100 Prozent Anders
oder intensiven Diskussion näher mit mir beschäftigte. Rumknutschen auf Partys, um sich auszuprobieren. Das gehört alles zum Erwachsenwerden dazu.
Das Blöde in der Pubertät ist jedoch, dass die attraktiven Mädchen aus der Klasse immer nach älteren Jungs gucken und man folglich als Junge von viel zu jungen Mädchen angeschmachtet wird. Irgendwie hat es zwischen mir und meinen Schulkameradinnen nie richtig gepasst. Meine Eltern hatten einen Partykeller. Dort traf sich meine Clique oft an den Wochenenden. Ende der Siebzigerjahre war bei uns die heiße Phase der Flaschendreh-Partys. Das war herrlich. Man konnte so viel knutschen, wie man wollte, ohne ernste Absichten zu haben. Nach dem Motto: Was kann ich denn dafür, dass die Flasche schon wieder auf mich zeigt und ich dich küssen muss … Bei uns zuhause fanden viele Partys statt. Meine Eltern waren da ganz entspannt und großzügig, so wussten sie wenigstens, wo ich mich herumtrieb. Leider kam es öfter vor, dass meine kleine Schwester Tanja immer dann in den Partykeller gerannt kam, wenn ich gerade ein süßes Mädel im Arm hielt. Schnurstracks rannte sie zu meinen Eltern und schrie: „Iiiieh, der Bernd hat rumgeknutscht!“
***
Mit 17, 18 Jahren spielte ich hin und wieder in einem kleinen Bistro Klavier und sang dazu. Mein Repertoire erstreckte sich – natürlich – von Barry Manilow über Lionel Richie bis Billy Joel. Es machte mir Spaß, Balladen zu spielen und die Zuhörer in meinen Bann zu ziehen.
Bei einer Feier im Bistro setzte sich, zu später Stunde, Stefanie zu mir ans Klavier. Sie war etwas älter als ich und stand schon mitten im Berufsleben. Stefanie war auch etwas größer als ich. Okay, das war keine Seltenheit. Denn im Gegensatz zu meinem großen Selbstbewusstsein hat mir der liebe Gott bei 1,74 Metern Körpergröße einen Ziegelstein auf den Kopf gelegt.
Stefanie gefielen meine Musik und ich, und wir unterhielten uns bis in die Morgenstunden. Ihr damaliger Freund war an dem Abend auch unter den Bistro-Gästen, aber er schenkte uns keine Beachtung. Irgendwie komisch. Entweder lag die Beziehung der beiden längst auf Eis, oder er nahm mich 18jährigen Schnösel nicht ernst. Letzteres gefiel mir gar nicht, aber Rache ist süß!
Am nächsten Tag hatte ich ein Gefühl im Bauch, das ich bislang nicht kannte und das auch nicht zu beschreiben war. Aber genau dies macht die erste Liebe aus. Sie ist anders. Man kennt das Gefühl nicht, man kann es nicht deuten, man hat keine Erfahrung. Bei all den gleichen Momenten, die später im Leben noch kommen, weiß man: Man ist verliebt. Beim ersten Mal weiß man es noch nicht!
Ich traute mich gar nicht, an Liebe zu denken. Ich fühlte mich unsicher.
Haaaalllloooo! Was war denn nun los?? Ich und unsicher! Das gab es doch sonst nicht. Zum Glück erlöste Stefanie mich aus meiner Situation. Sie rief mich an.
Irgendwie verhalten sich verliebte Menschen am Telefon immer blödsinnig. „Ach, hallo, schön, dass du anrufst. Mmmmh. Nein, es war toll gestern Abend. Ja, ja, ich bin gut nach Hause gekommen. Oh ja, ich bin auch noch ganz müde. Neeeiiin, ich fand die auch ganz furchtbar. Ach, diese tolle Ballade, die ist von Lionel Richie. Ich finde das Lied auch ganz toll. Ja, ja, sehr romantisch.“ Blablablubb. „Wie? Ach nein, heute Abend hab ich noch nichts vor.“ – „Ja, klasse! Dann sehen wir uns um 8 bei Guiseppe.“ – „Ich freu mich!“ – „Ich mich auch.“ Aufgelegt.
Hey, du hast ein Date, schoss es mir durch den Kopf. Stefanie hatte die Initiative ergriffen. Ich liebe selbständige Frauen! So weit, so gut.
Aber ich hatte zu dem Zeitpunkt noch kein eigenes Auto. Und ich wehrte mich mit Händen und Füßen gegen einen Gebrauchtwagen, wie ihn mir mein Vater ständig schmackhaft machen wollte. Das passte nicht zu mir. Ich setze mich nicht in eine alte Schüssel, in der Dutzende von Menschen vor mir schon wer weiß welche Sachen angestellt haben. Und mein neues Auto war noch nicht geliefert. So fragte ich mal wieder meine Eltern, ob ich mir ihr Auto für den Abend leihen dürfte.
Meine Eltern waren darin mittlerweile total unkompliziert.
An dem Tag, als ich meinen Führerschein machte, wollte ich am selben Abend noch nach Koblenz fahren. Da hatte ich die Rechnung aber ohne meinen Vater gemacht. „Du hast zwar den Schein, aber ich entscheide, wann du mit meinem Auto fahren darfst“, war seine Antwort. Da gab es keine Diskussion.
Nachdem ich einige Male mit ihm zusammen gefahren war,
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