1.000 Euro für jeden
ist
keine Form von Gehalt vorgesehen. Ist das gerecht?
Das
bedingungslose Grundeinkommen hingegen würde diese Ungerechtigkeiten, die noch
teilweise plausibel daherkommen, weil wir das ihnen zugrunde liegende Denken
gewöhnt sind, im Grundsatz verändern.
Das
bedingungslose Grundeinkommen ermöglicht materielle und politische Teilhabe
aller. Denn wenn jeder Mensch – unabhängig von seinen Tätigkeiten, egal ob
kreativ-schöpferisch oder gesellschaftlich-politisch – tausend Euro im
Monat bekäme und davon nicht nur existieren, sondern auch am gesellschaftlichen
Leben teilhaben könnte, dann hätten wir die Chance, die traditionellen
Vermögensverteilungen neu auszuverhandeln. Dann gäbe es auch die Chance, zu
erledigende Arbeit zu tun, unabhängig von ihrer Bezahlung.
Selbständig – mit
allen
Konsequenzen
Es muss
davon ausgegangen werden, dass künftig immer mehr Menschen Übergangsphasen
ihres beruflichen Lebens durch Unterstützung vom Jobcenter finanzieren müssen,
weil zunehmend temporäre Arbeitsverhältnisse die lebenslange Arbeit ersetzen.
Im Wissenschafts- und Kulturbetrieb, in den Medien, also Verlagswesen, Presse,
Rundfunk und Fernsehen, wird dies seit Jahren praktiziert. Eine Studie der
Sozialwissenschaftler Carroll Haak und Günther Schmid am Wissenschaftszentrum
Berlin (WZB) zum deutschen Arbeitsmarkt kommt zu dem Schluss, dass alle
Arbeitsplätze in Zukunft zunehmend »künstlerisch geprägt« sein werden, und zwar
»selbstbestimmter, kompetitiv, wechselhaft in Art und Umfang des
Beschäftigungsverhältnisses, in stärkerem Maße projekt- und teamorientiert,
zunehmend in Netzwerke und weniger in Betriebe integriert, mit vielfältigen und
wechselnden Arbeitsaufgaben, schwankender Entlohnung oder Vergütung und
kombiniert mit anderen Einkommensquellen oder unbezahlter Eigenarbeit«.
Zahlen
des Instituts für Freie Berufe in Nürnberg bestätigen diesen Trend: In
Deutschland gibt es derzeit über eine Million Selbständige mit seit Jahren
wachsender Tendenz. Sie erwirtschaften inzwischen mehr als zehn Prozent des
Bruttoinlandsprodukts. In den klassisch selbständigen Berufen, wie den
Anwaltskanzleien oder Architekturbüros, stagniert die Entwicklung bzw. werden
die Leute auch nur noch projektbezogen eingestellt. Die Zahl der sogenannten
Solo-Selbständigen, die ihr Unternehmen ohne Angestellte betreiben, hat sich
seit 1991 auf rund 2,3 Millionen verdoppelt, und sie wird immer größer. Immer
häufiger arbeiten sie einfach von zu Hause aus, um nicht auch noch teure
Gewerberäume anmieten zu müssen. Auch in der Verwaltung versuchen sich viele
Fachleute, die im Zuge der Wirtschaftskrise ihren Job verloren haben, nun als
Berater oder Controller. Die Existenzgründungen folgen nicht immer dem inneren
Antrieb, selbständig Entwicklungen gestalten zu wollen oder nicht mehr fremden
Vorgaben unterstellt zu sein. Oft sind es Entscheidungen aus purer Not. Bevor
die Menschen sich arbeitslos melden, machen sie sich selbständig.
Doch
besonders in den Kulturberufen kann sich ein Großteil der Selbständigen durch
ihre eigene Arbeit nicht ernähren. Am prekärsten ist die Situation der
Selbständigen in Kulturberufen, die von der Künstlersozialversicherung nicht
anerkannt werden, weil sie nicht als künstlerisch tätig aufgefasst werden. Das
gilt zum Beispiel für alle KuratorInnen, in allen Sparten der Kunst.
Vermittlung, also konkrete Arbeit mit den KünstlerInnen, Präsentation, wird
nicht als schöpferisch gewertet. Anders als das Schreiben allgemein, auch über
Kunst.
Die
früher festangestellte Pressesprecherin Annette K. etwa hatte nach ihrem
Studium bei drei verschiedenen Arbeitgebern jeweils für zwei Jahre befristete
Anstellungen, zuletzt als Halbtagskraft an einem öffentlich geförderten
Forschungsprojekt, das keine Fortsetzung gewilligt bekam. Deshalb wurde ihr
Vertrag nicht verlängert, und Annette beschloss, ihre Fähigkeiten als Selbständige
anzubieten. Das erste Jahr bekam sie Existenzgründungsförderung durch die
Arbeitsagentur, was ihr den Start erleichterte, danach jedoch musste sie auf
eigenen Beinen stehen, was ihr nur schwer gelang. Sie bewegte sich zusammen mit
vielen Schicksalsgenossinnen in einem hart umkämpften Markt: Als Auftraggeber
fungierten fast ausschließlich ihre früheren Chefs. Obwohl sie Texte verfasste,
verlangten ihre Kunden, dass sie ihre Dienstleistung auf den Rechnungen als
»Beratung« betitelte, da sie nur Fördergelder für Beratung beziehen
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