1.000 Euro für jeden
1955 durch Lotto Millionäre. Davon haben 14 Personen im Rahmen einer Forschungsarbeit in Sozialarbeit den beiden Studenten Christoph Lau und Ludwig Kramer Auskunft gegeben. Ihre Ergebnisse publizierten sie 2005 in dem Buch »Relativitätstheorie des Glücks«.
Ein Ergebnis dieser Arbeit, die angesichts der wenigen befragten Personen nicht repräsentativ ist, lautete: »Niemandem war der Reichtum anzumerken.« Fast alle waren höchst vernünftig mit dem Gewinn umgegangen, zahlten ihre Kredite ab und genossen den neuen Reichtum nicht durch erhöhten Konsum. Nur ganz wenige hatten die oft herbeigesehnte Kündigung nach dem Gewinn in die Tat umgesetzt: Lediglichzwei der acht Berufstätigen unter den Befragten kündigten tatsächlich.
Nur eine Frau und ein Mann verhielten sich mehr oder weniger den Klischeevorstellungen entsprechend: Die Frau kündigte ihren Job, kaufte sich teure Kleider und ein neues Auto und genoss das Leben in vollen Zügen. Das Geld hielt nur wenige Jahre. Danach stand sie nach eigener Aussage schlechter da als vorher. Der Mann prahlte mit seinem neuen Reichtum und konnte sich vor lauter bittstellenden Freunden und Verwandten nicht mehr retten. Am Ende musste er Haus und Geschäft verkaufen und avancierte zum bekanntesten Arbeitslosengeld-Empfänger seiner Stadt.
Aber die beiden bilden eben die Ausnahme. Statt das gewonnene Geld aus dem Fenster zu werfen, genießen die meisten deutschen Lottomillionäre vor allem das beruhigende Gefühl, ein dickes Polster auf dem Konto zu haben, und zahlen sich selbst ein monatliches Einkommen, das an ihre von ihnen selbst aufgestellten Bedingungen geknüpft ist. Sie wollen gar nicht, dass sich irgendetwas ändert, zumindest nichts Außergewöhnliches.
Einige Lotto-Gesellschaften wie die staatliche belgische Lotterie »Win for Life« zahlen Millionengewinnern die Summe nicht auf einen Schlag aus, sondern in Form eines lebenslangen monatlichen Betrags – im belgischen Fall tausend Euro (!). Ein bedingungsloses Grundeinkommen!
Das Glück der finanziellen
Unabhängigkeit
Diese Art von finanzieller Unabhängigkeit ist übrigens ein Glück, das weit mehr als 4200 Menschen in Deutschland zuteil wird, auch ohne dass sie Lotto spielen. Das Deutsche Institut für Wirtschaftsforschung (DIW) veröffentlichte im Januar 2010 erneut eine Studie über die Vermögensverteilung in Deutschland. Letztere fällt immer drastischer aus.
Nach den Forschungsergebnissen verfügen gegenwärtig rund zwei Drittel der Bevölkerung ab 17 Jahren über kein oder nur über ein sehr geringes Vermögen, während sich das Gesamtvermögen unserer Gesellschaft bei dem verbliebenen Drittel ballt. Männer verfügen über ein sehr viel größeres Vermögen als Frauen und Menschen deutscher Herkunft über fast doppelt so viel wie Menschen mit Migrationsgeschichte. Die Auswirkungen dieser Verteilung von Reichtum und Arbeit beobachten wir seit langem, auch ihre sich zuspitzende Tendenz.
Neu an der DIW-Studie ist, dass erstmals nicht nur die üblichen Vermögenswerte wie Immobilien- oder Aktienbesitz berücksichtigt wurden, sondern auch Renten- und Pensionsansprüche. Die wahren Gewinner sind demnach vor allem Beamte und langjährig stabil beschäftigte Arbeiter und Angestellte. Ihr durchschnittliches Vermögen beläuft sich laut DIW auf zwischen 160000 bis 200000 Euro bei Arbeitern und Angestellten, auf rund 400000 Euro bei Beamten. Zwar handelt es sich bei der Anwartschaft auf die Systeme der Alterssicherung um fiktive Vermögenswerte; niemand kann seine Rente oder Pension vorab beleihen oder sich gar vorzeitigauszahlen lassen. Aber man könnte ein sicheres, auskömmliches Gehalt bis zum Tod einem Lottogewinn auf Raten gleichsetzen. Und das Gehalt ist im Vergleich zum Erhalt der Gesamtsumme vermutlich die bekömmlichere Form: Glücklich ist nicht, wer im Lotto gewinnt, sondern wer ein lebenslanges Grundeinkommen bezieht.
Denn wie anders steht der Mensch in der Welt, wenn er weiß, dass er nie wieder Angst haben muss, ökonomisch nicht überleben zu können, weil er bis zu seinem Tod jeden Monat ausreichend Geld zur Verfügung hat, und zwar unabhängig davon, wie viel er noch arbeiten kann – oder eben nicht.
Es hat sich in den letzten Jahren viel verändert. Die Zahl der Selbständigen steigt, nicht immer ganz freiwillig, sondern weil es nicht mehr ausreichend viele Erwerbsarbeitsplätze gibt. Meist reicht das Geld, das diese brauchen, um sich mit nötigen Investitionen eine Existenz
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