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100 Stunden Todesangst

100 Stunden Todesangst

Titel: 100 Stunden Todesangst Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stefan Wolf
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General im Ruhestand.
    Hartwig
ließ den Geldkoffer nicht aus der Hand, während er geduckt zum Haus schlich.
    Zwei
erleuchtete Fenster gossen ihr warmes Licht in die Schneenacht.
    Die
Vorhänge waren geöffnet.
    Er konnte
in einen anheimelnden Wohnraum sehen. Die Einrichtung war rustikal, aber nicht
bäuerlich.
    Zwei ältere
Frauen saßen am Teetisch. Die eine sah aus wie eine Bilderbuch-Oma: mit ihrem
Silberhaar und dem gutmütigen Gesicht hinter der Lesebrille.
    Die andere
war mehr ein städtischer Typ, modebewußt und von schwacher Gesundheit. In ihrem
Adel-Gesicht leuchteten die Augen. Die beiden unterhielten sich lebhaft.
    Hartwig
trat dicht ans Fenster, blieb aber im toten Winkel.
    Er musterte
jeden Gegenstand, den sein Blick erreichte.
    Gab es
irgendwo einen Hinweis, daß sich ein Mann im Hause befand?
    Nichts. Da
waren kein Aschenbecher, keine Schnapsflasche, keine Unordnung, keine
Sportzeitung, keine Manschettenknöpfe, kein angebissener Apfel, kein Buch mit
zerfleddertem Schutzumschlag, kein Möbelstück — das nur aus Gründen der
Zweckmäßigkeit an seinem Platz stand, kein Kau- oder Schnupftabak.
    Glück muß
man haben im Unglück, dachte er. Gleich die erste Adresse ist die richtige.
    Er lief
zurück.
    Sein
Komplice lehnte nicht mehr am Zaun, sondern war zu Boden gesackt, lag auf der
Seite und stöhnte.
    „Ich... kann
nicht mehr.“
    „Du
brauchst auch nicht mehr. Nur noch zehn Schritte, dann sind wir an unserem
vorläufigen Ziel.“
    Während er
ihn zur Haustür schleppte, erklärte er, wo sie sich befanden.
    Es gab
keine Klingel, aber einen Messingklopfer.
    Dröhnend
hallte das Klopfen durchs Haus.

13. Ein Hunderter
geht seltsame Wege
     
    Dr. Helga
Conradi, Toms Mutter, sah hinreißend aus.
    Sie trug
ein schwarzes Lederkostüm, dazu ein pinkfarbenes Seidentuch im Halsausschnitt
und hatte die langen Blondhaare mit Kämmchen hoch- und zurückgesteckt. Es sah
beinahe griechisch aus.
    Jedenfalls
machte ihr der Besitzer des RHODOS, Constantinos Pappadopoulos, heiße
Komplimente — bis es Gunter zuviel wurde und er ihn verscheuchte.
    „Herrlich,
Liebling, daß man jetzt endlich mal Ruhe hat.“ Gunter lächelte seine Liebste an
— über die brennende Kerze hinweg, die auf ihrem Tisch stand.
    Helga legte
ihre Hand auf seine und schwieg.
    Griechische
Musik erklang, erinnerte an blaues Meer und wolkenlosen Himmel. Griechischer
Wein schimmerte im Glas — und entwickelte Feuer im Magen.
    „Das ist
es, worauf ich mich die ganze Woche freue“, sagte Gunter: „der späte
Freitagabend. Mit dir. Hier.“
    Helga sah
an ihm vorbei. Ihre Blauaugen weiteten sich.
    „Oh!“
flüsterte sie.
    Gunter zog
die Schultern etwas hoch. Er saß mit dem Rücken zum Eingang.
    Eine
Luftbewegung, die von mindestens zwei Personen verursacht wurde, traf sein
Genick.
    „Sag
nichts, Helga! Laß mir noch für einen Moment die Illusion (Wunschvorstellung ),
daß wir ungestört sind.“
    Es wurde
ein kurzer Moment.
    Ein
freundlicher Hieb traf seine Schulter.
    Da er das
Weinglas abgesetzt hatte, passierte nichts.
    „Da sind
wir, Väterchen“, sagte Locke, „’n Abend, Helga!“ Sie umarmte ihre künftige
Stiefmutter. Immerhin sind die beiden ein Herz und eine Seele.
    Tom stand
grinsend dabei und schüttelte ein paar Schneeflocken aus seinem Wuschelkopf.
    „Es
schneit“, erklärte er. „Ich wette, Gunter, in deiner Zeitung steht, daß mit
Niederschlägen nicht mehr zu rechnen ist, morgen die Sonne strahlt und heute
nacht der Mond scheint. Wenn man sich als Rollerfahrer auf die Wettervorhersage
verläßt , ist man verratzt.“
    Gunter
trank rasch einen Schluck Wein. Dann: „Seid ihr hier, um mir das zu erklären.“
    „Nein. Das
war nur nebenbei bemerkt.“
    „Wir haben
auch keineswegs die Absicht, euch zu stören“, lächelte Locke. „Gegessen haben
wir ja schon. In Gernhausen.“
    „Ist mir
bekannt“, sagte Gunter. „Ich war dabei, als du Tom deine Bratwurst
aufgeschwatzt hast. Weshalb, also, verfolgt ihr uns bis hierher?“
    „Wir gehen
gleich wieder“, beschwichtigte Tom. „Kein Grund zur Aufregung, Eltern. Es ist
nur so…“
    „Laß mich
das sagen“, fuhr Locke dazwischen. „Also, Papilein: Da du ein wichtiger
Zeitungsmacher in dieser Stadt bist, aber die sensationellen Neuigkeiten immer
als letzter erfährst, hielten wir es für unsere Pflicht, dir die neuesten Infos
einzublasen.“
    „Ich will
gefüllte Weinblätter und gebackenen Tintenfisch, keine Infos.“
    „Trotzdem!“
meinte Tom. „Was wäre

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