in den Garten. Er berichtete mit stockender Stimme: „Tomotada hat das beste Streitroß entwendet und flieht auf ihm…"
Der
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