1.000 Euro für jeden
ehemalige Nürnberger Kulturdezernent Hermann Glaser formuliert hat, zu einem »Verschwinden der Arbeit« oder in den Worten von Jeremy Rifkin zu einem »Ende der Arbeit«. Das erfordert einen umfassend neuen Blick auf die Arbeit und die Verteilung von Wohlstand: Wenn mit immer weniger menschlicher Arbeit immer höhere Wertschöpfung erzielt wird, dann müssen wir sicherstellen, dass diejenigen, die zur Schaffung des Wertes nicht mehr notwendig sind, trotzdem von ihm profitieren können.
Wert ist und hat, was und wem wir Wert geben. Das Grundeinkommen ist die einfachste und zugleich radikalste Form, das Wertesystem unserer Gesellschaft neu zu bestimmen. Statt der Profitmaximierung und dem reibungslosen Funktionieren zu huldigen, würde die Entfaltung der Menschen in Freiheit eine neue Wertschätzung erfahren – zum Wohle der Gesamtgesellschaft.
Es gilt die Maxime: Der Mensch erfährt Wertschätzung, weil er Mensch ist. Er ist Mitmensch und damit Teil der Gesellschaft – das bedingungslose Grundeinkommen sichert seine und ihre Teilhabe, dem Manager ebenso wie dem High Potential, der Jobnomadin ebenso wie dem Sitzenbleiber. Waren, Produkte und Leistungen sind verhandelbar. Der Mensch ist Wert an sich.
8. Kapitel:
Kreative Arbeit – die Arbeit
der Zukunft
Neue Wege – Kultur an der Ruhr
400 Kilometer ist die Strecke lang, ein Parcours von Attraktionen durch einen Teil Deutschlands, der sich von einer typischen Region der untergehenden Schwerindustrie auf den Weg gemacht hat, nach seiner postindustriellen Identität zu suchen. Die Rede ist vom Ruhrgebiet und der »Route der Industriekultur«. Freigelegt wurde sie 1998/99 durch die Internationale Bauausstellung (IBA) Emscher Park, die Industriearchitektur, Natur und Kultur mit Stadtlandschaften zusammenbrachte. Die eindrucksvolle Kulisse besteht aus Hochöfen, Gasometern und Fördertürmen, die als stumme Zeitzeugen industrieller Boomjahre eine neue Qualität von Tourismus eingeleitet und den Nordrhein-Westfalen selbst die Schönheit ihrer unmittelbaren Umgebung vor Augen geführt haben.
Vor allem aber hat IBA-Direktor Karl Ganser den Boden für einen neuen Blick auf Wirtschaft bereitet, dem es nicht um Ökonomie oder Ökologie, um Arbeit oder Ästhetik geht, sondern um alles zusammen. Es zog ein anderes Denken und Sehen in diese Region ein. Die Notwendigkeit, sich ökonomisch neu zu erfinden, war unübersehbar, obwohl die SPD gegen dasProjekt polemisierte: »ein Park, in dem Arbeitslose spazieren gehen können«.
Ehemalige Kohlereviere scheinen geradezu prädestiniert dafür zu sein, sich kulturell neu zu erfinden, was auch die Transformation der beiden englischen Städte Newcastle und Gateshead belegt, die durch den Niedergang ihrer Schiffs- und Bergbauindustrie Ende des Jahrtausends mit einer Arbeitslosigkeit von 55 Prozent geschlagen waren. 2002 erklärte das amerikanische Newsweek- Magazin die Doppelstadt Newcastle-Gateshead zu einer der acht kreativsten Städte der Welt. Die Kultur habe »das physische Gesicht der Stadt verändert«, wird der Bürgermeister von Newcastle zitiert. Sie sei »Wegbereiter für eine neue Unternehmerkultur von Kleinunternehmen, Selbständigen, Dienstleistern«.
Im Ruhrgebiet dauerte es etwas länger, aber die Metropolregion hat sich in Nachfolge der IBA mächtig ins Zeug gelegt und eine Rundumerneuerung durch ökologische Wirtschaft, Kultur- und Wissenschaftsförderung vorgenommen. Im Jahr 2005 waren in der Kulturwirtschaft Nordrhein-Westfalens rund 203000 Personen beschäftigt, etwa doppelt so viele wie in der chemischen Industrie.
2004 bewarben sich die 53 Städte an der Ruhr gemeinsam um den Titel der Europäischen Kulturhauptstadt 2010 und machten als Städteverbund das Rennen, weil die Region beispielhaft für den notwendigen Wandel der Arbeit hin zu Kunst und Wissenschaft im postindustriellen Europa steht.
Innovation statt Subvention
Im Vergleich zu allen anderen Wirtschaftszweigen ist die Kulturwirtschaft deutschlandweit im Aufschwung. Dabei wird sie überproportional stark von Kleinstbetrieben getragen, deren Mitarbeiter sich häufig am Rande des Existenzminimums bewegen.
Die Zeiten, als große Arbeitgeber mit sicheren Arbeitsplätzen noch die Regel waren, sind in der Phase des deutschen Wirtschaftswunders zu verorten. Im Bergbau waren damals fast eine halbe Million Menschen beschäftigt. Aber schon seit den 1960er Jahren hatten die Regierungen, Kohlekrise um Kohlekrise, gegen den Niedergang der glühenden
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