1.000 Euro für jeden
Das Geld dafür bringt sie gemeinsam mit der Hertie-Stiftung und der Stadt Wuppertal auf. Begabte und engagierte Zuwandererkinder erhalten in Nordrhein-Westfalen ein monatliches Bildungsgeld von hundert Euro sowie eine PC-Ausstattung mit Internetanschluss und regelmäßiger Teilnahme an Bildungsseminaren und Stipendiatentreffen.
Ziel ist es, »die Stipendiaten in ihrer Persönlichkeitsentwicklung [zu] stärken, sie in ihrer schulischen und beruflichen Qualifikation [zu] unterstützen und ihnen Schlüsselqualifikationen für eine aktive Mitwirkung am gesellschaftlichen Leben in Deutschland [zu] vermitteln«. Die notwendige Voraussetzung dafür ist ein kleines verlässliches Grundeinkommen.
Jemand wie Jens Mittelsten Scheid, der optimale Startbedingungen und ein monatliches Grundeinkommen – bedingungslos – geerbt hat, gibt also einen Teil seines Vermögens in Form von Startkapital und monatlichem Grundeinkommen an andere weiter, fast bedingungslos – und im Vertrauen darauf, dass Menschen, denen etwas geschenkt wird, auch etwas weitergeben werden, von ihrer Zeit, ihren Erfahrungen, von ihren Ideen und ja, auch von ihrem Geld.
Genau darauf vertraut auch die Treuhand-Stiftung der GLS-Bank. Sie unterstützt Menschen mit plausiblen, sozialen,ökologischen und kulturellen Vorhaben für maximal drei Jahre mit einem halben Grundeinkommen – wenn wir die tausend Euro für jeden zugrunde legen. Hinter dem Leitgedanken »Stiften und Schenken. Gegenwart gestalten, Zukunft ermöglichen« steht die Auffassung eines ihrer Gründer, Wilhelm Ernst Barkhoff: »Die Angst vor einer Zukunft, die wir fürchten, können wir nur überwinden durch Bilder von einer Zukunft, die wir wollen.«
Die Erben-Generation
Erbschaften sind eine sich in Deutschland stark ausbreitende Art des Grundeinkommens. Jedes Jahr werden Vermögen in Höhe von 150 Milliarden Euro vererbt, an fast eine halbe Million Menschen, die sich fortan eines komfortablen lebenslangen Grundeinkommens sicher sein können.
Zum Beispiel der 42-jährige Architekt Peter L., der als ältester Sohn nicht nur den väterlichen Landwirtschaftsbetrieb erbte, sondern auch weitläufigen Immobilienbesitz im benachbarten Ort. Statt sein Vermögen selbst zu verwalten, hat er diese Arbeit an einen Angestellten delegiert und geht dem nach, wozu er sich berufen fühlt: Architektur. Mangels mutiger Investoren hat er seine ersten Referenzobjekte einfach selbst finanziert und die fertigen Immobilien anschließend gewinnbringend verkauft. Ob der Architekt ohne sein Startkapital jemals die Chance bekommen hätte, sein Talent unter Beweis zu stellen?
Die 24-jährige Natalie K. handelt ebenfalls aus der Sicherheiteines zu erwartenden beträchtlichen Vermögens heraus, das sie als einzige Tochter eines Bankmanagers eines Tages erben wird. Nach dem Abitur reiste sie ein Jahr mit dem Rucksack um die Welt. Sie legt Wert darauf, dass sie sich das Jahr mit Orangenpflücken in Israel oder Deutschunterricht in Argentinien selbst finanziert hat. Auch während ihres laufenden Literaturstudiums jobbt sie, ist sich jedoch darüber im Klaren, dass sie sich ohne die finanzielle Sicherheit im Rücken auf allen Ebenen ihres Lebens viel weniger zugetraut hätte. So kann sie Risiken eingehen und gründet mitten in der Wirtschaftskrise einen Verlag, weil es das ist, was sie wirklich, wirklich will, selbst wenn sie keinen Cent Profit macht und auch nicht machen muss.
Die taz-Reporterin Heike Haarhoff hat für ihren im Dezember 2006 erschienenen Artikel »Glückssache im Konjunktiv« drei weitere Grundeinkommensbezieher porträtiert:
Der erste ist Informatiker, 42, und als zukünftiger Alleinerbe ähnlich abgesichert wie Natalie K. Mit einer von ihm entwickelten Software verdient er aber so viel Geld, dass er auch ohne Erbe bereits nur maximal drei Monate arbeiten muss, um den Rest des Jahres davon leben zu können. Den überwiegenden Teil seiner Zeit nutzt er für sich, seinen Freundeskreis und seine Hobbys – »einen Wert, sagt er, der durch keinen Job aufzuwiegen« sei. Er will anonym bleiben, weil von seinem zukünftigen finanziellen Reichtum lieber niemand erfahren soll.
Der zweite, Dr. Peter M., 52, ist Mediensoziologe und leidet unter einer seltenen Netzhauterkrankung, die ihn nach und nach erblinden lässt. Seit drei Jahren bezieht er deshalb eine »Erwerbsminderungsrente«. Der Dresdener, der nach der Wende seine Arbeit am wissenschaftlichen Institut verlor undsich mit diversen
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