1000 - Der Terraner
dem Organismus verwachsene Zellkulturen. „Gefalle ich dir?" fragte der Junge herausfordernd. „Schwer zu sagen", entgegnete Rhodan freundlich. „Ich kenne dich nicht und ich mache mir keine Gedanken über dich."
„Ich bin Miron", sagte der Junge. Er sprach ein akzentfreies Interkosmo, so daß man ihn jederzeit für einen Terraner halten konnte. Vielleicht war ihm daran sogar gelegen. „Ich bin Perry Rhodan", sagte Rhodan spontan.
Miron verzog das Gesicht. „Was für ein blöder Witz", sagte er abfällig. „Bestellst du mir ein Glas? Ich habe kein Konto in der hiesigen Zentrale."
Eine der beiden Frauen kam den Kontaktbalken entlang. Ihrem Gesichtsausdruck war deutlich zu entnehmen, daß sie sich mindestens für einen halben Realitätsentzug entschieden hatte und das offenbar für den Zeitraum des gesamten Abends. Obwohl Rhodan wußte, daß dieser Vorgang in den Treffpunkten dieses Stadtteils keine Seltenheit war, fühlte er sich merkwürdig berührt, fast schockiert. Von den Tischen klang Gelächter herüber; ein Robotunterhalter brachte eine Gruppe von Touristen, die alle das Marsemblem an den Brusttaschen ihrer Hemden kleben hatten, allmählich in Hochstimmung.
Alle Menschen in diesem Treffpunkt schienen auf irgend etwas Bestimmtes zu warten, dachte Rhodan verschwommen, sich aber immer noch der Tatsache bewußt, daß er seine eigene Haltung auf andere übertrug. Er nippte an seinem frisch gefüllten Glas und stellte fest, daß der Wein einen anderen Beigeschmack hatte; die aufmerksame Quelle hatte ihm den Alkoholgehalt entzogen, um dem Kunden nicht zu schaden.
Die Frau streckte einen Arm aus und stieß Rhodan mit dem Finger gegen die Brust. „Ich beobachte dich schon einige Zeit", gestand sie. „Wartest du auf jemanden?"
„Nein", erwiderte Rhodan wahrheitsgemäß. In Gedanken fügte er hinzu: Jedenfalls nicht hier!
Warum haben die Dinge aufgehört, sich zu bewegen? fragte er sich. Seit seiner Rückkehr mit der BASIS hatte sich nichts ereignet, was bedeutsam erschien. Die Orbiter waren zu Verbündeten der Menschen geworden. Sie würden altern und eines Tages alle tot sein.
Dann stand der Menschheit die große Flotte der Keilschiffe zur Verfügung.
Warum meldete ES sich nicht? Warum schwiegen die Kosmokraten? Was war mit der Prophezeiung von ES, daß er, Rhodan, bald überall sein könne?
Vor ein paar Tagen hatte Rhodan mit Jen Salik über diese Fragen, die ihn immer stärker beschäftigten, gesprochen. Dabei hatte er Salik gegenüber verschwiegen, daß eine bestimmte Furcht in ihm immer bestimmender wurde - die Furcht, von der Entwicklung ausgeschlossen worden zu sein, aus Gründen, die man ihm nicht einmal mitteilte.
Salik hatte ihn zur Geduld gemahnt, aber er hatte dabei ratlos gewirkt.
Was will ich eigentlich hier? fragte sich Rhodan. Vergessen oder Antworten finden? „Du irritierst mich", drang die Stimme der Frau in seine Gedanken. „Du bist weder ein Tourist noch ein Bürger dieser Stadt. Ich vermute, daß du ein Raumfahrer bist."
Miron kicherte. „Er denkt, daß er Perry Rhodan ist."
Die Augen der Frau weiteten sich. „Hast du heimlich dein Persönlichkeitsmuster ändern lassen?" wollte sie wissen.
Rhodan schluckte. „Ist das möglich?"
„Wenn du Geld hast, ist alles möglich", erwiderte sie.
Rhodan beschloß, nicht weiter darauf einzugehen. Unter der Oberfläche einer Gesellschaft, die einen mehr oder weniger intakten Eindruck machte, gab es offenbar Dinge, die nicht in das offizielle Bild paßten.
Am Eingang des Treffpunkts entstand ein Geräusch. Zwei Männer kamen herein, und obwohl sie sich wie Menschen bewegten, die nichts anderes als ihr Vergnügen im Sinn hatten, erkannte Rhodans geübter Blick, daß es sich um Roboter handelte. Vermutlich war er der einzige Mensch in diesem Raum, der die Ankömmlinge auf Anhieb identifizieren konnte.
Er seufzte. „Es hat den Anschein, daß ich nun gehen muß", sagte er zu Miron und der Frau.
Sie klammerte sich an seinen Arm und drängte mit ihrem Körper gegen ihn. „Aber warum denn?" protestierte sie. „Ich würde dich gern näher kennen lernen. Ich mag melancholische Männer. Sagst du mir, wie alt du bist?"
Warum, fragte sich Rhodan unbehaglich, werde ich immer wieder nach meinem Alter gefragt? Spüren andere Menschen, daß ich einer anderen Zeit entstamme, daß ich eine Art Fossil bin, das sich mit einem Zellaktivator in die Zukunft gerettet hat?
Die Roboter schlenderten heran und lehnten sich wie zufällig auf die andere
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